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Kaiser des Mars

Kaiser des Mars

Titel: Kaiser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lin Carter
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widerstanden.
    Wie die meisten anderen antiken Tempel auf dem Mars, wurden die Tore von steinernen Sphinxen bewacht, jenen unheimlichen, insektenähnlichen Phantasietieren. Wir traten zwischen ihnen in die Halle, über niedrige Stufen, die von den Schritten zahlloser Generationen abgewetzt waren, in die Höhe. Die düstere Weite des verbliebenen Tempelbaus dehnte sich nach allen Richtungen, und das Echo der Jahrtausende schien in den Wänden zu hängen. Alles überzog der allgegenwärtige gelbe Staub.
    Es gab endlose Vestibüle und Vorräume zu erforschen; aber in keinem davon fanden wir etwas von Bedeutung. Und dann waren da unzählige Inschriften, sowohl in der unbekannten Sprache als auch in den uns vertrauteren Hieroglyphen. Stücke von zerbrochenen Krügen, ein paar Fragmente von Statuen, Votivfiguren – einige Pergamentrollen – alles, was der gnadenlose Zahn der Zeit von uralten Büchern und Teppichen übriggelassen hatte. Und das war es in etwa.
    Den Tag verbrachten wir mit einer systematischen Durchsuchung der beiden Flügel, die die Zeit noch stehengelassen hatte. Hier waren die Priester untergebracht gewesen. Aber in der endlosen Folge identischer Zellen war nichts Wertvolles zu finden. Keresny führte, bewaffnet mit den Bronston-Lampen, einen Suchtrupp in die unteren Etagen; aber die meisten Gänge waren eingestürzt und hoffnungslos von Schutt verstopft. Und jene wenigen Teile, die uns den Zutritt ermöglichten, enthielten nichts Interessantes.
    Blieb also nur das Mittelschiff selbst. Es bestand aus dem Hochaltar und dem Allerheiligsten dahinter, einer mächtigen Kammer mit steinernen Mauern, vor Äonen, als Ilionis eine lebende Stadt und dieser Tempel mit duftenden Weihrauchwolken angefüllt gewesen war, im Glanz der Votivlampen strahlte und von den Gesängen der Priester und der Gläubigen widerhallte; das gähnende Portal des innersten Sanctum Sanctorum war wahrscheinlich durch einen mächtigen Vorhang vor neugierigen Augen verborgen gewesen. Aber die Jahrhunderte hatten davon nichts übrig gelassen, und die mächtige Tür gähnte schwarz.
    Der Doktor hatte sich das Allerheiligste für zuletzt aufgehoben, weil er wußte, daß es sehr unwahrscheinlich war, daß wir dort etwas fanden. In dieser speziellen Beziehung war die alte marsianische Religion ähnlich der des jüdischen Königreichs aus dem Altertum der Erde: man betrachtet das Allerheiligste als Wohnsitz des Göttlichen; und deshalb ließ man es stets leer, abgesehen von einer Kopie der Schriften, die auf einem niedrigen Podest lag.
    Wir machten Pause, um etwas zu uns zu nehmen. Während die Krieger – die vor den Portalen des Tempels gelagert hatten und nicht in den heiligen Ort hatten eindringen wollen – sich um die Slidars kümmerten, saßen wir anderen auf heruntergefallenen Mauerblöcken oder umgestürzten Säulen und aßen schweigend.
    Die Sterne glitzerten mit wachsamen Augen durch Lücken in der Kuppeldecke weit über uns. Der grelle Schein der Bronston-Lampen zeichnete riesige, samtige Schatten auf die Wände – Schatten von monströsen Formen, die sich mit uns bewegten.
    Wie um ihre Unerschrockenheit zu beweisen, aßen Fürst Kraa, Kuruk und der junge Chaka mit uns, obwohl ich wußte, daß zumindest der Fürst es vorgezogen hätte, draußen unter offenem Himmel und im Licht der Sterne zu bleiben. Der zwergenhafte Priester Dhu saß zusammengekrümmt da und lehnte es ab, das Altarschiff durch Essen zu entweihen. Er murmelte Gebete, um die Rache seiner Götter abzuwenden.
    Keresny und ich unterhielten uns leise, um die anderen nicht zu stören.
    »Nach allen Gesetzen der Logik hätte der Schatz in den Katakomben unter dem Hauptschiff sein müssen. « murmelte er. »Ilionis war eine heilige Stadt und das Zentrum alljährlicher, weltweiter Pilgerzüge. Opfergaben von Juwelen, Kunstwerken und Edelmetallen müssen in die Hände der Priesterschaft geflossen sein, denn dies war der größte und heiligste aller Tempel des Mars, die uns bekannt sind. Die Könige der fernen Städte sandten reiche Gaben, um dafür die Prophezeiungen des Orakels einzutauschen; zweifellos sind die Kranken hierhergereist, um von den Arghatha, den ›heilenden Priestern‹, behandelt zu werden, und zweifellos haben sie nach diesen Wunderheilungen als Tribut Abbilder ihrer kranken oder verletzten Organe in Gold und Silber und Martium hinterlassen. Aber wo ist das alles?«
    »Wir wissen nicht, wann oder warum Ilionis verlassen wurde. Das ist jetzt nur reine

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