Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
Worten entnehmen durfte, seid auch Ihr Nachbarn Roms«, fuhr Neumann fort.
»So ist es. Unser Reich liegt südlich der afrikanischen Provinzen. Die nächste größere römische Stadt ist Leptis Magna. Ich bin eine weite Strecke gereist, um bis nach Aksum zu kommen. Zum Glück dürfen wir die römischen Straßen und Wasserwege benutzen. Die Hauptstadt unseres kleinen Königreiches ist Garama.«
»Ich kenne Euer Reich«, sagte nun Africanus und neigte grüßend den Kopf. »Rom und Garama sind seit vielen Jahrhunderten friedliche Nachbarn. Es hat schon lange keinerlei kriegerische Auseinandersetzungen mehr zwischen uns gegeben.«
»Die letzte noch zu Zeiten der Republik«, erklärte Sholba. »Der von mir bereits so freundlich erwähnte Balbus war damals entsandt worden, um das wilde Treiben unserer Vorfahren einer näheren Begutachtung zu unterziehen. 15 Städte eroberte er. Wir hielten es danach für sinnvoll, einen Friedensvertrag mit Rom zu schließen und die Grenzen der afrikanischen Provinzen zu respektieren. Hat uns nicht geschadet.«
Neumann hörte dem Gespräch mit großen Augen zu. Niemals zuvor hatte er von diesem Reich gehört, über das der Prinz nun allerlei erzählte. Der Reichtum Garamas basierte offenbar sowohl auf der Landwirtschaft, die sie intensiv mit viel Sklavenarbeit betrieben, wie auch auf dem Handel vor allem mit Rom, aber auch mit jedem anderen, der sich anbot. Auch Aksum war den Garamanten nicht zu weit und die Vertrautheit, mit der Mehadeyis Sholba vorgestellt hatte, ließ darauf schließen, dass Handelsmissionen bis in den Osten Afrikas keinesfalls unüblich waren.
»Also seid Ihr schon lange unterwegs?«, fragte Neumann. Er hatte gehofft , aktuellere Informationen über das zu erhalten, was sich in Rom abspielte.
»Monate«, bestätigte der Prinz. »Als ich aufbrach, erfuhr unser Hof gerade von der Ankunft der Zeitenwanderer und ihrer wundersamen Gerätschaften. Was danach passiert ist, habe ich auf dem Weg hierher aufgeschnappt. Tatsächlich wusste ich schon vor meiner Ankunft in Aksum, dass Ihr hierher gereist seid. Ich war kurz in Alexandria, rein geschäftlich. Diese Schiffskonstruktion, mit der Ihr angekommen seid, ist dort noch in aller Munde.« Er hob bedauernd die Hände. »Ich kann das nicht beurteilen. Schiffe waren noch nie das Metier der Garamanten. Wir ziehen Kamele und Pferde vor. Sie dienen uns besser.«
Neumann machte nicht den Fehler, von der saharischen Wüste zu schwadronieren, denn er wusste es mittlerweile besser. Die Nordküste Afrikas bis weit hinein in das, was zu seiner Zeit die Sahara war, galt zu dieser Zeit als Agrarland, nicht perfekt, aber durchaus für den Anbau geeignet.
Das Meer aus Sand, in dem die Nachfahren der Garamanten lebten, gab es so noch nicht. Neumann fragte sich, was die modernen Berber seiner Zeit wohl zur Lebensweise ihrer Vorfahren sagen würden. Er bezweifelte, dass sie sich ihrer eigenen, ruhmreichen Vorgeschichte überhaupt bewusst waren.
»Sehr viel mehr Neues als mein hochedler Freund hier …«, der Prinz wies auf Mehadeyis, »kann ich Euch über die Vorkommnisse in Rom nicht berichten. Ich weiß nur, dass es eine große Unruhe gibt, dass Bürgerkrieg herrscht und offenbar mehr als ein Mann den Purpur für sich beansprucht. Die afrikanischen Provinzen sind scheinbar ruhig, doch ich kenne die Statthalter ein wenig und irgendwas geht auch dort vor. Es würde mich nicht wundern, wenn Afrika über kurz oder lang in die Wirren einbezogen wird.«
Sholba verzog das Gesicht und beugte sich vor. »Das ist für uns nicht gut. Wir Garamanten sind vor allem Händler. Wir verkaufen unsere Ernteprodukte und erwerben dafür römische Waren, vor allem viele Dinge des täglichen Gebrauchs, Haushaltswaren, aber auch Luxusgüter für den Hof. Rom ist unser wichtigster Handelspartner, entweder als Abnehmer unserer Waren oder als Durchgangsland des Handels mit dem Osten. Alles, was Rom schmerzt, schmerzt uns ebenso. Wir beobachten die Vorgänge mit einer gewissen Hilflosigkeit. Auch mein guter Freund Mehadeyis hier ist zwar nicht halb so von Rom abhängig wie wir, aber soweit ich ihn verstanden habe, sind Turbulenzen an der Nordgrenze für Aksum keine erfreuliche Aussicht.«
Der aksumitische Kaiser machte eine zustimmende Geste.
»Wir haben nie mit Rom Krieg geführt und es gibt derzeit nichts, worüber wir zu streiten hätten«, erklärte der alte Mann. »Unsere Interessen sind dort komplementär, wo es um den Handel geht wie auch um
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