Kaiserkrieger 2: Der Verrat
lassen, auf die auch Rheinberg insgeheim setzte. Jetzt aber, in diesem Augenblick, standen ihm einige Kräfte ganz anderer Art gegenüber.
»Andererseits höre ich, dass die Männer unter Legat Becker und meinem General Arbogast nicht weit vor Thessaloniki stehen und es einen Plan gibt, die Goten mit den Wunderwaffen und dem Rest des Ostheeres bereits sehr frühzeitig anzugreifen und in eine Art Hinterhalt zu locken.«
»Ein sehr waghalsiger Plan, der den Kern der Armee, die wiederaufzubauen ich gerufen wurde, riskiert«, wandte nun Theodosius ein. Er war bei der Demonstration von Beckers Kompanie nicht dabei gewesen, und obgleich er den zahlreichen Schilderungen offenbar durchaus einen gewissen Glauben zu schenken bereit war, fehlte dieser unmittelbare Eindruck. Rheinberg wollte es ihm nicht übel nehmen.
»Die fremden Besucher loszuschicken, war meine Entscheidung«, erinnerte Gratian den neuen Feldherren mit milder Strenge im Unterton. »Ich glaube nicht, dass es uns jetzt sehr viel weiterhilft, wenn wir dies noch einmal diskutieren. Wir werden sehen, wie das Ergebnis dieser Entscheidung sein wird, und dann können wir uns darüber unterhalten, ob das Risiko unnötig oder die Sache wert gewesen ist.«
Theodosius senkte in einem Zeichen des Respekts den Kopf. Jeder im Zelt wusste, dass die Ernennung zum Feldherrn bei Bewährung die darauf folgende Ernennung zum Augustus zur Folge haben würde. Auch der Spanier würde diese Chance durch übertriebene Kritik nicht aufs Spiel setzen. Rheinberg hatte sogar das Datum nachgeschlagen. Theodosius würde einige kleinere Erfolge verbuchen und dann im Januar 379, in mittlerweile gut zwei Monaten, zum Augustus gekürt werden, womit Gratian sich offiziell wieder nur zum Herrscher des Westens machen würde.
Es blieb nicht viel Zeit. Rheinberg hoffte, dass Becker Erfolg haben würde. Es war von absoluter Wichtigkeit. Nichts war überzeugender als der Erfolg. Ein Sieg über die Goten würde Rheinbergs Position bei Hofe massiv stärken.
»Wir wollen das ein andermal diskutieren – wenn wir über aktuelle Informationen verfügen«, sagte nun der Bischof mit leiser Stimme. Auch hier wirkte Theodosius fast eingeschüchtert, auf jeden Fall aber demütig, und nickte nur. Gratian schien über die Intervention Ambrosius' dankbar zu sein, denn er entspannte sich, nahm einen Becher mit Wein und blickte Rheinberg freundlich wie auch neugierig an. Es wurde dem Deutschen schlagartig klar, dass der Kaiser sich nunmehr nicht weiter an der Diskussion zu beteiligen wünschte und sich als Zuschauer wahrnahm. Er erwartete eine Art Schauspiel. Rheinberg fühlte sich wie ein Tier im Zoo.
»Werter Gast«, wandte sich nun der Bischof unvermittelt an den Deutschen, »wir haben Sie nicht hierher gerufen, um militärische Dinge zu besprechen, wenngleich ich gerne zugeben möchte, dass diese angesichts der aktuellen Krise von höchster Dringlichkeit sind. Ich will aufgrund der zahlreichen Schilderungen, die mir zugetragen worden sind, auch nicht einmal in Abrede stellen, dass die überlegenen Waffen, die Sie ins Reich gebracht haben, eine Wende im Kampf gegen die Barbaren herbeiführen könnte. Tatsächlich will ich Euren Legaten Becker und seine Männer in meine Gebete mit einschließen, denn wie allen römischen Patrioten liegt mir die Sicherheit des Reiches sehr am Herzen und alles, was den Osten wieder stabil und geschützt macht, soll meinen Segen finden.«
Rheinberg registrierte, wie Theodosius unmerklich die Lippen verzog. Er wusste auch, dass Ambrosius aus gutem Grunde den Tod Valens' mit keinem Wort erwähnte. Valens war, im Gegensatz zum weitaus orthodoxer denkenden Gratian oder Theodosius, den arianischen Christen durchaus eher wohlgesinnt gewesen, was den Bischof naturgemäß erzürnt haben musste. So bedauerlich der Tod des östlichen Kaisers für die Sicherheit des Reiches war, umso erfreulicher war dieser Tatbestand für Ambrosius' Pläne, eine Staatskirche zu errichten, und dazu natürlich eine, die die Definitionshoheit darüber hatte, was rechter Glaube war und was nicht.
Rheinberg entgegnete nichts und ließ den Bischof fortfahren.
»Dennoch gibt es noch andere kritische Entwicklungen im Reich, Entwicklungen, die durch Ihre Ankunft möglicherweise noch problematischer geworden sind«, kam Ambrosius langsam zum Punkt. »Sollten Sie mit Ihren Soldaten und den furchterregenden Waffen erfolgreich sein, werden Sie ohne Zweifel Männer von hohem Einfluss im Reich sein. Für mich
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