Kaiserkrieger 2: Der Verrat
Zweiten schlossen. Immer noch halb ungläubig beobachtete Volkert, wie die endlosen Drills und Disziplinierungen jetzt zu funktionieren schienen. Eine plötzliche, wilde Freude überkam ihn. Es funktionierte! Er hatte die größte Katastrophe abgewendet!
Es war absolut unglaublich.
Der Ansturm der Angreifer ließ nach, doch immer noch rannten einige Dutzend in wilder Entschlossenheit auf sie zu.
»Die Kohorte rückt vor! Zwei Schritte! Drei! Vier! Eins! Zwei …«
Die Stimme Volkerts riss sie alle vorwärts. Mit harten Schritten bewegte sich die Phalanx auf die Barbarenhaufen zu.
»Rom! Roooooom!«, brüllte Volkert wild. Sein Schwert zuckte hoch. Die Phalanx fiel in einen Trott, die Speere schnellten vor, die Klingen zerteilten Angreifer wie Filetstücke. Die wilden Angriffsrufe der Barbaren verwandelten sich mehr und mehr in Wut- und Angstgeheul und alle spürten es: Die Barbaren waren gebrochen!
Es dauerte keine weiteren fünf Minuten, da lösten sich die ersten Angreifer vom Kampf und zogen sich rennend zurück. Unwillkürlich spürte Volkert den Drang, hinter den Fliehenden herzueilen, und er war da nicht der Einzige, doch dann fasste er sich, behielt einen kühlen Kopf. Jetzt nicht den Sieg verspielen.
»Die Kohorte bleibt in Formation! Die Kohorte hält!«, schnitt sein Befehl durch den abebbenden Kampfeslärm. Wie befohlen kamen die Männer zum Stillstand, wild atmend, blutüberströmt. Einige senkten zitternd die Waffen, um daraufhin von einem Dekurio scharf zurechtgewiesen zu werden, oder starrten den nun in heller Panik davonrennenden Barbaren hinterher, die sich in die neblige Dunkelheit eines gerade anbrechenden Morgens retteten.
Euphorie, Hochgefühl, Stolz ebbten ab. Die Adrenalinschübe, die Volkert hochgepeitscht hatten, ließen nach. Er sah zu Boden und blickte direkt in das Gesicht eines toten Angreifers, eines Mannes, nein, eines Jungen, keine 16 Jahre alt, mit aufgerissenen Augen und einem blutigen, zerfetzten Oberkörper.
Sehr undiszipliniert erbrach sich Volkert, krümmte sich über der Leiche des Jungen. Jemand hielt seine Schulter und kein Dekurio brüllte ihn an, niemand sagte noch etwas.
Sie hatten gesiegt.
Die Erkenntnis der bestandenen Feuerprobe drang nur langsam in das Bewusstsein aller. Als sie in das halb verwüstete Lager zurückkehrten, zwang Volkert sie, in Formation zu bleiben. Er schritt die erschöpften und dreckigen Männer ab und nickte ihnen schließlich zu. Dann schaute er, wem er das Kommando wieder zurückgeben konnte, fand einen Dekurio, der ihn ungläubig, aber doch mit gewisser Dankbarkeit ansah, und nahm den Helm des Latinus ab.
Er war ihm zu groß, trotz alledem.
Kein Wort mehr, nicht eines. Doch als der Dekurio sich abwandte, um den Wiederaufbau des Lagers zu organisieren – an einen sofortigen Abmarsch war beim besten Willen nicht zu denken –, sah Volkert Stolz in den Gesichtern vieler Rekruten aufblitzen, selbst bei jenen, die wie er selbst in den Dienst gepresst worden waren. Doch erkannte Volkert auch, wahrscheinlich bewusster als viele der anderen, die noch siegestrunken waren, welchen Preis sie für diesen Triumph gezahlt hatten. Die Verwundeten wurden zusammengetragen, zumindest jene, bei denen noch eine Aussicht auf Heilung bestand. Kameraden halfen Kameraden beim Verbinden von Wunden. Dann erblickte Volkert mit Entsetzen, wie ein Dekurio sein Schwert in den Brustkorb eines Legionärs senkte, der laut schreiend und hustend am Boden gelegen hatte, seine Hände vor die aus seinem aufgeschnittenen Unterleib hervorquellenden Gedärme verkrampft. Sein Gesicht war dabei unbeweglich, wie aus Stein gemeißelt, und Volkert wollte nicht wissen, wie oft er diesen letzten Dienst bereits geleistet hatte. Weitere Male zuckte das Schwert des Mannes vor, als er über das kleine Schlachtfeld marschierte, begleitet von einigen der überlebenden Veteranen, und Schwerverletzte, egal ob Römer oder Barbaren, mit schnellen, gezielten Hieben von ihren Leiden erlöste. Dies war ebenso kalte Effizienz wie die Schlacht selbst. Erneut wurde es Volkert übel und schwarze Ringe kreisten vor seinen Augen.
Auch die anderen Rekruten hatten mittlerweile das grausige Schauspiel bemerkt, hielten in ihrem Tun inne und vielen wurde bewusst, dass diese Männer ihnen eine Arbeit abnahmen, zumindest dieses eine Mal, die auszuführen sie selbst in Zukunft verpflichtet sein würden. Volkert musste daran denken, wie er einen verletzten Simodes töten müsste, und der Gedanke allein
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