Kaiserkrieger 2: Der Verrat
viele Fehler gemacht. Auch von mir, wenn ich das sagen darf.«
Der Bischof hob eine Hand, als sich ein Gemurmel erhob.
»Ja, auch von mir. Ich habe die Fremden, die so unerwartet an unseren Küsten eingetroffen sind, pauschal verurteilt und verdammt. Wie ich mittlerweile lernen musste, war das ein allzu voreiliger Entschluss. Hier unter uns weilt der lebende Beweis dafür, dass die Zeitreisenden keinesfalls alle Dämonen oder anderweitige Anhänger Satans sind. Ja, ich will zugeben, dass selbst jene, die den Lehren jenes Rheinberg folgen, möglicherweise schlicht irren oder es nicht besser wissen und vielleicht auf den rechten Weg gebracht werden können. Leider ist ein Versuch, dies zu erreichen, in der Vergangenheit gescheitert.«
Ambrosius warf einen milden Blick auf Petronius, dann auf von Klasewitz. Wenn er mit ihrem Misserfolg einen Tadel verband, dann zeigte er diesen zumindest hier nicht. Der ehemalige Erste Offizier war dafür sehr dankbar.
»Vorübergehende Rückschläge sollen uns aber nicht aufhalten«, fuhr der Bischof an alle gewandt fort. »Wir wissen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die Tatsache, dass ein junger und hoffnungsvoller Regent wie Gratian sich von den Ereignissen wie auch den Einflüsterungen so sehr hat beeinflussen lassen, betrübt mich mehr, als dass sie mich erzürnt. Noch mehr betrübt es mich aber, dass diese Entwicklung und die Uneinsichtigkeit des Kaisers mich nunmehr zu Schritten veranlassen, die ich selbst niemals für möglich gehalten hätte. Ich hoffe, dass ich hier nicht fehle, und bete um größere Einsicht und Verständnis.«
Der demütige Habitus des Bischofs verdeckte die Tatsache, dass er offensichtlich die Einleitung zu einem veritablen Aufruf zur Rebellion formulierte, nur unzureichend. Von Klasewitz jedoch genoss die Situation. Das Rituelle, Formelhafte des ganzen Vorgehens entsprach seinem Wesen, es führte dazu, dass er sich bei diesen Menschen heimisch fühlte. Dass er selbst nun zu einer Verschwörergruppe zählte, die letztendlich nichts Geringeres plante, als den rechtmäßigen Kaiser zu stürzen – und warum sonst sollte der Statthalter Britanniens den weiten Weg hierher auf sich genommen haben? –, war dann fast nebensächlich. Von Klasewitz fühlte sich als Teil der Geschichte, und dies schmeichelte seinem Ego in einem fast unbeschreiblichen Maße. Er hatte, in vielfacher Hinsicht, seine Seele verkauft, und dass er sie an jemanden veräußert hatte, der in seiner Zeit als Heiliger verehrt wurde, machte die Sache gleich noch einfacher.
»Der Kaiser irrt, wenn er meint, sich mit übertriebener Toleranz nicht nur den Häretikern in der Christenheit annähern zu müssen, sondern auch gegenüber den zahlreichen heidnischen Kulten Nachsicht walten zu lassen. Der Kaiser irrt vor allem, wenn er meint, dass die steuerlichen Nachlässe und Ausnahmen für Kirchengüter und Kirchenleute zu groß seien und das Reich seine Einnahmesituation auf dieser Ebene verbessern müsse. Und er geht fehl, wenn er meint, dass eine Vernachlässigung der Orthodoxie dazu führt, dass das Reich einiger wird und sich den kommenden Gefahren – die ich gar nicht kleinreden möchte! – damit besser stellen kann. Er setzt das Seelenheil all seiner Untertanen aufs Spiel, und das zur Erlangung fragwürdiger und in jedem Falle sehr kurzfristiger Vorteile. Die Rolle der ehemaligen Gefährten unseres Freundes Klasewitz hier ist dabei eine ebenso unrühmliche wie wichtige, die Existenz dieser Männer ist einer der Ansatzpunkte, mit denen wir beginnen müssen.«
Ambrosius wandte sich nun direkt an von Klasewitz, der sich sofort aufrichtete und dem Blick des Bischofs begegnete.
»Wir benötigen aber vor allem die Hilfe unserer Freunde aus der Zukunft, die ihre Rechtschaffenheit bereits für uns alle unter Beweis gestellt haben, denn uns darf es nicht ergehen wie den Goten vor Thessaloniki.«
Die Ereignisse im östlichen Teil des Reiches hatten in den letzten Wochen schnell die Runde gemacht. Selbst von Klasewitz hatte in der relativen Abgeschiedenheit seines Exils davon Kenntnis erlangt. Rheinberg hatte gewonnen. Welche Verluste er dabei erlitten hatte, war nicht bekannt. Aber der Sieg über die Goten hatte den Adligen mit größerer Bitterkeit erfüllt, als dies hätte sein dürfen. Die Barbaren zu besiegen wäre schließlich auch sein Ziel gewesen, wenn die Meuterei erfolgreich gewesen wäre. Allerdings wäre er wahrscheinlich nicht in die griechische Stadt aufgebrochen und hätte
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