Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
Als sein Blick auf Sedacius fiel, bemerkte er, dass dieser verwirrt schien, ängstlich fast, wohl, weil er nicht wusste, auf wen sich die Aussagen des Kaisers bezogen, falls sie überhaupt einen bestimmten Menschen zum Ziel hatten.
Das hatten sie, wie Volkert nur zu gut wusste.
Er verschloss sein Herz. Er hätte das Gleiche gerne mit seinen Augen getan, aber er zwang sich zur Aufmerksamkeit. Er musste alles sehen. Es gehörte zu den Konsequenzen seines Handelns. Vielleicht würde er sich danach besser fühlen. Wahrscheinlich jedoch eher nicht.
Theodosius machte eine seltsame Geste. Bewegung erfüllte den Raum. Durch die verschiedenen Eingänge des großen Feldherrenzeltes marschierten Legionäre hinein, schweigend, mit verschlossenen Gesichtern, die Schwerter gezogen. Sie mussten darauf gewartet haben, dass der Kaiser ihnen signalisierte. Es waren gut 40 Mann, die die Tafel umstellten, die Augen wachsam auf die Sitzenden gerichtet. Es waren keine Zeitenwanderer dabei. Volkert wusste, dass die Deutschen sich aus diesen Dingen heraushielten, wenn es nur irgendwie möglich war.
Wie schade, dass dies für ihn nicht gelten konnte.
Die Offiziere saßen regungslos da und musterten sich gegenseitig. Viele wirkten nervös. Unschuldig zu sein, musste hier gar nichts heißen. Unschuld war Definitionssache, ein fließendes Konzept, ständigen Anpassungen unterworfen. Und des einen Unschuld war des anderen Schuld. Vielleicht nutzte der Imperator diese Gelegenheit ja auch, ein paar alte Rechnungen zu begleichen?! Niemand konnte sich wirklich sicher fühlen.
Volkert blickte auf Richomer, der neben Theodosius saß und entspannt wirkte – aufmerksam zwar, aber entspannt. Volkert sah, dass die Soldaten zu Richomers Leibgarde gehörten. Es waren ausgesuchte Männer. Theodosius hatte dem General sein Vertrauen geschenkt. Wenn jemand an diesem Tisch nichts zu befürchten hatte, dann der junge General.
Volkert holte langsam tief Luft. Nur nicht auffallen. Gott, er war selbst ein Verräter. Wer weiß, vielleicht war es nur opportun …
»Sedacius, mein Freund.«
Alle Blicke richteten sich auf den Mann, der sichtlich um Fassung bemüht war. Er wandte den Kopf langsam um, sah den Kaiser an, und jetzt erkannte Volkert im Habitus des Offiziers nicht mehr Angst, sondern Gewissheit, vor allem die Erkenntnis, dass er das große Spiel, das er hatte spielen wollen, soeben verloren hatte. Volkert kam nicht umhin, ihn für seine Haltung zu bewundern. Er kam kein Flehen und keine Falschheit über die Lippen des Mannes. Theodosius sah ihn zwingend an, dann winkte er erneut. Die Legionäre hinter dem Stuhl des Entlarvten legten ihm die Hand auf die Schulter, ebenso seinen beiden Begleitern.
Es wurde kein Wort gewechselt. Die drei Offiziere erhoben sich, verbeugten sich knapp vor Theodosius, der weder die Haltung eines Triumphators zeigte noch Wut ausstrahlte, nur kalte, unbarmherzige Entschlossenheit.
Die drei Männer wurden herausgeführt. Volkert atmete aus, merkte erst jetzt, dass er die ganze Zeit über die Luft angehalten hatte. Niemand blickte ihn an. Keiner wusste, außer vielleicht Richomer, dass er es gewesen war, der für die Aufdeckung der Pläne des Abgeführten verantwortlich zeichnete.
Er hoffte, dass dies auch so bleiben würde.
Es gab keinen Zweifel am Schicksal der drei Männer – und vieler weiterer, die zum engsten Verschwörerkreis des Sedacius gehörten. Sie würden noch in dieser Nacht die Wahl bekommen, mit dem Schwert gerichtet zu werden oder sich selbst zu richten. Sedacius, dessen war sich Volkert sicher, würde die letztere Alternative wählen. Er war römischer Offizier und kein Feigling. Das würde ihm bis zuletzt niemand nehmen können.
Zwei Ausnahmen gab es. Sie hießen Thomasius und Secundus. Volkert hatte sich für Secundus verwendet. Es hatte geholfen. Aber Secundus würde von nun an unter Beobachtung stehen und würde sich neu beweisen müssen. Volkert hatte seine Loyalität unter Beweis gestellt und nichts dafür gefordert. Theodosius hatte dies mit einem seltsamen Blick quittiert, als ob Volkert für ihn nicht die Art von Verräter gewesen sei, die er normalerweise erwartete.
Volkert wusste selbst nicht, was er erwartete – von sich oder von dem, was nun geschah.
Als die drei Offiziere abgeführt worden waren, verschwanden die aufmarschierten Legionäre. Erleichterung machte sich breit, eine fast schon hysterisch gelöste Stimmung. Als sei nichts geschehen, wurde der zweite Gang aufgetragen. Es gab
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