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Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Titel: Kaiserkrieger 2: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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allein hob ihre Laune ganz erheblich.
    Sie beschloss, ihr Glück als Erstes bei einem alten Freund ihres Vaters zu suchen. Senator Lucius Tullius Severus war nicht nur ein altehrwürdiges und hoch angesehenes Senatsmitglied, er hatte auch eine militärische Karriere hinter sich, volle 25 Jahre, angefangen aus einfachen Verhältnissen. Michellus nannte ihn manchmal scherzhaft »unseren Diokletian«, da die Karriere des Severus in der Tat an den Aufstieg des großen Reformkaisers erinnerte, der sich ebenfalls vom Legionär zum Kaiser emporgearbeitet hatte.
    Severus war steinalt, über 80. Aber er hatte einen wachen Geist und vor allem: Kontakte ins Militär, da zahlreiche junge Rekruten, die unter ihm begonnen hatten, es mittlerweile in einflussreiche Positionen geschafft hatten. Außerdem hatte der alte Lüstling eine Schwäche für junge Mädchen, der er allerdings aufgrund seines gebrechlichen Zustandes nur noch platonisch frönen konnte. Julia gedachte, dies schamlos auszunutzen.
    Das Kleid, das sie unter dem weiten Umhang trug, sollte dazu einen wesentlichen Beitrag leisten. Es präsentierte eine fest gewebte Brustfläche, stilistisch einem Brustharnisch der Legion nachempfunden, in der Mitte geschlitzt, sodass Severus tiefe Einblicke in Verheißungen erhalten würde, die er nur noch theoretisch zu schätzen verstand. Ein breiter Gürtel umschlang ihre Hüften, danach fiel der Stoff in feinen Bahnen und würde bei jeder Bewegung Julias schlanke Beine in höchst gefälliger Form enthüllen. Julia wusste ganz genau, welche Bewegung welchen Effekt hervorrufen würde. Als sie das Kleid anprobiert und sich des gewünschten Eindrucks vergewissert hatte, schickte sie einen Sklaven voraus, um ihr Kommen anzukündigen. Sie wusste, dass Severus in der Stadt war, und sie wusste auch, dass er um diese Uhrzeit normalerweise keine Besucher empfing.
    Bei Julia würde er aber, dessen war sie sich sicher, eine Ausnahme von der Regel machen.
    Kurz danach machte sie sich auf den Weg. Sie reiste standesgemäß: Sänfte und Leibwache, allen voran ein kräftiger Haussklave, der dafür sorgte, dass die Träger freie Bahn hatten. Es war fast Mittag und die Straßen Ravennas waren überfüllt mit Passanten und dem gelegentlichen Reiter.
    Es waren auffallend viele Legionäre im Stadtbild zu sehen, seit den Vorfällen am Hafen hatte man die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Niemand fühlte sich deswegen wirklich sicherer, es waren schließlich oft genug die Soldaten selbst, die Leute festhielten, scheinbar kontrollierten, aber in Wirklichkeit ein paar Sesterzen erwarteten. Zahlte man nicht, durfte man sich auf einen sehr langwierigen und sehr gründlichen Kontrollprozess einrichten, bei dem sich mit Sicherheit ein verdächtiger Umstand fand, der den Preis, den man für ein Ende der Prozedur zu zahlen hatte, deutlich in die Höhe trieb. Es war gut, in diesen Zeiten entweder möglichst arm und abgerissen auszusehen – dann wirkte man offenbar völlig unverdächtig und kam nicht in den Genuss der Aufmerksamkeit – oder, wie Julia, in einer Sänfte zu sitzen. Es gab Grenzen, die auch Legionäre nicht überschritten, da sie sonst großen Ärger bekommen konnten.
    Julia blieb völlig unbehelligt. Das Einzige, was aufdringlich war, war der Gestank der Stadt, dieses unnachahmliche Dung- und Abfallaroma. Die Bettler, die es bis zur Sänfte wagten, wurden von Julias Sklaven abgefertigt. Es sprach für die Senatorentochter, dass diese Abfertigung nicht aus ein paar wohl platzierten Schlägen, sondern aus einer Handvoll Münzen bestand.
    Als sie die Stadtvilla des Severus erreicht hatten, wurde klar, dass sie bereits erwartet wurden. Die Tore öffneten sich und die Sänfte konnte ungehindert passieren. Als sich die Flügel hinter ihr schlossen und Julia der Sänfte entstieg, war es, als wäre sie in einer anderen Welt angekommen. Der schöne Garten mit den Herbstblumen und den sauber geschnittenen Hecken, der plätschernde Springbrunnen – eine Atmosphäre von Ruhe und Gelassenheit erfüllte das Anwesen des Severus.
    Der alte Mann wartete bereits auf sie, gestützt von einem Sklaven, der kaum jünger war als der Senator. Severus' Frau war vor drei Jahren gestorben – nach allgemeiner Ansicht eine Tatsache, die wesentlich zur Verjüngung und Revitalisierung des Mannes beigetragen hatte. Seine Söhne und Töchter, über deren Gesamtzahl unterschiedliche Schätzungen bestanden, waren alle außer Haus, verheiratet oder mit ihren Karrieren befasst.

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