Kairos (German Edition)
Gebrüll der Nachbrenner ohrenbetäubend.
Die Acht standen währenddessen hinter einem Zyklonzaun, die Finger in den Draht gekrallt.
Irgend etwas – vielleicht eine Bewegung, ein Laut oder sechster Sinn – ließ Corey zur Seite blicken. Ein Konvoi geschlossener, olivgrüner Jeeps und kalkblauer Mercedestransporter mit
AstroCom
-Logo befuhr soeben eine Servicestraße. Weiße Scheinwerfer stachen wie Lichtstäbe in den aufgewirbelten Staub.
Regierungskarossen?
, dachte Corey.
Hier?
Er sah ihnen nach, sie hinter einem Schlagbaum abbiegen und einen abseitigen Hangar ansteuern. Er wollte Details ausmachen. Auf den geschlossenen, von Männern der Militärpolizei bewachten Toren stand in Schablonenschrift BAU 13. Das Gebäude umspannte ein meterhoher Zaun, dessen Keramikankerungen auf Hochspannung wiesen. Corey überlegte. Lagerte dort der funktionstüchtige Prototyp eines Kampfjets? Er wußte, daß herkömmliche Werkshallen oft als Versuchsanstalten genutzt wurden, um Investigationsjournalisten und Spione abzuschütteln. Er konnte den Blick nicht von dem Gebäude nehmen, irgend etwas ... war dort. Er wußte, daß es sehr wichtig war.
Da drin ist kein neues Flugzeug.
„Corey...“, sagte eine Stimme hinter ihm, Kaolin.
Zögernd richtete er seinen Blick auf sie. Sie stand da, mit vorgeschobener Bauchlinie, selbstbewußt und sexy.
„Das ist kraß“, sagte sie. „Hat irgendein durchgeknallter Chinese den Dritten Weltkrieg losgebrochen, oder was ist los?“
Sie meinte das hektische Treiben auf den Startfeldern. Corey sagte nichts. Er blickte erneut zum Hangar. Als Kaolin erneut etwas äußerte, sah auch er zum Flughafen.
Maschinen rollten zu ihren Startpositionen. Piloten in Fliegeranzügen mit Tornistern eilten umher. Offiziere riefen Befehle, Mechaniker, Mannschaften und Unteroffiziere gehorchten. Schwebeschlitten und Bodendienstfahrzeuge brachten Ausrüstung und Personal.
Dann sahen sie die Jagdflugzeuge der ersten Startwelle, nachdem sie einen Bogen gen Mittelmeer beschrieben hatten, ausschwärmen, sich zusammenrotten und zurückkehren. Das Triebwerksdröhnen, vor wenigen Minuten verklungen, schwoll wieder an. Jets und Bomber kamen näher, und alle zwanzig Sekunden landeteaufheulend abbremsend eine Maschine. Die Aufklärungsflugzeuge kehrten nicht wieder zurück.
„Die üben Alarmstarts“, sagte Scott Martyn und tat einen Fingerzeig. „Sie starten, bilden Rotten und landen wieder. Die ersten Jets werden bereits neubetankt.“
An dem riesigen Zylinder eines Bombertriebwerkes gelehnt warteten Ersatzflugzeugbesatzungen. Mit den großen Helmen und geschlossenen Visieren wirkten sie aus der Ferne wie Insekten.
Kaolin sagte, eine Hand auf Coreys Schulter: „Die wollen die Maschinen in weniger als vierzig Minuten wieder in der Luft haben.“ Sie deutete über Corey hinweg auf Leuchttafeln mit Countdown in jeder Parkbucht.
00:38:23 ... 22 ... 21...
Corey: „Als ob-“
„Man sich auf eine Schlacht vorbereiten; ich weiß“, beendete Kaolin den Satz.
„Verdammt große Schlacht“, sagte Scott. „Etwas stimmt nicht. Etwas stimmt ganz und gar nicht:“
Nandi wich vom Zaun zurück. „Verschwinden wir.“
„Scheiß der Hund drauf“, sagte Ryan Doppler, ein Schweizer mit scharfgeschnittenem Gesicht. „Ich will wissen, was zur Hölle hier abgeht.“
„Ich wußte, die verbergen was“, flüsterte Nikas Poulos, und wechselte mit Kaolin einen Blick.
Es war beklemmend und fesselnd zugleich. Speziell für Corey: mehrfach blinzelte er zu BAU 13. Gerade fegte ein Hubschrauber über das Dach. Corey empfand, als hätte sich eine zweite, tiefgehende Denkweise um seine normale Betrachtung gelegt, wie – wie Wasser um einen Taucher.
Dann spürte er das Schwingen. Es ging von der Halle aus, wellte über den Boden mitten in sein Herz. Niemand sonst schien das zu spüren. Dieses Empfangen von ... Dynamik. Dazu sphärische Klänge. Es war berauschend. Corey lauschte. Er bekam eine Ahnung ... nein, die Evidenz von Abschiednehmen. Sollte er beschreiben, was er empfand, würde er sagen, eine Kraft riefe ihn, reckte sich nach ihm. Die Dimension dieser Kraft sprengte seine Vorstellung. Sie vermittelte den Eindruck von Ferne und Fremdheit.
Das Signalhorn, was die letzte Stunde vor der Nachtruhe ankündigte, erklang. Die Gruppe wandte sich zögerlich vom Zaun ab und ging mit zusammengesteckten Köpfen zurück.
Niemand ahnte, was die Zukunft bereithielt.
24
Nazma trug ein verwaschenes Baumwollhemd, das ihr zwei Nummern
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