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Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Titel: Kaiserkrieger 2: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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dass sich die Römer diesmal nicht einfach so hinter den Stadtmauern verstecken würden. Dafür war die Stimmung zu optimistisch. Es wurde zu viel gelacht. Die Legionäre zeigten zu wenig Vorsicht oder Angst, selbst frische Rekruten, ja, in den Dienst Gepresste taten so, als wäre der Sieg über die gotische Bedrohung nur noch eine Frage der Zeit.
    Er begann, mehr von alledem zu verstehen, zwei Tage, nachdem Rechiar abgereist war. Die Römer hatten begonnen, die Legionäre einem harten Drill zu unterziehen. Die Tavernen, die er vormals besucht hatte, um die gelangweilten Soldaten zum Sprechen zu bringen, waren plötzlich verwaist gewesen. Godegisel hatte rasch davon gehört, dass die römischen Truppen vor den westlichen Toren mit dem Exerzieren begonnen hatten. Es war Zivilisten verboten, die Stadtmauern zu erklimmen und das Schauspiel zu beobachten, und auch die Tore der Stadt blieben während der Übungen verschlossen. Es war klar, dass die Militärführung kein Interesse daran hatte, allzu viele Informationen an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Doch Godegisel spürte, dass er hier den Kenntnissen auf der Spur war, die er dringend benötigte. Obgleich der Vorrat an Gold in seinen Taschen bereits bedrohlich zur Neige gegangen war, konnte er durch die Sammlung bei seinen Weggefährten noch einmal genügend Solidi aufbringen, um die Bestechlichkeit der Römer zu seinem Vorteil zu nutzen. Er fand ein Gebäude in der Nähe der Stadtmauer, dessen Dachfirst etwa auf gleicher Höhe wie die Mauer selbst war. Dies würde ihm einen, wenngleich begrenzten Blick auf das Feld davor ermöglichen, und gleichzeitig wäre er weit genug von den Mauern entfernt, um nicht unnötig die Aufmerksamkeit von Wachen auf sich zu lenken. Den Besitzer des Hauses, einen grimmigen Vermieter, konnte er durch klingende Münze überzeugen, ihm Zugang zu gewähren. Und so richtete sich der Gote eines Morgens auf einen langen Tag auf dem kühlen und windigen Dach des Gebäudes ein.
    Er beobachtete, wie die römischen Truppen in Formation herausmarschierten. Es sah so aus, wie er die römische Armee kannte: Die Schlachtordnung war klassisch und die Truppen in ordentlichen Einheiten aufgestellt. Godegisel schätzte, dass die Römer hier über rund 15.000 kampffähige Männer verfügten und großartige Verstärkungen waren seinem Wissen nach nicht eingetroffen. 15.000 Mann waren eine formidable, aber durchaus zu schlagende Streitmacht, vor allem, da fast alle Veteranen von Adrianopel waren, wo die Römer 40.000 Soldaten aufgeboten hatten. Der Anblick der anrückenden Goten würde normalerweise dazu führen, die Moral sinken zu lassen. Tatsächlich würde kein römischer Feldherr, der einigermaßen bei Trost war, den immer noch rund 40.000 gotischen Kriegern nur 15.000 Legionäre entgegenstellen. Godegisel hatte eine Menge über den Heermeister Flavius Victor gehört und keine der Geschichten deutete auch nur im Entferntesten an, dass der alte Mann verrückt war. Dennoch sah es tatsächlich so aus, als würden die Römer die Absicht haben, den heranrückenden Goten die Schlacht anzubieten. Für Godegisel war dies unverständlich, allerdings nur zu Beginn. Da er die Wunderwaffen der Fremden nie selbst in Aktion gesehen hatte, konnte keine auch noch so deutliche Schilderung ihm genügen, um die Tragweite dieser Neuerung richtig zu begreifen. Da die Fremden sich bei dem Manöver nicht blicken ließen, half ihm deren theoretisches Eingreifen auch nicht, um zu verstehen, was er da beobachtete.
    Erst als der zweite Teil der Manöver begann, dämmerte es dem Goten.
    Ein Hornsignal ertönte. Godegisel kannte es, es war normalerweise das Zeichen zu einem Sturmangriff. Doch anstatt mit entschlossenen Schritten auf den imaginären Feind zuzumarschieren, passierte etwas Unvorhergesehenes. Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete der Gote, wie die eben noch einwandfreie und tadellose römische Formation sich auflöste. Das scheinbare Chaos entpuppte sich als wohl orchestrierte Rückzugsbewegung: Die Truppen eilten auf die Stadttore zu, jedoch nicht auf direktem Wege. Erst rannten sie in breiter Front direkt an die Stadtmauer.
    Godegisel verlor sie dann aus dem Blick, aber als die Soldaten in zwei Einerkolonnen durch die Tore in die Stadt strömten, wusste er sofort, was sie getan hatten: Erst als sie möglichst flach an die Stadtmauer herangekommen waren, hatten sie sich zu den Toren bewegt. Zusammen mit den Geschichten um die fremden Wunderwaffen bedeutete

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