Kairos (German Edition)
offenbar er erwählt.
„Verstehen Sie auch wirklich, was ich sage?“, fragte Cromer verschmitzt.
Alain nickte, denn er wußte jetzt genau, daß er es tat. Was immer hier vorging, fand er, würde jedenfalls sehr spannend werden. Was nicht automatisch gut war. Aber berauschend.
Cromer lächelte.
Viel später, in Brüssel, im Kabinettsraum der Villa, grinste Alain wieder, aber still und verwirrt, ob der sonderbaren Wege seines Schicksals.
„Doktor Eiko Sakaguchi, vom Londoner Altertumsmuseum“, hatte Berg die scheu von einem Wandschirm lächelnde Frau vorgestellt. „Eine graduierte Archäologin, aber, wenn ich richtig verstanden habe, eine...“
„Interdisziplinär operierende Alternativwissenschaftlerin“, warf Monterrey kurz schmunzelnd ein.
„Ja richtig“, sagte Berg. „Was immer das auch heißen mag.“
„Miss Sakaguchis Referenzen sind ausgezeichnet. Ich bin sicher, sie wird uns hier weiterhelfen“, erklärte Monterrey rasch. „Ichstieß auf ihre Texte im
Panspermia Journal
. Erstklassiges Magazin.“
Und benannt nach der Ansicht, wonach das Universum von Leben erfüllt ist
, dachte Alain.
Wie wahr.
Eikos erst einmal ansichtig geworden, hatte er nur noch starren können. Um ein Haar wäre er aufgesprungen, um sie, als er ihr Konterfei auf dem Schirm als ihres identifizierte, überschwenglich zu begrüßen, doch hatte sich gerade noch beherrscht. Er war hin- und hergerissen zwischen der Freude über ihr Auftauchen und der Ungeduld, sich mit ihr nach diesem Treffen stundenlang austauschen zu können.
Aron Berg hatte das Wort. „Wir sind wiedergekehrt und erwarten euch.“ Er sah jeden nacheinander an. „Als Erstes: Warum ist diese Botschaft ausgerechnet auf Latein?“
Julie Monterrey sagte: „Das ist doch einfach. Bestimmt sehen die Fremden uns schon lange Zeit zu und wissen von den vielen Nationalitäten und Religionen auf der Erde. Also auch von den vielen Jahrtausende alten Konflikten. Man wählte einfach eine tote Sprache, eine, die überall in den Bildungszentren der Welt gelehrt und gesprochen wird, damit keine Gruppe bevorzugt wird.“ Sie wandte sich allen zu. „Nicht auszudenken, was los wäre, lautete diese Botschaft etwa in Hebräisch oder Arabisch.“
„Oder Englisch“, sagte Roman Czajkwoski.
„Seien wir froh, daß die Botschaft in Latein ist und zerbrechen uns nicht weiter den Kopf.“
„Ja, Julie.“
„Hm...“, machte Berg. „Dieses ›Lange-zusehen‹ und das ›Wirsind-wiedergekehrt‹ in der Botschaft läßt doch viel Raum für Spekulationen. Bitte, Ihre Kommentare, Interpretationen – vielleicht Urteile? Ich bin für alles offen, ganz egal.“
Alain sagte: „Sie kennen die Erde von vielen Besuchen.“
„Sagt wer, Professor?“, fragte Sharon Saintluca.
Alain fand, ihre ganze Haltung verhieß Aufsässigkeit – als wollte sie ihn herausfordern. „Die Geschichte des Altertums, des Mittelalters und der Moderne sagt das“, antwortete er und spürte ein Schweißrinnsal von seinen Achselhöhlen hinablaufen.
Spreche ich gerade wirklich zur Verteidigungskommissarin?
Er bemerkte Saintlucas eisigen Blick und befürchtete schon, zu weit gegangen zu sein.
Sie blinzelte. „Pardon, hieß es nicht, Sie wären Physiker?“
„Astronom.“
Närrin.
Er blickte langsam auf. „Aber, sagen wir, ich hege gewisse Hobbys.“
„Ihre Hobbys interessieren mich herzlich wenig.“
„Es ist nur, da ich mich privat mit diesen Dingen beschäftigte.“
„Ah“, sagte sie daraufhin gezwungen beiläufig.
„Die Fremden“, sagte Monterrey zu Alain, „sehen sich vielleicht als Art Wächter oder Aufseher. Das würde ihr Auftauchen, ihr ... ständiges Wiederkehren erklären.“
„Aufpasser…“, sagte Blaskowitz. „Sie meinen, wie kosmische Kontrolleure?“
Alain war nicht sicher, ob dieser stämmige Mann gerade einen Witz gemacht hatte, doch ehe Monterrey etwas antworten konnte, wandte sich Berg an Alain. „Sie sagen, die Fremden haben die Erde schon früher besucht.“
Alain tat Eiko leid. Sie nahm an dem Gespräch überhaupt nicht teil. „Diese Frage sollten Sie besser Doktor Sakaguchi stellen“, sagte er und schenkte Eiko ein dünnes Lächeln. „Sie weiß weit mehr darüber zu sagen als ich.“
„Ah, natürlich.“ Bergs erwartungsvoller Blick wanderte weiter zu Eiko. „Nun, Doktor?“
Eine Sekunde Stille, in der, befand Alain, Eiko sich sammelte. „Es gibt“, sagte sie dann, „unzählige Hinweise für solche Besuche und...“
Saintluca schnaubte: „Etwa
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