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Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Titel: Kaiserkrieger 2: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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Menschenleben zu akzeptieren.
    Die Katholische Kirche hatte ihn später heiliggesprochen, doch ganz unabhängig von dem, was man glaubte oder nicht, der Ambrosius, dem Rheinberg nun begegnen würde, war kein Heiliger. Er war eine Macht, eine kraftvolle Persönlichkeit voller Energie und ohne Zweifel jemand, der überzeugen konnte und wollte. Rheinberg wusste, dass der historische Gratian auf ihn gehört hatte, und mehr noch sein Nachfolger Theodosius, mit allen fatalen Konsequenzen, die das gezeitigt hatte. Die Einheit der Kirche, Ambrosius' größtes Ziel, hatten auch die religiösen Gesetze des Theodosius letztlich nicht herstellen können. Doch auf dem Weg dahin hatte man das Reich an den Rand des Bürgerkrieges getrieben und darüber hinaus.
    Eine Entwicklung, die Rheinberg gerne aus einem gänzlich anderen Interesse heraus verhindern wollte.
    Er sah auf, als drei Männer eintraten. Den ersten erkannte er sofort, es war das müde und junge Gesicht Gratians, der Rheinberg wie einem alten Bekannten ein Kopfnicken schenkte und sich mit leisem Stöhnen auf seinen Sessel niederließ. Der unermüdliche und fast unsichtbare Elevius kam sofort zum Vorschein und brachte dem sichtlich erschöpften Herrscher eine Stärkung.
    Auch den zweiten Mann hatte Rheinberg zumindest schon einmal gesehen: Es war der erst gestern eingetroffene Theodosius. Der zukünftige Feldherr des Ostens – und, wenn Rheinberg es verhindern konnte, niemals Kaiser Ostroms – wirkte gefasst und angesichts der plötzlichen Verantwortung ausgesprochen gesammelt. Er maß Rheinberg mit einem scharfen Blick. Der Korvettenkapitän wusste nicht, wie weit er von den anderen bereits über die potenzielle Zukunft des Reiches unterrichtet worden war, aber eines war klar: Theodosius, ein ausgesprochen frommer und überzeugter Trinitarier, war ein starker Verbündeter des Bischofs in dieser Runde. Es war keine große Anstrengung für Ambrosius gewesen, den späteren Kaiser davon zu überzeugen, dass übertriebene religiöse Toleranz das falsche Mittel war. Und Theodosius hatte diese Überzeugung mit großer Durchsetzungskraft verfolgt.
    Allerdings, so musste Rheinberg relativieren, hatte den Grundstein der junge Gratian gelegt und er würde damit in wenigen Jahren beginnen, wenn ihn niemand davon abhielt.
    Der dritte Mann war Ambrosius selbst, in einem bescheidenen Mönchsgewand bekleidet, das schief wirkende Gesicht in einem Ausdruck der Kontemplation erfroren, als wolle er für das anstehende Gespräch wie bei einem Kartenspiel die Mitspieler über seine Gefühle im Unklaren lassen. Auch er bedachte Rheinberg mit einem Kopfnicken, war ihm zuvor bereits einmal kurz vorgestellt worden und hatte sich damals ausgezeichneter Höflichkeit befleißigt. Rheinberg wappnete sich.
    Nachdem sich alle Männer gesetzt und die Diener leichte Speisen und Getränke gebracht hatten, ergriff Gratian das Wort.
    »Meine Herren, wie Sie alle bemerkt haben, löse ich das Lager auf und kehre ins westliche Kernland zurück. Unangenehme Informationen zwingen mich dazu, meine Aufmerksamkeit wieder meiner eigentlichen Domäne zuzuwenden. Selbst meinen geplanten Besuch in Ravenna werde ich verschieben müssen. Die Germanen sind wieder unruhig geworden und es ist an der Zeit, die Grenzsicherung zu intensivieren. Ich belasse einige Truppen unter dem Befehl von Theodosius, muss aber den Hauptteil der westlichen Armee mit mir nehmen. Der Feldherr wird, sobald wie möglich, in den Osten aufbrechen, um den Wiederaufbau der östlichen Streitkräfte zu leiten. Er genießt hier mein vollstes Vertrauen.«
    Rheinberg kommentierte den letzten Satz nicht. Er hielt sich noch nicht lange genug am Hofe auf, um die Feinheiten der politischen Machtströme zu begreifen, die sich hier unter der höflichen Oberfläche abspielten. Aber er meinte begriffen zu haben, dass einflussreiche Offiziere und Generäle wie Richomer, Victor und der bisher für ihn nicht sehr in Erscheinung getretene Saturnius stark für die Berufung des Theodosius plädiert hatten, stärker noch, als Gratian dies in den Besprechungen, denen Rheinberg beigewohnt hatte, zugeben wollte. Die dahinter liegenden Beweggründe vermochte er noch nicht zu erahnen, sie zeigten jedoch, dass der junge Kaiser bei der militärischen Führung immer noch nicht ausreichend bewiesen hatte, ob er als fähiger Anführer – und damit als legitimer Kaiser – gelten konnte oder nicht.
    Es war diese offensichtliche Bereitschaft des Kaisers, sich beeinflussen zu

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