Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
Hintergrundmusik. Die Loge war abgesichert und in den Händen der Zeitenwanderer. Der überraschende Angriff hatte einen wesentlichen Makel gehabt: Die Soldaten im fernen Konstantinopel hatten nicht begriffen, was Handfeuerwaffen in engen Räumen anrichten konnten. Auf den Rängen, draußen, wurde noch gekämpft. Doch es war klar, dass die Soldaten der Stadt es mit der Angst zu tun bekommen hatten.
Es war aber auch klar, dass sie hier in einer Falle steckten. Irgendwann würden die Angreifer ihren Mut zusammenraffen und den Sturm wagen. Rheinbergs leeres Magazin symbolisierte bereits ihren sicheren Untergang, sollte es dazu kommen. Der Verrat des Modestus würde erfolgreich sein, über kurz oder lang.
Der alte Prätorianerpräfekt war in den Wirren des Angriffs entkommen, andere seines Gefolges nicht. Überall lagen Leichen, von Legionären ebenso wie von Würdenträgern. Der lange Zugang zum kaiserlichen Palast war verbarrikadiert worden. Das Hippodrom war in Händen der römischen Legionäre, von dem Bereich einmal abgesehen, auf dem Rheinbergs Männer den ersten Angriff zurückgeschlagen hatten. Es fielen nur noch vereinzelt Schüsse. Die Bewaffneten sparten an Munition.
Rheinberg wischte sich den Schweiß von der Stirn. Seine Knie zitterten. Aurelia, die lange, tödliche Klinge noch immer in Händen, den Oberkörper leicht vornübergebeugt, den Blick konzentriert auf der Suche nach überraschend auftauchenden Gegnern, hatte mit ihren Unkenrufen recht gehabt. Rheinberg schalt sich einen Narren. Er hätte wissen müssen, dass Verrat und Intrige das Elixier waren, das die römische Politik seit Jahrhunderten mit unheilvollem Leben erfüllte.
Er war naiv gewesen.
Oder einfach nur müde.
Rheinberg riss sich zusammen. Ihre Lage schien aussichtslos. Sie waren umzingelt. Vielleicht konnte er zumindest bessere Bedingungen für seine Männer aushandeln. An seinem eigenen Schicksal hatte er keinen Zweifel. Allein schon von Klasewitz würde dafür sorgen, dass er seiner »gerechten Strafe« nicht entkam, und Maximus würde keine Sekunde zögern, eine potenzielle Bedrohung aus der Welt zu schaffen.
Doch bis jetzt hatte niemand mit ihm reden wollen.
»Heermeister!«
Rheinberg fuhr hoch.
Die
Stimme hatte er nicht erwartet. Er sah sich um und erblickte das Gesicht von jemandem, der eigentlich nicht hier sein sollte – und von dem er nicht einmal ahnte, wie er überhaupt hierher gekommen war.
»Renna!«
Der Mann grinste Rheinberg an, wies hinter sich. Unter dem prachtvollsten Sitz der Kaiserloge hatte sich eine Falltür aufgetan und weitere Männer, bewaffnet mit Schwertern, kamen zum Vorschein.
»Ihr glaubt nicht im Ernst, dass eine Loge keinen zweiten, möglichst geheimen Ausgang hat, oder? Wir sind in Rom! Kaiser brauchen immer einen alternativen Fluchtweg!«
Erneut schalt sich Rheinberg einen Narren. Selbstverständlich! Und wahrscheinlich hatten sich die Angreifer schon überlegt, warum sie diesen Gang nicht längst zur Flucht benutzt hatten – und würden am Ende auf sie warten. Vielleicht war das auch der Grund dafür, warum die Vehemenz der Angriffe nachgelassen hatte.
Andererseits … Renna war hier.
»Ist der Fluchtweg sicher?«, fragte Rheinberg.
»Nein. Wir sind … durch eine Abkürzung gekommen.«
Renna stank. Rheinberg ahnte, was es mit dieser Abkürzung auf sich hatte.
»Wie …«
»Keine Zeit für lange Erklärungen«, unterbrach ihn der Offizier. »Ich war bei meiner Familie zu Besuch und wurde dort von Verwandten gewarnt , dass dies passieren würde. Ich habe mir eine kleine Truppe aus Gefolgsleuten meines Schwagers zusammengestellt und bin diesen Weg gekommen, um zu tun, was ich tun konnte.« Er sah sich um, sein Blick fiel auf die Toten. »Ihr habt Euch ganz wacker gehalten.«
»Danke. Was jetzt?«
»Wir gehen dorthin, wo wir hergekommen sind.«
»Die Legionäre werden uns am Ende erwarten.«
Renna machte eine verneinende Geste.
»Nicht an dem Ende, das wir genommen haben. Die Gänge sind alt. Halb Konstantinopel ist untertunnelt. Es gibt illegale Zugänge zu diesem Fluchtgang. Er führt uns zum Fluss.«
»Fluss?«, echote Rheinberg.
»Durch Konstantinopels Untergrund fließen mehrere Flüsse, die außerhalb der Stadt an die Oberfläche treten. Sie sind zum Teil mit unterirdischen Zisternen verbunden, die die Wasserversorgung der Stadt sicherstellen. Sobald wir den Fluss erreicht haben, stehen uns zahlreiche Ausgänge zur Verfügung.«
»Auf die Idee wird Modestus auch
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