Kaiserkrieger 4: Der Aufstand
ersten Tages kamen sie in einem Dorf an, das direkt an der Straße lag. Es war eine relativ karge Gegend und die vorherrschende Einnahmequelle der Dorfbewohner schien die Viehwirtschaft zu sein – jedenfalls dem Gestank nach zu urteilen, der ihnen entgegenschlug, als sie das einzige größere Gebäude der Ansiedlung betraten und den Dorfvorsteher um ein Nachtlager baten. Das Siegel des Statthalters zeigte seine erhoffte Wirkung, und da die Reisenden ihre eigenen Vorräte mitgebracht hatten und den ärmlich wirkenden Dörflern somit nicht auf der Tasche lagen, war man durchaus willkommen. Draußen bei den Eseln wurden Lagerfeuer entzündet, denn die Treiber würden bei ihren Tieren im Freien nächtigen.
Nach einem einfachen, aber sättigenden Abendessen gesellte sich Neumann zu Köhler, der vor der Tür des Hauses stand und in den nächtlichen Himmel blickte.
»Wir müssen uns genauer überlegen, wie wir vorgehen wollen, wenn wir in Aksum sind«, sagte der Arzt schließlich nach einigen Minuten gemeinsamen Schweigens.
»Ich denke, dass unser Vorgehen recht klar ist«, erwiderte Köhler. »Wir fragen den Kaiser um Erlaubnis, nach der Kaffeebohne suchen zu dürfen. Oder, noch besser, jemand bei Hof kennt die Pflanze bereits und wusste nur nicht, was man mit ihr machen kann. Dann sprechen wir über den Anbau und machen einen Vertrag – und spätestens im nächsten Jahr nehmen wir die erste römische Kaffeerösterei in Betrieb.«
»Sie denken immer praktisch, Köhler«, erwiderte Neumann lächelnd. »Aber hier geht es nicht nur um unsere Sehnsucht nach Koffein, sondern auch um Politik. Ich habe mich zusammen mit Africanus umgehört. So einfach wird es nicht werden.«
»Was haben Sie erfahren?«
»Der aktuelle aksumitische Kaiser ist ein alter Mann und hat seinen Palast seit Jahren nicht mehr verlassen. Jeder kennt seinen wahrscheinlichen Nachfolger, einen jungen Mann namens Ouazebas. Ich habe in den Unterlagen des Kapitäns nicht viel zur aksumitischen Geschichte gefunden, daher sagt mir der Name nur wenig. Tatsache ist, dass Ouazebas mit jedem Jahr an Macht gewinnt und schon heute zu vielen Gelegenheiten für den Kaiser spricht. Er ist derjenige, mit dem wir auf jeden Fall neben dem Kaiser sprechen müssen.«
Köhler zuckte mit den Schultern. »Gut, dann tun wir das.«
Neumann lächelte und schüttelte den Kopf. »Viele wollen mit ihm in Kontakt kommen und seine Gunst erlangen. Selbst unter unseren Geschenken ist eine große Schatulle mit seinem Namen darauf. Auch der Statthalter von Adulis will sein Freund sein.«
»Und?«
»Wer solche Macht hat, der hat auch Feinde. Wenn der Kaiser auf Anraten seines prädestinierten Nachfolgers unseren Bitten gnädig gegenüber eingestellt ist, machen wir das ganze Vorhaben automatisch zu einem Teil des politischen Spiels, das hier abläuft – vor allem dann, wenn dahinter tatsächlich die beträchtlichen finanziellen Einnahmen stehen sollten, die wir erwarten und mit denen wir wortreich werben werden.«
Für die Zeitreisenden bestand kein Zweifel, dass eine Droge wie Koffein auch im Römischen Reich auf großen Zuspruch stoßen sollte. Im Gegensatz zum Alkohol würden auch die moralischen Vorbehalte eher gering sein, nicht einmal die so kritische Kirche konnte viel dagegen vorbringen. Wenn man Produktion und Vertrieb gut überlegte und organisierte, stand man vor einem gigantischen Geschäft, das sowohl jenen, die darin arbeiteten, wie auch dem Staat mannigfache Einnahmen ermöglichen würde. Wären sie nicht von dieser Perspektive überzeugt, hätte Rheinberg niemals seine Zustimmung zu dieser Expedition gegeben.
»Also müssen wir vorsichtig sein«, schloss Köhler.
»Überaus vorsichtig. Es geht hier auch um die Beziehungen zwischen Aksum und Rom. Die Leute hier sind nicht dämlich. Sie wissen, wer wir sind. Unser Ruf eilt uns sozusagen voraus. Und dass wir eng mit dem Heermeister Roms verbandelt sind, ist sicher auch schon bekannt geworden. Ob wir es wollen oder nicht, wir spielen hier eine diplomatische Rolle.« Für einen Moment verzog der Arzt das Gesicht und schaute sinnierend in die flackernden Feuer der Treiber. »Deswegen ist es ja auch so tragisch, dass Latius tot ist. Gerade aufgrund dieser diplomatischen Akzente wäre sein Rat von hohem Wert gewesen. Jetzt müssen wir dilettieren, und das gefällt mir nicht besonders.«
»Diese Sache mit Latius …«, griff der Unteroffizier das Thema auf, »… da gefällt mir irgendwas nicht.«
»Mir gefällt daran
Weitere Kostenlose Bücher