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Kaiser des Mars

Kaiser des Mars

Titel: Kaiser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lin Carter
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Spekulation. Aber nehmen wir einmal an, die Stadt wurde in einem Krieg ausgeplündert? Dann hätten die Sieger doch den Schatz weggeschleppt.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, Krieg hinterläßt Spuren. Keines der Gebäude, die wir bis jetzt gesehen haben, wies äußerliche Schäden auf; die Mauern der Stadt sind gefallen, aber ich habe keinerlei Anzeichen entdeckt, daß Belagerungsmaschinen am Werk waren. Keiner der Schreine, keine der Fresken, Inschriften oder Votivfiguren sind entweiht oder beschädigt worden. Ich glaube, Ilionis ist einfach gestorben, im Laufe der Jahre verblaßt, als das Reich zerfiel. Die Rasse ist über Millionen von Jahren ausgestorben, müssen Sie wissen … Die Geburtenzahlen sind immer mehr zurückgegangen, solange es Aufzeichnungen gibt.«
    Ich kaute eine Weile auf dem Problem herum.
    »Wissen Sie, das ist seltsam«, sagte er nach einer Weile. »Wir haben Votivfiguren und Opfergaben in den äußeren Räumen gefunden; aber es waren armselige Stücke – Keramik, bearbeiteter Stein. Vielleicht hielt man diesen Tempel für so heilig, daß man Opfergaben oder Tribut in Edelmetallen oder wertvollen Steinen als Bestechung auffaßte und aus diesem Grunde verbot …«
    »Nun, das könnte sein«, meinte ich zweifelnd. »Aber wenn das so ist, was, zur Hölle, bedeutet dann Ihre Gedankenaufzeichnung, in der es doch heißt, daß der größte Schatz der Alten hier liegt?«
    »Das kann ich nicht sagen«, gestand er. »Was für andere Schätze gibt es denn?«
    »Vielleicht eine Sammlung alter Dokumente? Eine Bibliothek antiker Literatur oder historische Aufzeichnungen?«
    »Ja, das könnte man wohl einen Schatz nennen. Aber trotzdem – wo ist er dann? Wir haben ein paar halb vermoderte Überreste von alten Büchern gefunden; aber schon bei oberflächlicher Untersuchung war zu erkennen, daß es sich um Fragmente der üblichen liturgischen und prophetischen Literatur handelte – nichts, das wir nicht bereits besaßen. Nein, wir müssen den Schatz erst noch finden.«
    »Dann vielleicht eine Geheimkammer«, meinte ich.
    »Ja, so etwas vielleicht. Morgen, wenn wir besseres Licht haben, werden wir Vermessungen anstellen müssen und einen Plan der Tempelruinen zeichnen. Es ist möglich, daß wir einen verborgenen Raum finden, wenn wir die Stärke der Mauern vergleichen. Wir werden …«
    Er zuckte zusammen und hörte zu reden auf, als jemand einen Schrei ausstieß.
    Plötzlich erschien Bolgov im Eingang des Allerheiligsten. Sein Gesicht wirkte im grellen Licht der Lampen wie eine Maske wilden Erstaunens. Mir war gar nicht aufgefallen, daß er zu essen aufgehört hatte und weggegangen war, um auf eigene Faust herumzustöbern. Jetzt gestikulierte er erregt und winkte uns zu sich.
    »Was ist denn, Konstantin?« rief Keresny. »Was haben Sie denn gefunden?«
    »Den Schatz nicht, zum Teufel!« knurrte der Russe. »Aber das verdammteste Ding, das Sie je gesehen haben – trotzdem. Kommt – alle!«
    Wir nahmen die Bronston-Lampen und stiegen die Stufen zum Altar hinauf und gingen um den mächtigen, leeren Steintisch herum, auf dem man den Zeitlosen die Opfergaben dargebracht hatte, und traten an den Eingang des großen, steinernen Saals.
    Ich ließ meine Lampe kreisen und sah das, was wir alle erwartet hatten – nur gähnende Leere und glatte Steinwände, ohne irgendwelche Fresken oder Inschriften.
    »Nicht dort oben«, knurrte Bolgov ungeduldig, und seine Stimme zitterte vor unterdrückter Erregung. »Sehen Sie sich den Boden an!«
    Wir richteten unsere Lampen nach unten. Von unserem Standort an der Schwelle senkte sich der Boden und bildete eine mächtige, schwarze Grube. Die Grube erstreckte sich von einer Wand zur anderen, und wir konnten ganz deutlich erkennen, daß dieser Raum überhaupt kein Raum war, sondern die überdachte Spitze eines mächtigen Schachtes, der sich in ungeahnte Tiefen unter dem Plateau erstreckte.
    Dr. Keresny rief etwas mir Unverständliches aus, und das Licht zitterte in seinen Händen, als er die Lampe kreisen ließ und den schwarzen Abgrund erforschte, der vor uns gähnte. Ich konnte mir gut vorstellen, was jetzt seine Gedanken beschäftigte: dies war die Anomalie, die er erwartet hatte; denn kein anderer Tempel auf dem ganzen Planeten enthielt ein solches Rätsel wie diesen mächtigen Schacht. Und der Zweck, zu dem die Alten ihn errichtet hatten, blieb ein Geheimnis.
    Aber irgendwo dort unten mußte der Schatz liegen, den zu suchen wir so weit gekommen waren und für den wir so

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