Kaiserkrieger 2: Der Verrat
verstanden – dieser Becker hat keine Kohorte bei sich, ja?«
»Er sagt, er braucht nicht einmal alle seine Männer. Er benötigt nicht mehr als eine gute Schussposition, um seine Schützen so auszurichten, dass sie freies Schussfeld haben, selbst aber in Deckung bleiben. Er rechnet nicht mit vielen Verlusten, will aber unsere Männer als Leibgarde seiner Schützen einsetzen, sollten doch einige verirrte Goten durchbrechen. Dafür sollten sie noch gut sein oder, Richomer?«
»Die Moral ist tief gesunken«, gab dieser zu bedenken. »Ich glaube aber, dass ich schlicht nicht richtig verstehe, was diese Männer mit ihren Waffen anrichten können. So Ihr diesen Angriff befehlt, mein Imperator, werde ich alles tun, um Becker zu helfen.«
»Gut«, sagte Gratian, der der Diskussion bisher schweigend gefolgt war. »Ich werde Arbogast mitschicken, er soll das Kommando von Flavius Victor übernehmen, der immer noch verletzt ist. Ein paar Legionäre kann ich entbehren, aber ich muss so bald wie möglich wieder nach Westen marschieren, denn die Grenzen sind nicht sicher, wenn ich mich dort nicht aufhalte.«
»Was ist mit Theodosius?«, fragte Arbogast. »Er ist doch immer noch als Feldherr des Ostens vorgesehen!«
»Das ist er. Er wird sich auf den Weg machen, sobald ihn die Boten erreicht haben. Wenn Becker scheitert, wird er seine zukünftige Aufgabe hoffentlich mit Nachdruck verfolgen. Ist Becker erfolgreich, müssen wir uns über sehr viele Dinge ganz neu Gedanken machen.«
»Das denke ich auch!«
Alle Köpfe drehten sich herum. Im Zelteingang stand eine Gestalt, gewandet in einfache Reisekleider. Er benötigte keine Vorstellung und keine Legitimation. Jeder von Rang kannte den Mann mit seinem schiefen Gesicht.
Gratian erhob sich. »Ambrosius!«
»Mein Imperator!«
»Welch eine Überraschung und Freude!«
»Ich bin willkommen?«
»Ihr seid immer willkommen! Elevius, ein Sitz für den Bischof. Bring Wein und etwas zu essen. Ihr müsst erschöpft sein!«
»Ich bin müde, aber es geht mir gut.«
Dennoch nahm der Bischof die angebotene Sitzgelegenheit gerne an und setzte sich seufzend. Er trank einige tiefe Schlucke des Weins, der ihm gereicht wurde, und streckte die Beine von sich. Richomer und Arbogast wechselten Blicke voller Ratlosigkeit. Was hatte den Bischof von Mailand bewogen, die beschwerliche Reise bis nach Sirmium vorzunehmen? Es war nicht zu gewagt anzunehmen, dass dies mit dem Eintreffen Rheinbergs und Beckers zu tun hatte. Doch behielten die Offiziere ihren Ratschluss vorläufig für sich. Dies war eine Sache zwischen Gratian und Ambrosius, und obgleich hier der Kaiser formal der Mächtigere war, wusste doch jeder, dass der junge Mann den energischen Bischof von Mailand verehrte und immer wieder in der Vergangenheit seinen Rat gesucht hatte.
»Der weite Weg von Ravenna hierher – den werdet Ihr nicht zurückgelegt haben, um meinen Kampf gegen die Goten zu segnen«, kam der Kaiser nun gleich zur Sache.
Ambrosius verbarg ein Lächeln. Gratian mochte fromm und recht leicht zu beeinflussen zu sein, ein Idiot war er aber keinesfalls.
»Ihr habt natürlich recht, mein Imperator. Dringende Geschäfte bringen mich hierher. Es geht um jene Fremden, die in Ravenna aufgetaucht sind und, so scheint es, Senatoren ebenso wie das einfache Volk stark beeindruckt haben.«
Gratian lehnte sich zurück.
»Senatoren, das Volk und mich.«
Ambrosius schien kaum überrascht. »Sie sind hier, ich habe sie gesehen. Ich hörte Geschichten über wundersame Waffen.«
»Ich habe die Absicht, sie gegen die Goten zu schicken, damit sie ihren Wert für uns unter Beweis stellen können.«
»Gut, eine möglicherweise weise Entscheidung. Die Situation im Osten ist gespannt und der Tod Eures Onkels eine höchst bedauerliche Entwicklung.«
Arbogast runzelte die Stirn. »Eure Begeisterung scheint begrenzt zu sein, Eminenz.«
»Das ist sie.«
»Warum?«
»Mir ist egal, ob die Fremden gegen die Goten kämpfen, und mir ist recht, wenn sie gegen die Barbaren gewinnen und die Sicherheit im Osten wieder herstellen.«
»Egal?«, fragte Arbogast.
»Nun, es ist mir nicht so wichtig. Es sind andere Dinge, die mir Sorge bereiten. Auf dem Wege hierher habe ich Boten aus Ravenna empfangen. Liberius hat auf meine Bitten hin gewisse Nachforschungen angestellt. Einer seiner engsten Vertrauten hat sich umgehört, bei den Fremden selbst wie auch bei ihren … Vertrauten.«
Gratian schien über diese Eröffnung nicht durchweg erfreut zu
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