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Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Titel: Kaiserkrieger 2: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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kann durchaus sein.«
    Er winkte Köhler, der dem Legionär den Jungen vorsichtig abnahm und ihn hinunter in seine Hängematte trug.
    »Tatsächlich habe ich die Absicht, einen Ingenieur aus ihm zu machen«, sagte Dahms nachdenklich. »Möglicherweise einen sehr mutigen Ingenieur.«
    Der Legionär sah dem Mann mit der Armbinde ratlos nach. Keine Ahnung, wovon da die Rede gewesen war. Dann runzelte er die Stirn. Er würde den Jungen auf jeden Fall im Auge behalten.
    Man konnte ja nie wissen.
     

 
     
21
     
    Fritigern sah den Mann an. Er war ein Bild des Jammers: verschwitzt, nach Urin stinkend, die Haare völlig wild, die Hände zitterten. Der Blick war unstet, sein Körper erbebte in unregelmäßigen Abständen, er sprach abgehackt, voller Angst in der Stimme. Das war kein hunnischer Krieger, der gnadenlos auf seinem Pferd gegen jeden erdenklichen Feind zu reiten bereit war, das war ein menschliches Wrack, ein Schatten seiner selbst. Der gotische Richter hatte niemals zuvor einen Hunnen gesehen, der dermaßen die Fassung verloren hatte, in keiner Niederlage, keiner verzweifelten Situation, bei keiner Bedrohung. Die Berichte, die er von den Überlebenden von Fastidas Gruppe bekam, waren oft wirres Zeugs, widersprachen sich und waren voller religiöser Andeutungen. Die Rede war von unsichtbaren Dämonenkräften, vom Zorn Gottes, seinem Richterschwert, das durch ihre Reihen gefahren war. Der Hunne, selbst kein Christ, sprach auch von Dämonen oder Geistern, die Pferde zerrissen und Schädel von den Schultern trennten, ohne dass eine Klinge oder ein Pfeil erkennbar gewesen wären. Allen sechs Heimkehrern – einer hatte sich auf dem Weg hierher völlig entgeistert und voller Angst selbst getötet – war gemeinsam, dass sie die einzigen Überlebenden waren und dass ihr Trupp einem furchtbaren, überwältigenden Gegner zum Opfer gefallen sein musste. Dies waren nicht die Ausreden von Feiglingen, die eine verlorene Schlacht aufbauschten und einen Feind übermächtig erscheinen ließen, um das eigene Versagen zu kaschieren. Was auch immer sie erlebt hatten, es hatte ihre Sinne verwirrt, tiefe Furcht ausgelöst und aus tapferen Kriegern weinende Wracks gemacht.
    Fritigern musste dies ernst nehmen.
    Er schickte den brabbelnden Hunnen heraus. Dies war der letzte der Überlebenden, den er gesprochen hatte. Seit dem ersten Gespräch hatte er nichts wirklich Neues dazugelernt. Nur eines war sicher: Wer auch immer eine einzelne römische Kavallerieeinheit auf dem Weg nach Thessaloniki begleitete, war eine neue, wichtige und die strategischen Überlegungen beeinflussende Macht, über die der gotische Führer dringend mehr erfahren musste.
    Er seufzte. Strategische Überlegungen. Als ob es solche tatsächlich gebe. Bisher hatte man sich noch nicht einmal darauf einigen können, was genau man mit dem völlig derangierten oströmischen Kaiser anfangen sollte, den man immerhin soweit wieder aufgepäppelt hatte, dass er in der Lage war, einigermaßen gesittet Speisen zu sich zu nehmen und gotische Frauen zu vögeln. Aber ob Valens tatsächlich noch ein wichtiges Unterpfand war, daran hatte Fritigern mehr und mehr Zweifel.
    Die Unfähigkeit der verbündeten Völker, die gut befestigten und reichhaltig mit Vorräten ausgestatteten oströmischen Städte und Garnisonen anzugreifen, ihre mangelnden Kenntnisse über Belagerungsmaschinen und, das war fast schon Fritigerns größte Sorge, ihre völlig unzureichende Disziplin, chaotische Hierarchie und große Autonomie einer Unzahl von Unterführern – all das war keine gute Grundlage für eine große Strategie. Alles, was Fritigern bisher geschafft hatte, war, den großen Heerkörper in Bewegung zu halten, auf dem Wege möglichst effektiv zu plündern und zu brandschatzen und darauf zu hoffen, dass diese Vorgehensweise die Römer möglichst schnell zu Zugeständnissen und zur Aufnahme neuer Verhandlungen führen würde.
    Was war das Ergebnis? Flavius Victor sammelte die oströmische Restarmee bei Thessaloniki und vom Westen her schickte sein Kaiser Gratian einen Haufen Dämonen, die mit Zauberwerk gute Krieger in heulende Weiber verwandelten.
    Fritigern hatte das Gefühl, als würden ihm die Fäden entgleiten.
    »Und? Was tun wir?«
    Der Richter hatte gar nicht bemerkt, dass Godegisel das Zelt betreten hatte. Der junge Adlige hatte alle Berichte der Überlebenden mitgehört und schien von dem Gehörten beeindruckt zu sein, jedenfalls wirkte er etwas blass um die Nase.
    »Setz dich«, bat

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