Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
Reisende aus der groben Richtung Thessalonikis wurden bereits weit vor den Stadtmauern durch patrouillierende Legionäre abgewiesen. Nach den Vorschlägen des medizinischen Personals war außerdem eine große Rattenjagd ausgerufen worden. Rheinberg selbst hatte eine Prämie für jede getötete Ratte ausgelobt. Die gesamte Bevölkerung der Stadt, vor allem die Bewohner der ärmeren Viertel, hatten daraufhin mit großem Feuereifer begonnen, sich diese kleinen Geldsummen zu verdienen – die sich für manche der Jäger zu einem ordentlichen Batzen sammelten. Straßenjungs waren besonders erfolgreich bei der Jagd, da ihnen die Ecken, in denen sie ihre Opfer finden konnten, gut bekannt waren. Es war kein seltener Anblick, einen stolzen Zehnjährigen mit an einem Faden aufgeschnürten Rattenleichen zu einer der Sammelstellen wandern zu sehen. Dort bekam er nicht nur seinen Obolus, dort wurden die Tierleichen auch sofort in kleinen, hastig aus Steinen zusammengebastelten Krematorien verbrannt.
Das Jagen und Töten von Katzen wurde unter Verbot gestellt. Das Füttern ebenso. Sie sollten ihren Beitrag zur Eindämmung der Rattenpopulation leisten.
Darüber hinaus hatte Rheinberg Modestus von der Einführung gewisser Reinlichkeitsvorschriften überzeugen können. Die badefreudigen Römer waren solchen Maßnahmen gegenüber sehr aufgeschlossen. Alle Bäder der Stadt, auch jene, die bisher zahlenden Gästen vorbehalten gewesen waren, wurden geöffnet. Es wurden Proklamationen verlesen, die dazu anhielten, sich mindestens einmal in der Woche mit heißem Wasser zu baden und die Kleidung ebenfalls abzukochen. Rheinberg machte diese Weisung attraktiver, indem er gleichzeitig in den Bädern zusätzliche Unterhaltungskünstler auftreten ließ, was eine gewisse Jahrmarktstimmung auslöste. Und er führte Hygienekontrollen zu den großen Wettkämpfen in der Rennbahn ein, was dazu führte, dass begeisterte Fans der Rennen sich darum bemühten, reinlich und sauber zu ihrem Sport zu erscheinen, da sie sonst zurückgewiesen wurden. Konstantinopel tat, was es konnte, und Boten wurden in alle Teile des Ostens geschickt, versehen mit genauen Anweisungen, um die Ausbreitung der Seuche einzudämmen. Ob aber alle Offiziellen diese Weisungen auch genauso begeistert durchführen würden, das stand sicher auf einem anderen Blatt.
Der Bote aus Italien hatte eine lange Nachricht von Theodosius überbracht, die im Wesentlichen auf den Plan einging, nach Afrika übersetzen zu wollen, um dort mit den loyalen Statthaltern die Armee neu aufzubauen und die Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt zu suchen. Theodosius musste zumindest gerüchteweise von seinen Problemen in Konstantinopel gehört haben und hatte die richtige Entscheidung getroffen – denn der versprochene Entsatz durch das Ostheer fiel nunmehr aus. Es blieben ihnen nur noch die Reste von Gratians Armee, die nun von Theodosius kommandiert wurden, und diese zu einer schlagkräftigen Truppe zu formen, bedurfte einiger Zeit.
Rheinberg hatte Modestus deswegen angekündigt, mit der Flottille nach Afrika aufbrechen zu wollen, um sich wieder mit dem Kaiser zu vereinigen.
»Wir müssen alle nötige Vorsicht walten lassen«, erklärte er dem Präfekten. »Wir werden auslaufen und dann noch einige Tage auf der Reede verbleiben, um zu sehen, ob sich jemand mit der Pest infiziert hat. Wir wollen die Seuche nicht nach Afrika tragen. Sind alle gesund, werden wir den Weg fortsetzen. Mit den Dampfseglern zusammen sollten wir von hier etwa drei Wochen benötigen, mehr auf keinen Fall. Wahrscheinlich werden wir da sein, bevor Theodosius seine Armee vollständig übergesetzt haben wird.«
Modestus nickte. »Ich werde hier die Stellung für Theodosius halten, so gut es geht. Wenn die Pest nach Westen wandert, wird sich auch Maximus zweimal überlegen, ob er in den Osten marschiert. Ansonsten werde ich mein Hauptaugenmerk auf die Eindämmung der Krankheit richten. Das ist jetzt der größere und tödlichere Feind.«
Rheinberg hatte ein etwas schlechtes Gewissen, den alten Mann mit dieser Aufgabe quasi im Stich zu lassen. Aber nachdem er erfahren hatte, dass es gar keine Heilmittel gegen die Pest gab, wusste er auch, dass er nichts ausrichten würde, egal wie lange er in Konstantinopel blieb. Er wollte sich dem Problem zuwenden, zu dessen Lösung er einen Beitrag leisten konnte, und das war die militärische Situation im Westen.
Dass seine schönen strategischen Planungen sich in Luft aufgelöst hatten
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