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Kaiser des Mars

Kaiser des Mars

Titel: Kaiser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lin Carter
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Atemgeräten vertraut zu machen. Von uns vieren hatte nur ich die Mishubi-Yakamoto-Behandlung mitgemacht, und so kam ich ohne künstliche Hilfe zurecht.
    Wir waren genau an der Stelle gelandet, wo der Doc es geplant hatte. Rings um uns streckte sich der Kanal wie ein vier Fuß hoher Miniaturdschungel und wurde im Westen am Horizont schmaler. Von oben aus gesehen – so hofften wir! – sollte die Antoine d’Eauville eigentlich unauffällig mit dem Buschwerk verschmelzen. Für jemanden, der die Phaethontis freilich zu Fuß, zu Slidar oder mit einem Sandtraktor überquerte, würde sie natürlich so auffällig sein, als hätte man sie signalrot angestrichen; aber dagegen konnten wir nichts machen. Dies war der Rand der Drylands, und niemand kommt je so weit nach Süden, nicht einmal das Volk; und zwar aus dem guten Grund, weil es hier nichts gibt, was es anzieht.
     
    In Abenteuerfilmen landen die Schauspieler immer, öffnen die Schleusen und steigen in Nullkommanichts aus. Anders geht das wahrscheinlich auch in Stereovision nicht, sonst würden die Filme zu lang. Im wirklichen Leben freilich dauert es zwei oder drei Stunden, ehe man soweit ist, daß man sein Raumfahrzeug verlassen kann. Man muß den Computer umprogrammieren, den Atommeiler dämpfen, warten, bis die Außenhaut abgekühlt ist, den Rumpf nach Undichtigkeiten absuchen, die Anzüge und Atemgeräte überprüfen und hundert andere Dinge tun. In unserem Fall dauerte es eher fünf Stunden, bis wir fertig waren.
    Bolgov hatte die Aufgabe, den Gleiter flugbereit zu machen. Er öffnete die Frachtluke und holte den Gleiter aus seinem Landeschlitten neben dem Lanzetti, wobei er sich des Frachtkrans bediente, und setzte ihn vorsichtig auf das dunkle Moos.
    In diesem Fall handelte es sich bei dem Beiboot der d’Eauville um einen Atmosphäregleiter anstatt des üblichen Zweimannraumboots. Bei der Auswahl des Skimmers hatten sie eine gute Wahl getroffen, weil es sich dabei um das schnellste und praktischste Transportmittel handelt, das man auf dem Mars einsetzen kann. Jedenfalls ist es ein dutzendmal schneller und bequemer als ein Sandtraktor. Anschließend begannen Bolgov und Keresny damit, unsere Vorräte und Gerätschaften an Bord des Skimmers zu verstauen. Wahrscheinlich hätte ich ihnen helfen sollen, aber ich brachte es irgendwie nicht fertig. Ich wollte nach all diesen einsamen, leeren, bitteren Jahren meine ersten Augenblicke auf dem Mars zur Gänze auskosten.
    Also stieg ich unter der Steuerkanzel aus der Luftschleuse, kletterte die Leiter hinunter, sprang in das elastische Moos und stand einen Augenblick lang einfach da, schmeckte den trockenen, würzigen Duft der kalten, dünnen Marsluft, fühlte das elastisch federnde Moos unter meinen Füßen und genoß die berauschende Leichtigkeit der Marsgravitation. Wie lange lag es zurück, daß ich diesen herrlichen Ozongeschmack im Mund verspürt hatte? Wie lange hatte sich meine Gesichtshaut nicht mehr unter der beißenden Kühle der Luft zusammengezogen …?
    Ich stand lange reglos und stumm da und brütete über alten, ruhmreichen Träumen und der Erinnerung an Kameraden, die ich gekannt und geliebt hatte und die jetzt alle tot waren. Meine Augen füllten sich mit Tränen, die fast im gleichen Augenblick verschwanden, in dem sie vergossen wurden. Tränen, die die ausgetrocknete Marsluft durstig trank, dankbar für das seltene Geschenk von Feuchtigkeit …
    Ich sah mich um, und mein Blick verschleierte sich. Ich erinnerte mich …
    Meine Erinnerung wanderte zurück zu meiner ersten Landung auf dem Mars, vor vielen Jahren, als ich noch jung, unerfahren und grün war. Und ein Idealist. Ich erinnerte mich noch gut, wie wir in einer kleinen, überfüllten Satellitenshuttle vom Deimos heruntergeflogen waren, östlich über die Tharsis-Region, um in dem Lager draußen in Isidis Regio zu landen. Ich erinnerte mich, wie mir damals zumute gewesen war, als ich mit den anderen Neuankömmlingen aus der Schleuse trat, heiser durch das schlecht passende Atemgerät schnaufend und darauf wartend, den langen Traktorzug zu besteigen, um die endlose Fahrt quer durch das Kratergebiet nach Syrtis anzutreten. Als ich damals um mich geblickt hatte, war ich voll ehrfürchtigen Staunens gewesen. Die völlige Fremdartigkeit der Szenerie hatte mich gefangengenommen – die endlose Weite der Staubflächen von Isidis, die dunkle Silhouette von Syrtis Major, die sich wie eine keilförmige Halbinsel tief in das Meer des phantastischen, gelben

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