Kairos (German Edition)
Ränkeschmiede auch lästig: wieder die Hatz um das Hissen der Flagge, darum, Erster zu sein. Aber Deimos sollte nicht Ziel eines Wettlaufes sein.
Eiko und Alain lächelten einander über hundertfünfzig Kilometer in stiller Einigung zu, und endlich formten Alains Lippen ein ›Schön, dich zu sehen‹.
Sie neigte angedeutet den Kopf. ›Hallo, Alain-san.‹
Sie war aufrichtig erfreut, ihn zu sehen, dessen war er sicher, und das wiederum freute ihn.
Hallo, Eiko Sakaguchi.
Julie Monterreys laute Stimme holte beide zurück. „Es geht um die Überbringung unserer Grüße und darum, zuzuhören“, sagte die Beraterin jetzt. „Das kann jeder, machen wir darum nicht so ein Aufhebens.“
Alain, in diesem Moment und selbst davon überrascht, fragte sich, ob er – sie alle – überhaupt reif genug waren, mit einer außerirdischen Gesellschaft in Kontakt zu treten, Geschöpfen, die immerhin den Interstellarflug vollbracht hatten und in Folge dessen zu mehr Dingen in der Lage waren, als jeder Mensch auf Erden. Da hörte Alain wie aus weiter Ferne Cromers Worte, allesZaudern wäre falsch; er dachte an das, was er selbst einst gesagt hatte.
Jetzt ist nicht die Zeit für politische Winkelzüge.
Da überkam ihn Unmut, angefacht von Rastlosigkeit, und er rief: „Richtig! Also was soll’s? Außerirdische Besucher erwarten uns, und wir sitzen hier und streiten. Tun wir endlich etwas.“
Er rechnete fest mit Tadel, aber nichts geschah. Berg stimmte mit ihm sogar überein, endlich einen Entschluß zu fassen. Er wollte, daß die Deimos-Reise Gestalt annahm und schlug spontan Rufus Bals als Teamleiter vor. Als Außenkommissar, erklärte Berg, wäre er der höchste Diplomat der Union, ihr oberster Repräsentant. Wenn jemand imstande wäre, den Fremden souverän zu begegnen, dann er.
„Unter den gegebenen Umständen halte ich es für am besten, wenn Rufus das Kommando über diese Mission übernimmt“, sagte Berg. „Rufus?“
Bals hatte zumindest nichts dagegen zu fliegen. Doch er spürte Monterreys abschätzenden Blick auf sich ruhen und sah auf. „Ja, Julie?“
Sie schien verlegen. „Nichts, Rufus ... Ich habe mich nur gerade gefragt, ob Ihr ... Sie wissen, schon: ob Ihr Herz all dem auch gewachsen sein wird.“
Ehrlich wie immer
, dachte er und sagte: „Es mag bionischer Natur sein, aber es ist das Herz eines Zwanzigjährigen.“
„Das weiß ich ja. Dennoch...“
„Genug jetzt“, unterbrach sie Berg. „Rufus wird sich einer eingehenden Untersuchung unterziehen. Wie alle, die dabei sind.“ Ein Blick in die Runde. „Womit wir beim nächsten Punkt sind.“
„Ja“, sagte Blaskowitz. „Wer wird ihn begleiteten?“
„Fügen wir uns der Situation“, sagte Berg rundheraus.
„Einen Augenblick mal“, hob Saintluca hellhörig an, da sie kein Wort verstand. „Verstehe ich Sie richtig? Sie wollen wirklich Zivilisten heraufschicken?“
„Wenn das der gebotene Weg ist, dann ja.“
Bals sagte: „Das heißt dann, machen wir es uns nicht unnötig schwer und…”
„Lassen die Situation entscheiden, genau.“ Berg richtete sich auf.
Ebenso wie Saintluca verstanden Alain und Eiko überhaupt nichts.
Berg erklärte: „Diese ... Situation ... hat uns zusammengeführt. Der Zufall. Das Schicksal.“
„Die Logik des Lebens.“
„Was immer, Rufus. Diese Gruppe, dieser Ort. Die Zeit drängt: wer qualifiziert ist und gehen will, sollte es auch tun. Rufus will.“ Er musterte Alain und Eiko geduldig. „Eine Archäologin und ein Astrophysiker ... Hm ... Könnten Sie sich vorstellen zu gehen?“
Alle rissen die Augen auf. Alain ruckte hoch und brachte zunächst kein Wort hervor. Damit hatte er nicht gerechnet!
Eiko sprach zuerst, und zu Alains Überraschung klang sie auf einmal nicht mehr schüchtern. „Niemand weiß, wie die Fremden mit uns kommunizieren, Herr Präsident. Aber die Botschaft ist in Latein verfaßt. Ich beherrsche Latein. Zudem kenne ich die Hintergründe ihrer Besuche, deren Muster und mögliche Motive...“
Julie Monterrey grinste. „Sie sollte wirklich gehen, Aron.“
Bals wandte sich an Alain. „Was ist mit Ihnen?“
„
À tout prix.
Nie würde ich es mir verzeihen, wenn ich es nicht wagen würde.“
„Aber man wird sie doch vorab von den Flugärzten durchchecken lassen“, sagte Sharon Saintluca.
„Das sagte ich bereits“, antwortete Berg.
Sie wölbte die Brauen, ihre Lippen kräuselten sich zu einem blasierten Lächeln. „Großartig.“
„Ich bin dafür“, sagte
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