Kaiserkrieger 2: Der Verrat
nicht mehr froh. Sobald die Ausbildung vorbei ist, dürft Ihr Briefe schreiben und mit Eurer Familie in Kontakt treten. Sobald Ihr eine gewisse Dienstzeit absolviert habt, dürft Ihr heiraten. Geht alles, kein Problem. Wer schon verheiratet ist, meldet das im Lager dem Dekurio, dann gibt es möglicherweise bei gutem Benehmen bald eine Besuchserlaubnis.«
Volkert warf Julia einen langen, intensiven Blick zu. In ihm lag eine stumme, aber sehr intensive Botschaft. Sie verstand sie sofort und nickte. Fast schien es, als würde der junge Mann jetzt lächeln.
Was auch immer gerade geschehen war, es war sicher einer der entsetzlichsten Heiratsanträge in der Menschheitsgeschichte.
»Und jetzt los!«
Ein Legionär zog am Seil und die Rekruten, immer noch halb betäubt von den überwältigenden Ereignissen, folgten mehr oder weniger willig. Der gelegentliche Tritt eines anderen Soldaten brachte die Kolonne schließlich auf Trab, und so schnell, wie der Spuk begonnen hatte, war er auch vorbei.
Zurück blieben das Chaos zerwühlter Strohsäcke und fassungslos dasitzende Reisenden sowie ein entsetzt wirkender Herbergswirt, der hilflos und händeringend umherlief und nicht wusste, was er sagen oder tun sollte.
Und eine leise weinende Julia.
1 Dein Schwanz befiehlt; es wird geliebt.
2 Geiler Sohn! Wie vielen Frauen hast du's schon ordentlich besorgt!
3 Scheißkerl!
3
»Rheinberg hatte recht.«
»Ich höre diesen Satz viel zu oft.«
Gratian warf Arbogast einen milde tadelnden Blick zu. Der knurrige General senkte den Kopf in scheinbarer Unterwürfigkeit, aber er konnte seinen Imperator damit nicht täuschen.
Richomer hielt sich mit jedem Kommentar bedeckt. Er war erst im Feldlager eingetroffen, als Rheinberg und Becker ihre Demonstration bereits beendet hatten, aber er hatte sich von vielen – vor allem seinen Kameraden, die dem Spektakel aus der Nähe beigewohnt hatten – darüber berichten lassen. Der Kaiser schien den seltsamen Trierarchen und den mindestens genauso seltsamen Tribun oder Legat in Gnade aufgenommen zu haben, und das genügte als Information. Arbogast jedoch hatte die Angewohnheit, gegen die Fremden zu stänkern, keine Minute abgelegt und hatte offenbar auch nicht die Absicht, dieses Verhalten zu ändern.
»Jedenfalls ist es wahr«, bestätigte Richomer. »22.000 Tote, 8.000 Überlebende, eine ganze Reihe davon verletzt. Von den 8.000 sind sicher 2.000 Offiziere und Unteroffiziere, weniger als 6.000 einfache Legionäre. Wir haben demnach acht Legionen, davon aber jede mit mehr als der nötigen Anzahl an Offizieren. Flavius Victor hat das Oberkommando übernommen und sammelt die Truppen derzeit noch bei Adrianopel. Das ist aber kein gutes Aufmarschgebiet, denn die Goten halten sich immer noch in der Gegend auf.«
Richomer beugte sich über die große Karte des östlichen Reiches, die auf dem mächtigen Marmortisch in Gratians Zelt ausgebreitet war. Auf ihr konnte man leichter strategische Symbole platzieren als auf der aufgespannten Version im Hintergrund des Zeltes. »Der Heermeister schlägt daher Thessaloniki als Sammelpunkt für eine neue Armee vor.«
»Die Idee wäre nicht schlecht, wenn wir in aller Ruhe abwarten wollten, um einem neuen Feldherrn die Möglichkeit zu geben, sich im Osten zu organisieren«, kommentierte Malobaudes. »Doch die Ankunft Rheinbergs hat die Situation geändert. Der Trierarch ist der Ansicht, dass für langes Warten und übertriebene Vorsicht kein Grund besteht. Er schlägt vor, den Tribun Becker sogleich mit seinen Männern nach Thessaloniki zu entsenden, sich dort mit den Überlebenden zu vereinigen und die verbliebenen Legionen als Köder zu nutzen.«
Richomer sah von Malobaudes zu Arbogast und zurück.
»Als was?«
»Als Köder. Sie sollen so tun, als würden sie die Schlacht suchen. Fritigern soll sich angelockt fühlen, denn wenn er gegen 30.000 erfolgreich war, wird er wohl auch 8.000 schlagen können.«
»Damit hat er absolut recht«, murmelte Arbogast.
»Tatsächlich sollen sich die Legionen in einem vorbereiteten Schlachtfeld scheinbar bereithalten, sich beim Angriff der Goten dann aber sofort zurückziehen, das Schlachtfeld räumen und den Wunderwaffen Beckers die Chance geben, den Barbaren eine Lektion zu erteilen, die diese niemals vergessen werden.«
Richomer blickte wieder auf die Karte, als wolle er versuchen, durch das Studium derselben zu begreifen, was Malobaudes ihm da gerade erklärt hatte.
»Ich habe das aber richtig
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