Kairos (German Edition)
an außerirdisches Leben?“
„Was für eine Frage. Natürlich.“
„Darum sind Sie Astronom geworden.“
„Nein.“
„Sondern?“
„Um sich hier unten zurechtzufinden, braucht es einen kosmischen Anhaltspunkt. Triangulation. Sonne, Mond, Sterne. Ohne Blick hinauf wüßte niemand, wo er auf Erden ist. Außerdem ist wichtig, die Mysterien des gesamten kosmischen Spektrums zu betrachten.“ Das hatte gesessen. Sie schwieg. „Wie heißen Sie?“, hatte er gefragt.
„Emma Loubet.“
„Emma, ehrlich, ich bin ganz wahnsinnig auf E.T.“
Sie lachte kokett. „Das wette ich.“
Er hatte zurückgelacht. Sie verabredeten sich. Er mixte ein paar phantastische Wodka-Martinis, öffnete eine Flasche Cidre, und am Ende waren sie miteinander im Bett gelandet.
Doch etwas anderes war Alains Clou in Arecibo, Puerto Rico, gewesen: Nur ein Mal hatte er es fertiggebracht, all diesen Signalen, die aufzufangen, auszuwerten und zu archivieren ihm oblag, eine Konfiguration zu entnehmen. Er, das Greenhorn aus Marseille, hatte die Störeinflüsse der Sonne minimiert, die Zielregion bestimmt und die Kalibrierung gewählt, indem er mit einer willkürlichen Radioquelle das System normte – und danach den Quadranten abgehört. Das Signal, was ebenso eine Interferenz, eine Streuung oder ein Quasar sein könnte, kam sehr schwach, alsostellte er alles Unnütze ab: Lichtquellen, Computermonitore, die Lüftung, sogar die Kaffeemaschine. Und es hatte geklappt. Dann war das Signal abrupt verstummt. Für ihn und viele seiner Kollegen war es ein Gipfel der Radioastronomie, Alains Sternstunde. Seine Vorgesetzten dachten anders: ›Diese Dinge, Doktor‹, hieß es, ›sind die Beweise eines Phänomens, aber kein Beweis für die Existenz Außerirdischer.‹
Leo Cromer war anderer Meinung und von Alains Akribie und Eifer beeindruckt gewesen. Für ihn war der junge Franzose ein großes Talent. Schon im nächsten Jahr, auf einer Chorologenparty unterm florentinischen Sternenhimmel, sprach er Alain an und warb ihn ab.
Jetzt war aus diesem verrauschten Signal, diesem bloßen ›Beweis für ein Phänomen‹, Deimos geworden – Galdea.
Alain richtete seinen Blick auf Berg, dem man die Beklommenheit ansah. Der Präsident hatte mit allem gerechnet, nicht aber mit einem aufgewühlten Rufus Bals, der an dem wie paralysiert dastehenden Einlaßdienst vorbei, die Vorzimmerdame ignorierend, durch das Foyer in sein Büro schritt, die Deimos-Delegation im Schlepptau, einen würfelartigen Gegenstand hervorholte und verkündete, dies wäre ein Projektionskubus und er, Berg, müßte unbedingt alles erfahren.
Berg sah das genauso. Er wollte wissen, was auf Deimos passiert wäre. Bals erzählte es ihm. Berg konnte es nicht glauben. Nonverbale Kommunikation? Som? Galdea? Welches Unheil? Seine letzte Frage lautete: „Wieso ist sie nicht mitgekommen? Warum ist sie auf Deimos geblieben? Wozu das Ganze?“
Bals und Alain glaubten, wegen des Aufhebens. Galdea wollte wohl verborgen wirken – schwer vorstellbar bei einem über der Erde schwebenden Marsmond, aber immer noch weniger aufsehenerregend, als eine zwei Meter große Außerirdische, die mit einem UFO vor Villa landete, um den Präsidenten zu sprechen.
Zugegeben, wie Galdea es dann handhabte, mit Berg und den anderen zu sprechen, war nicht minder spektakulär, aber heimlicher.
Sie sandte ihren Geist. Sie kommunierte mittels etwas, das sie ›Inneres Sprechen‹ nannte, eine mentale, außersinnliche Aktivität. Doria nannte es Geistersprache, Alain Telepathie. Daran gewöhnen würde sich niemand von ihnen.
Apropos Doria Patrick: Sie stand in einer wattierten Pilotenjacke gegen eine Wand gelehnt, die Arme vor der Brust gekreuzt. Siewar in den Raum geschlendert gekommen, als wäre sie hier zu Hause, hatte sich eine dünne Zigarre angezündet und betrachtete den schwebenden Kubus skeptisch.
Alain legte die Fingerkuppen zusammen und maß Eiko flüchtig, die Galdea wie Julie Monterrey, die auf einem Sofa saß, fasziniert lauschte. Dann sah Alain zu Bals, der nüchtern und routiniert wirkte, und weiter zu Berg, der Galdea gebannt zuhörte. Doria stand noch immer. Ihre aufgewühlte Art machte Alain nervös.
Galdeas Gedankenpräsenz war unglaublich intensiv. Daß sie nur in ihren Köpfen sein sollte, konnte niemand glauben. Es war, als wäre sie anwesend. Sie saß mit überkreuzten Beinen auf einem der Sessel vor Bergs Schreibtisch, ihre Hände auf den Lehnen, das Kinn gereckt. Sonnenkringel lagen auf Teilen
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