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Kaiserhof Strasse 12

Kaiserhof Strasse 12

Titel: Kaiserhof Strasse 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valentin Senger
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eigentlich?«
    Da schaltete sich der Jäger ein: »Die beiden sind nicht gehfähig«, log er, »ich bringe sie nach Bad Wildungen, weil es im Lazarett keine Fahrzeuge mehr gibt.«
    Der Feldwebel schien mit der Antwort zufrieden, unsere Papiere waren ja in Ordnung. Bis wir die Stadt verlassen konnten, wurden wir noch zweimal kontrolliert. Doch es ging alles gut.
    »Wir nehmen nicht die Landstraße«, sagte der Jäger, »die ist zu gefährlich. Da kommen wir nicht weit. Es ist besser, wenn wir durchs Elbebachtal fahren. Das ist zwar ein kleiner Umweg, aber dort haben wir garantiert unsere Ruhe.«
    Seltsam, welche Umstände sich der Unbekannte unsretwegen machte. Ich begann, ihm zu mißtrauen. Der ganze Aufwand diente bestimmt einem anderen Zweck als ausschließlich unserer Sicherheit. Aber welchem?
    Nach einer Weile sagte der Jäger: »Übrigens, ich heiße Justus Mohl. Ich bin Jagdaufseher und wohne in Heimarshausen. Das ist zwölf Kilometer von Fritzlar entfernt. Ich bin hier großgeworden und kenne mich in der ganzen Gegend wie in meiner Westentasche aus.« Er hielt in seiner Rede inne, schaute zu uns herüber und dachte wohl, wir würden das Gespräch aufgreifen. Doch ich hatte keine Lust, ihm zu antworten. Dem andern Soldaten ging es offenbar genauso. Da verlor auch der Jagdaufseher die Lust am Weiterreden. Und nun konnte man sogar die Vögel zwitschern hören.
    Wohlig lehnte ich mich, so gut es ging, auf dem Kutschbock zurück, und für Augenblicke rückte der Krieg in weite Ferne. Mich störte auch nicht der anhaltende Geschützdonner, der sich wie das Grollen einer breiten Gewitterfront anhörte.
    Im Weiterfahren erzählte mir der andere Soldat, daß auch er wegen einer Infektionskrankheit im Lazarett gelegen habe und am gleichen Tag entlassen worden sei. Außerdem habe er einen starken Herzfehler. Er sei in Neheim-Hüsten zu Hause, wo sein Vater eine Möbelfabrik besitze.
    Wir mochten eine Stunde unterwegs gewesen sein, als wir in das kleine Städtchen Züschen kamen. Der Jagdaufseher bemerkte beiläufig, es sei schon drei Uhr vorbei, weit kämen wir heute nicht mehr. Er wisse ein gutes Quartier zur Übernachtung. Im Wald von Heimarshausen stehe ein Jagdhaus, das von einigen Frauen bewohnt werde, deren Männer im Krieg seien. Dort gebe es bestimmt Platz für uns und auch etwas zu essen. Er sei dort der Jagdaufseher.
    Obwohl das Angebot verlockend war, konnten wir uns nicht entscheiden. Auf gar keinen Fall wollten wir von einer Patrouille der Feldgendarmerie entdeckt werden, während wir abseits unserer Marschroute übernachteten. Das würde gleichbedeutend sein mit dem sofortigen Transport an die Front.
    »Ihr müßt es wissen«, sagte der Jagdaufseher, nahm die Zügel kürzer und trieb das Pferd an.
    Zehn Minuten später hielt er an einer Straßenkreuzung. Ein Wegweiser zeigte an, daß die linke Straße nach Bad Wildungen führte, wo wir eigentlich nach unserem Marschbefehl entlang müßten. »Wie ist es?« fragte er, »kommt ihr nun mit oder nicht? Der Weg zum Jagdhaus führt nach rechts.«
    »Wie weit ist es noch?« wollte ich wissen.
    »Na, so vier Kilometer.«
    Es blieb uns im Grunde gar keine andere Wahl als auf das Angebot einzugehen.
    »Ich komme mit«, sagte ich. »Ich auch«, sagte der andere.
     
    Nach gut zwanzig Minuten bogen wir von der Landstraße in einen holprigen Feldweg ein und fuhren eine langgestreckte Steigung zum Waldrand hoch. Ich war gespannt, was uns erwarten würde. Längst war mir klar, daß der Jagdaufseher von Anfang an die Absicht gehabt hatte, uns in das Jagdhaus zu locken.
    Das Haus stand nicht sehr tief im Wald, trotzdem war es erst zu erkennen, als wir es fast erreicht hatten, ein stattliches Jagdhaus, zweigeschossig, mit einem großen Garten. Ein hoher Maschendrahtzaun, der nur an der Vorderseite durch ein Einfahrtstor unterbrochen war, zog sich um das Gelände.
    Drei Frauen standen am Tor und begrüßten uns sehr freundlich. Sie schienen uns erwartet zu haben.
    »Hatten Sie eine angenehme Fahrt?« fragte die eine.
    Und die andere: »Sind Sie sehr erschöpft?«
    »Kommen Sie bitte herein«, sagte die dritte.
    Die jüngste der drei Frauen war Anfang dreißig, schmal, mit einem spitzen Gesicht und dünnen Lippen. Ihr glattes dunkelblondes Haar war in der Mitte gescheitelt und hinten mit einem Knoten zusammengehalten.
    Die zweite schätzte ich auf fünfzig. Sie war nicht schlank, aber auch nicht dick, hatte freundliche Augen, ein weiches Gesicht und einen Bubikopf mit

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