Kairos (German Edition)
traurig trifft es nicht.“ Sie berührte seinen Unterarm. „Ich weiß es wirklich nicht. Aber es ist Okay.“ Sie wollte lächeln. Ihre Unterlippe zuckte. „Lyon...“ Eine kurze Pause. „Das ist toll. Ich freue mich für dich.“
„Wir haben uns geirrt“, sagte Corey darauf. „Siehst du das nicht? Wir haben uns geirrt.“
Er stand auf, trat zum Balkon hinaus. Er zog die Schiebetür hinter sich zu, hockte sich hin und rauchte eine Zigarette. Vom Firth of Forth kam eine frische Brise. Blick nach oben: die Skyline. Dahinter Trassen der Magnetschwebebahn. Den Blick weiter nach oben. Das Licht der Stadt schluckte das der Sterne.
Corey wußte, er würde hier zum letzten Mal sitzen. Er dachte nach – nein: er konzentrierte sich. Darauf, wie er und Nazma sich zum ersten Mal begegnet waren – zwei Jahre zuvor, in einem der letzten Lichtspielhäuser. Den Namen des Films wußte er nicht mehr. Er war mit Dean Whale dort gewesen. Sie saßen gleich hinter Nazma, die alleine war.
Corey nahm einen tiefen Zug, blies aus und sah dem Qualm nach.
Rebirth
hieß der Film, erinnerte sich Nazma auf der anderen Seite der Fensterfront. Corey und sein Kumpel, Dean Soundso, saßen quasselnd hinter ihr. Sie hatte den Platz wechseln wollen, es aber verworfen. Der Film war grandios. Mit Tiefgang. Die zwei Typen hinter ihr hatten das anders gesehen und über den Celtic FC geredet. Nazma Chaudhry, außer sich, war herumgewirbelt, um ihnen zu sagen, was sie von so was hielt. „Schluckt das, ihr Chauvisäcke!“, hatte sie geendet.
Okay, Nazma war ungehalten gewesen. Corey hingegen nur verdutzt, aber, seinem Naturell gemäß, ruhig geblieben. Für den Restdieses dämlichen Filmes hatte sein Blick auf ihrem Hinterkopf geruht.
Nur Idioten mißachten Äußerlichkeiten
– Oscar Wilde –, hatte Nazma, im Kinosessel versunken, sich gesagt. Und dieser Arsch sah gut aus. Oft hatte sie die Begegnung mit einem smarten Fremden in Gedanken durchgespielt; jetzt, in Wirklichkeit, brachte sie nur Wut hervor. Als der Abspann lief, erwog sie, dem Typ eventuell ein Glas Wein zu spendieren und sich vielleicht bei ihm zu entschuldigen.
Corey und Dean konnten das Ende des Films kaum abwarten. Als es kam, standen sie erleichtert auf.
Nazma stand auch auf und drehte sich um. „Meine Entschuldigung, okay?“
Da hatte es, glaubte Corey, irgendwie, begonnen. Nazma. Ihr Geruch. Ihr Blick. Ihre Haltung.
Ihr Temperament.
Corey schnippte den Glimmstengel über die Brüstung und ging hinein. Plötzlich wußte er, was er wollte, und haßte sich dafür.
Nazma, im Kleid, ohne Strümpfe und Schuhe, hockte da. Sie kam auf die Beine, als Corey eintrat. Sie zitterte leicht und wich vor ihm zurück. Sie sieht umwerfend aus, dachte er. Nazma verstand. Sie bog den Rücken durch, winkelte die Arme an, um ihr Kleid zu öffnen. In einer Bewegung zog sie es aus. Sie schüttelte ihr Haar. Ein scheues Lächeln; Corey war geschlagen und deshalb wütend auf sich selbst.
Hör schon auf
, dachte er, und:
mach bitte weiter.
Wieder zurückgebogene Arme, als sie den Verschluß ihres Büstenhalters öffnete. Sie neigte sich vor, stieg aus dem Slip. Es war nur ein Augenblick in einer Reihe von Augenblicken, aber er war jede Konsequenz wert.
Nazma ließ sich auf das Bett sinken, wischte ein paar Buchumschläge beiseite. Corey wußte, daß es falsch war – dumm – und legte sich dennoch neben sie.
Später fragte er: „Was denkst du jetzt gerade?“
Sie lagen im Bett, gestützt von Kissen. Nazmas Kopf ruhte an seiner Schulter. Sie sagte: „Ich frage mich, was die Regierung weiß.“
Deimos. Natürlich.
„Du meinst, sie hält etwas zurück.
„Ist das nicht üblich?“
Achselzuckend schlüpfte Corey unter der Decke hervor, nahm seine Jeans vom Boden und durchsuchte die Taschen.
Sie sagte: „Ich glaube, die wissen was, aber sagen nichts.“
„Und was?“
„Ich habe keinen blassen Schimmer. Aber irgend etwas ist da oben passiert.“
„Wir werden’s erfahren. Corey fand, was er suchte, und legte sich wieder neben sie.
Zwischen Nazmas Augenbrauen trat eine Falte, als sie sah, was Corey in der Hand hielt.
Schnell sagte er: „Nur eine Winzigkeit. Hier.“
Sie roch den seetangartigen Geruch von Marihuana und verzog das Gesicht. „Puuh.“
Er grinste. „Von Jonsey.“
Jonsey war der Besitzer eines Ladens für seltene Bücher in Grange.
„Gras ist also alles, wofür du einen Buchladen betrittst.“
„Möglich“, brummte er und drehte einen Joint. Es war ruhig
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