Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
ließen Sorgfalt walten und es gab selten Anlass zur Klage. Aber Sassmann war nahezu besessen, mit seiner Waffe auf eine höchst unerotische Weise verheiratet. Von Geeren fragte sich manchmal, was der Mann wohl tun würde, wenn ihnen dereinst wirklich die Munition ausgehen oder alle Gewehre irreparabel beschädigt sein würden. Bis dahin, so war seine Prognose, würde Dahms Musketen in Serie produzieren lassen, und Sassmann würde ein neues Baby finden.
Der Gefreite setzte die Waffe mit methodischen Bewegungen wieder zusammen. Er wollte dabei keinen Geschwindigkeitsrekord aufstellen, stattdessen arbeitete er sorgsam. Als das Gewehr in funktionsfähigem Zustand war, begann er, das Magazin zu füllen. Er begutachtete jede Patrone einzeln, hielt sie ins schwache Licht der Öllampen, ehe er sie einsteckte. Dann, mit einem zufriedenen Lächeln, legte er die Waffe ab, lehnte sich zurück und schloss die Augen.
Wenige Momente später zeigten das regelmäßige Heben und Senken des Brustkorbs und der entspannte Gesichtsausdruck, dass der Mann eingeschlafen war. Von Geeren hatte keinen Zweifel daran, dass er sofort hellwach sein würde, wenn sein Unterbewusstsein eine potenzielle Gefahr wahrnahm. Das war mittlerweile bei allen von ihnen so.
Der Hauptmann schloss auch die Augen, doch Schlaf fand er nicht. Er lauschte dem Rumpeln des Wagens, fragte sich, wie lange sie noch reisen mussten, und schreckte hoch, als die Bewegungen ein Ende nahmen.
Er musste doch eingenickt sein. Mit einem Ächzen kletterte er hinaus. Es war frisch draußen; und feucht, als hätte es gerade geregnet. Es war immer noch sehr dunkel. Von Geeren schaute auf die Uhr. Sonnenaufgang in etwa einer Stunde. Sie mussten sich sputen.
Einer der Männer des Modestus trat auf ihn zu, Lucian mit Namen. Er sagte nichts, sondern gestikulierte nur in eine Richtung. Die Truppe war hinter einem Hügel angekommen, hier wurden die Pferde angebunden. Von Geeren folgte Lucian die Anhöhe hinauf, bis dieser ihn hinter einen Baum zog, dann mit ausgestrecktem Arm in das Tal wies. Der Hauptmann blinzelte, doch dann machte er den Schein einiger Laternen aus. Eine Latifundie erstreckte sich im Tal vor ihnen, so weit konnte er Einzelheiten ausmachen. Das Hauptgebäude war relativ klein, von einer geweißten Mauer umgeben, die in der Nacht sanft schimmerte.
»Das ist es?«, fragte er unnötigerweise, nur um sich auch ja zu vergewissern.
Lucian nickte nur. Der Hauptmann holte seinen Feldstecher hervor und schaute hindurch. Das Anwesen wurde durch mehrere Laternen erhellt, die in regelmäßigen Abständen an Masten oder Mauervorsprüngen hingen. Ihr Licht war schwach, aber es genügte, um dem suchenden Blick des Feldstechers Orientierung zu bieten. Von Geeren machte die ersten Wachsoldaten aus, die eher lustlos über den Innenhof schlurften. Am Tor standen ebenfalls zwei Männer, mehr angelehnt als aufrecht. Alles erweckte einen eher schläfrigen Eindruck. Eine recht gute Ausgangsposition für einen Angriff. Der Hauptmann schätzte die Entfernung von der Anhöhe bis zur Mauer auf etwa 1500 Meter. Auf dem Weg dorthin gab es zahlreiche Deckungsmöglichkeiten: kleine Mauern, Büsche, Bäume. Das Tor war dem Hügel seitlich abgewandt, er lag nicht direkt im Blickfeld der draußen stehenden Wachen. Und die Mauer selbst war zwar mannshoch, aber hatte keinen Wehrgang oder Turm, an dem weitere Beobachter stehen konnten. Wenn sie sich vorsichtig und leise verhielten, würden sie sich dem Anwesen völlig unbemerkt nähern können.
»Der Feuerwerker!«, flüsterte von Geeren nach hinten. Er hörte, wie jemand den Hügel hinaufkam und sich neben ihn hockte. Wachtmeister Kretschmann war einer der beiden Feuerwerker der Kompanie, ein unersetzlicher Fachmann mit einem Faible für Explosionen und weitflächige Zerstörungen. Er nahm den Feldstecher schweigend entgegen und musterte die gebleichte Mauer eine gute Minute lang, ehe er das Glas zurückgab.
»Es reichen eine Handvoll Handgranaten«, flüsterte er. »Ich verbinde die Zünder, dann bums, mächtig großes Loch. Wir müssen gucken, dass uns die Steinsplitter nicht erwischen, aber das ist alles. Kein Problem.«
Von Geeren nickte. Wenn Kretschmann meinte, es wäre kein Problem, dann vertraute er dem Mann. Hinein kamen sie also schon einmal.
Ein erneuter, prüfender Blick auf die Uhr. Der Sonnenaufgang näherte sich. Noch schliefen dort unten alle. Es war Zeit.
»Gebt das Signal!«, flüsterte er dem Feuerwerker zu. Der nickte und
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