Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
ihm damals so kategorisch verboten habe, Sie weiter zu treffen. Es war eine schwierige Lage, Senator Michellus war einer, der uns wohl gewogen war – ich wollte ihn nicht verärgern.«
Ungesagt blieb, dass es eher um die Verärgerung von Michellus’ Ehefrau Lucia ging, die sich dann aber auf die eine oder andere Weise auf den Senator übertragen hätte.
Das Ergebnis wäre das gleiche gewesen.
»Ich bin bereit, diesen Fehler einzusehen und wiedergutzumachen, vor allem, da Sie sich so offen für Volkert verwenden. Wenn er eines Tages vor mir erscheinen sollte und wenn ich die Macht dazu habe, will ich ihm Pardon gewähren. Das verspreche ich, vorausgesetzt, dass er seitdem nicht in neue Schwierigkeiten verwickelt wurde, die mir eine solche Entscheidung erschweren.«
Bei Volkert konnte man nie wissen, dachte er. Dekurio, nach wenigen Wochen. Gott allein wusste, was der junge Mann in der Zwischenzeit alles angestellt hatte.
Julia lächelte. Es war kein falsches Lächeln und es war auch nicht strahlend, aber es erleichterte Rheinbergs Herz und offenbar auch das ihre.
Rheinberg erhob sich. »Ich lasse Sie auf die
Gratian
bringen. Wenn Sie es wollen, wird dort eine enge, aber ausreichende Unterkunft für Sie bereitet. Sobald Ihr Vater zurückkommt, können Sie mit ihm reden.«
Julia erhob sich gleichfalls, neigte den Kopf respektvoll.
»Ich danke Ihnen, Heermeister. Sie werden diese Entscheidung nicht bereuen.«
Damit wandte sie sich ab, öffnete die Tür und ging hinaus. Rheinberg zögerte einen Moment, ehe er ihr folgte. Würde er es wirklich nicht bereuen? Er forschte in sich hinein und fand nur Zufriedenheit darüber, ein altes Problem gelöst zu haben. Sein Gewissen war leicht.
Nein, wahrscheinlich nicht, dachte er. Wahrscheinlich nicht.
39
Von Klasewitz war kein Schiffsbauer. Aber das musste er auch nicht sein. Denn die zahlreichen Pläne und Aufzeichnungen von Marineoberingenieur Dahms, die sie in den Trümmern des »deutschen Dorfes« gefunden hatten, enthob ihn von der lästigen Pflicht, zu alles und jedem Zeichnungen anfertigen zu müssen, vor allem dann, wenn er sich in einem Gebiet gar nicht so gut auskannte. Er blickte mit großer Zufriedenheit auf die zahlreichen Sklaven, die unter Aufsicht von zwei erfahrenen Schiffsbaumeistern damit befasst waren, die beiden großen Transportschiffe zusammenzusetzen. Einige weitere Dinge halfen ihnen dabei: Nicht alle Arbeiter waren mit Rheinberg gen Osten geflohen oder hatten sich sonst wie abgesetzt. Viele kamen, gelockt durch den Ruf einer guten Anstellung mit ordentlicher Bezahlung, aus ihren Löchern hervor, schüttelten alte Loyalitäten ab und akzeptierten neue. Ihre Erfahrungen beim Bau der drei Dampfsegler, die zusammen mit der
Saarbrücken
aufgebrochen waren, kamen ihm jetzt zugute. Die beiden Schiffe, die hier auf Kiel lagen, waren etwa doppelt so groß wie die Prototypen von Dahms. Sie sollten vor allem in der Lage sein, die zahlreichen Kanonen zu transportieren, die von Klasewitz in seiner neu aufgebauten Gießerei Tag und Nacht herstellen ließ. Und einer der beiden Transporter würde über eine Dampfmaschine verfügen – dank der Tatsache, dass sich unter quer gelegenen Stützbalken einer Werkstatt wichtige vorgefertigte Einzelteile einer Bronzedampfmaschine gefunden hatten, die der allseitigen Zerstörung entgangen waren. Das große Schiff würde mit der kleinen Maschine nur unzulänglich anzutreiben sein, aber es würde helfen, gegen den Wind zu kreuzen und wichtige Güter – wie eben die Kanonen – schnell und effizient nach Afrika zu schaffen. All dies war notwendig, um die böse Überraschung für Theodosius’ Truppen so vernichtend und absolut wie möglich ausfallen zu lassen.
Von Klasewitz gähnte. Er schonte sich nicht. Er schlief so viel oder so wenig wie seine Mitstreiter. Er warf sich in die Aufgaben, die sich ihm stellten, und fand keine Ruhe, ehe nicht die jeweils nächsten Schritte beschlossen, geplant oder begonnen worden waren.
Er wollte endlich eine Entscheidung.
Und er lernte dazu. Er verstand jetzt, dass er für seine eigenen Ambitionen eine Machtbasis, eine loyale Gefolgschaft benötigte. Er durfte sich nicht mehr nur auf das Wohlwollen des Maximus verlassen. Er hatte daher angefangen, seine Leute anständiger zu behandeln, sie nicht mehr für jede Kleinigkeit, die nicht funktionierte, anzuschnauzen. Er fing an, Respekt vor den Fähigkeiten seiner Mitstreiter zu zeigen, er lobte, er gewährte
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