Kaiserkrieger 2: Der Verrat
Kein Wunder, dass der alte Senator den Besuch der hübschen Tochter des Michellus als höchst willkommene Abwechslung betrachtete.
Sehr willkommen, in der Tat, wenn man den Blick des Severus zu deuten vermochte, als Julia ihren Umhang öffnete und so tat, als wäre ihr etwas zu warm. Die Eile, mit der er sie ins Innere bat, wo die Fußbodenheizung des edlen Anwesens sie bestimmt dazu animieren würde, das störende Kleidungsstück ganz abzulegen, sprach ebenfalls dafür. Julias Auftritt war überzeugend.
»Was kann ich für die reizende Tochter meines guten Freundes Michellus tun«, meinte Severus schließlich, als er sich genügend lange von Julias offensichtlichen Vorzügen überzeugt hatte.
»Es geht um eine militärische Angelegenheit, geehrter Vater.«
Severus' Augen blitzten. Eine junge Frau in einem Kostüm, das wie eine idealisierte Rüstung aussah, befragte ihn zu militärischen Angelegenheiten. Sein Seufzen klang, als würde er sich insgeheim wünschen, zumindest 30 Jahre jünger zu sein. Oder 20.
Bei Jupiter, zehn Jahre würden bereits helfen.
»Sprich, liebe Julia.«
Die Senatorentochter hatte beschlossen, offen zu sein. Volkert und sie waren ja ohnehin bereits zum Stadtgespräch geworden, zumindest im Bekanntenkreis der Familie. Severus hatte sicher auch schon davon gehört, wenngleich er aufgrund seiner eigenen in diesem Felde höchst bewegten Vergangenheit sicherlich grundsätzliches Verständnis aufbrachte. So erzählte ihm Julia alles, was er ihrer Ansicht nach wissen sollte, und kam letztlich zum Kern ihres Anliegens.
»Ihr habt doch noch viele Kontakte in hohe Kreise. Ich möchte zuerst einmal herausfinden, wo Thomas gelandet ist, und dann wäre es gut, wenn wir ihn aus dem Dienst befreien könnten.«
Severus wurde unvermittelt ernst.
»Das ist nicht ganz so einfach, meine Taube.«
»Ich habe Geld! Einen großen Beutel voller …«
Der Alte hob die Hand. »Es geht hier weniger um Geld, wenngleich das natürlich nie schaden kann. Es geht darum, dass, wenn ich das richtig verstehe, dein Geliebter inkognito ist. Niemand weiß, woher er kommt und unter welchem Namen er in die Soldliste aufgenommen worden ist. Hätte er sich zu erkennen gegeben, wäre er bereits an die Besucher ausgeliefert worden. Das macht die Suche sehr, sehr schwierig. Eine Beschreibung allein nützt uns nichts. Ich weiß nur, wann er wo rekrutiert wurde, dieses Schicksal wird er letztlich mit vielen anderen teilen, da die Rekruten alle zur Ausbildung zusammengezogen werden. Außerdem ist er wahrscheinlich schon nicht mehr im Ausbildungslager, da der Personalbedarf erheblich ist. Er wird bereits auf dem Weg zu seiner Legion sein. Und das kann überall im Westen, je nach Entwicklung der militärischen Lage auch im Osten sein.«
Julia spürte, wie ihre Hoffnung sank. Ihre Entschlossenheit verwandelte sich in Verzweiflung und sie kämpfte gegen die aufkommenden Tränen heran.
»Es muss doch etwas geben, was ich tun kann«, sagte sie nun mit erstickter Stimme, sichtlich um ihre Fassung ringend.
»Nun, nun, meine Taube«, sagte Severus etwas hilflos. »Nicht gleich aufgeben! Ich verspreche dir, dass ich tun werde, was ich kann. Ich werde meine Kontakte spielen lassen und versuchen, die Spur aufzunehmen. Einen Rat kann ich dir schon geben: Wenn er in dieser Gegend rekrutiert wurde, war sein erster Aufenthalt unter Garantie im Lager meines alten Weggefährten Tribun Ercatus. Es liegt nicht weit von hier …«
»Ich weiß, ich habe von dem Lager gehört. Ich war sogar da, nachdem sie Thomas geschnappt hatten. Doch niemand erlaubte mir Einlass.«
Severus winkte. Aus dem Halbdunkel trat ein Sklave, neigte den Kopf vor und ließ sich vom Senator etwas ins Ohr flüstern. Augenblicke später brachte er Papyrus und Feder. Severus kritzelte etwas nieder, holte seinen Siegelring hervor und erhitzte Wachs. Dann drückte er sein Siegel auf die Notiz und rollte den Papyrus zusammen.
»Hier, Täubchen, das wird dir Einlass gewähren. Aber ich glaube nicht, dass deine Eltern dir gestatten werden …«
»Das ist meine Sorge«, unterbrach ihn Julia und nahm die Rolle entgegen. Severus war weise genug, das Thema nicht weiter zu verfolgen.
»Ich werde meine eigenen Erkundigungen anstellen«, versprach er schließlich erneut. »Das wird etwas Zeit in Anspruch nehmen. Triff mich wieder in drei Wochen, dann habe ich sicher etwas mehr erfahren. In jedem Falle kannst du zum Lager reisen und selbst nachfragen, wenngleich es sehr schwer sein
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