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Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Titel: Kaiserkrieger 2: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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mancherlei Hinsicht teilte er die Bedenken seiner Tochter. Eine wesentliche Ursache dafür, dass der junge Martinus noch zu haben war, hing nicht zuletzt mit seinem unsteten Lebenswandel zusammen, dem andere Eltern ihre liebreizenden Töchter nicht aussetzen wollten. Julia hingegen war ein ähnlich schwieriger, wenngleich etwas anders gelagerter Fall. Es erschien ihren Eltern daher als ein probates Mittel, jetzt beherzt einzugreifen, ehe noch etwas Schlimmeres passieren würde.
    Lucia sah, wie es in ihrer Tochter arbeitete und ein Ausdruck trotziger Entschlossenheit sichtbar wurde.
    »Bevor du Weiteres sagst oder denkst, höre meine Worte!«, intonierte sie mit einer gewissen Theatralik. »Ich weiß, was du dir jetzt überlegst! Einmal bist du schon fortgelaufen, aber ein zweites Mal wird dir das nicht gelingen. Gunter!«
    Eine Tür öffnete sich und ein Hüne von einem Mann trat ein. Gunter stammte aus Germanien und war seit zehn Jahren Sklave im Haushalt des Senators. Er bestand aus sehr vielen Muskeln und sehr wenig Gehirn, aber vor allem war er seiner Herrin Lucia völlig ergeben.
    »Herrin, Ihr habt gerufen!«, sagte der Berg von einem Mann mit unterwürfigem Tonfall.
    »Du wirst künftig nicht von der Seite meiner Tochter weichen. Nur in ihrem Raum darf sie allein verweilen! Verlässt sie diesen, wirst du sie begleiten. Sie darf das Haus nur verlassen, um in die Kirche zu gehen. Benötigt sie etwas, werden Besorgungen durch die Diener erledigt. Sie darf keinen Besuch mehr empfangen, der sich nicht vorher bei mir angemeldet hat. Du schläfst vor ihrer Tür und hältst ununterbrochen Wache. Du nimmst alle Mahlzeiten gemeinsam mit ihr ein! Die kleinste Unregelmäßigkeit wird mir berichtet! Möchte sie entkommen und sich davonstehlen, so hast du meine Erlaubnis, sie gewaltsam daran zu hindern!«
    Lucia sah Gunter eindringlich an, der die Kanonade an Anweisungen mit unbewegter Miene hatte über sich ergehen lassen.
    »Hast du mich verstanden?«
    »Ich gehorche, Herrin«, bestätigte der Sklave. Für einen Moment sah er seinen neuen Schützling an, als wolle er die Schwere der Aufgabe ermessen. Doch er sagte und zeigte nicht, zu welchem Ergebnis seine Einschätzung gekommen war.
    »Das kannst du nicht tun!«, rief Julia erbost.
    »Doch, das kann ich. Ich kann noch viel mehr, wenn du nicht endlich gehorchst und tust, was ich sage.«
    Lucia erhob sich.
    »Die Hochzeit ist in drei Monaten. Wir beginnen sogleich mit den Vorbereitungen. Es wird ein wunderbares Fest, das dir lange in Erinnerung bleiben wird.«
    »Das bezweifle ich nicht«, entgegnete ihre Tochter bitter.
    Sie drehte sich abrupt um und verließ den Raum.
    »Julia!«, donnerte Lucia. »Was ist das für eine Art? Ich habe dir nicht gestattet … Julia? Julia!«
    Gunter sah verwirrt um sich, erinnerte sich seiner Befehle und wandte sich ebenfalls zum Gehen, da ihn die aufgebrachte Tochter sonst abzuhängen drohte.
    Als sie beide den Raum verlassen hatten, wandte sich Lucia um. Ihr Mann stellte hastig den Kelch wieder auf den Tisch und wischte sich mit einem Tuch über den Mund, den Blick voller Schuldbewusstsein.
    Lucia seufzte.
    Diese Familie würde sie eines Tages noch umbringen.
     

 
     
37
     
    Die kleine Kirche wirkte wie ein Kloster, obgleich es so etwas wie Klöster eigentlich noch gar nicht gab, wie von Klasewitz wusste. Die ersten Einsiedlermönche lebten in Ägypten und Martin von Tours hatte in der Nähe von Marmoutiers eine Siedlungsanlage für Einsiedler eingerichtet, aber der Gründer des ersten großen gallischen Klosters in der Nähe von Marseille, Johannes Cassianus, war zwar bereits geboren, befand sich aber zu dieser Zeit noch in Palästina und studierte dortige frühe Eremitagen. Das Zeitalter der großen Orden begann am Horizont zu erscheinen, hatte Westrom allerdings noch nicht erreicht.
    Die Bewirtschaftungsanlagen um das Kirchengebäude herum waren alle neueren Datums und die Abgeschiedenheit der ganzen Anlage trug zu dem klösterlichen Eindruck bei. Hierher waren von Klasewitz und Tennberg in einer hektischen Nacht-und-Nebel-Aktion entkommen, auf der Flucht vor Präfekt Rennas Soldaten, die kurz hinter ihnen die Tore Ravennas geschlossen hatten. Seitdem hatten sie hier ausgeharrt, verborgen durch Getreue des Ambrosius und unter Leitung des Petronius, auf dessen Kopf Renna ebenfalls eine Belohnung ausgesetzt hatte.
    Ihre anfängliche Verbitterung und Verzweiflung ob der gescheiterten Meuterei war mit der Zeit kalter Wut gewichen. Je

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