Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
befördert, wenn es so weiterging.
Volkert machte sich da keine Illusionen. Er steckte in einem Strudel. Und keiner, am wenigsten sein Freund Secundus, verstand, warum er sich dagegen wehrte, so schwach er es auch nur konnte. Der Strudel riss ihn nicht in die Tiefe, sondern zog ihn nach oben. Er wurde zu Stabsbesprechungen eingeladen, die einigen höherrangigen Offizieren verschlossen blieben. Das betraf nicht nur den Stab der Legion, zu dem er bereits als normaler Zenturio gehört hatte, sondern auch Planungen auf höherer Ebene, beim Kaiser selbst. Volkert hatte sich in diesen Treffen zurückgehalten, Schweigsamkeit bewahrt. Er hatte diese Aufmerksamkeit ja nicht einmal durch besonders vorlautes Verhalten hervorgerufen. Secundus hatte seine Idee mit der Flucht nach Afrika nach oben gemeldet und, erstaunlicherweise, keine Urheberschaft dafür beansprucht. Und dann, während des einen oder anderen Stabstreffens, hatte er es dann doch nicht geschafft, den Mund zu halten, und seine Meinung geäußert. Seine Ansichten waren nicht immer auf Zustimmung gestoßen, aber sie waren auch niemals als ausgemachter Blödsinn abgetan worden. Gerade weil er so selten sprach, hatten seine Beiträge ein eigenes Gewicht bekommen, das deren Inhalt, zumindest nach Volkerts Einschätzung, nicht ganz entsprach. Egal wie er es wendete und drehte, er sonnte sich derzeit in der Aufmerksamkeit zahlreicher Generäle, des Kaisers selbst, und alle nahmen an, dass seine militärische Karriere nach oben hin keiner Begrenzung unterlag. Dass er sich im Kampf bewährt, persönliche Tapferkeit gezeigt, dem Imperium in Gestalt des quadischen Königs einen höchst unerwarteten Bündnispartner beschert und in allem Übersicht und einen kühlen Kopf bewahrt hatte, sprach wohl ebenfalls für ihn. Nicht zuletzt war allgemein bekannt, dass er als Vorgesetzter gerecht und anständig mit seinen Untergebenen umging, keine unnötige Grausamkeit, aber auch keine allzu angreifbare Milde an den Tag legte und sich den ehrlichen, keinesfalls nur einen erzwungenen Respekt seiner Männer erworben hatte. So etwas sprach sich herum. Es wurde gerne gesehen, denn es half dem Zusammenhalt der Truppe, der Loyalität und dem gemeinsamen Ertragen auch widriger Umstände. Was sicher auch half, war die Tatsache, dass Volkert keinerlei Reichtum oder unnötigen Luxus präsentierte, sondern weitgehend so lebte wie alle anderen auch, von den persönlichen Diensten des Bertius einmal abgesehen. Diese nützten ihm zwar im Alltag eher wenig – der Germane hatte seine Faulheit zusammen mit seiner Genesung wieder zurückerhalten –, doch ausnahmsweise half das endlose Gerede des Legionärs sogar etwas, da er nicht müde wurde, die Dankbarkeit und die Loyalität seines Herrn zu seinen Untergebenen zu preisen.
Tatsächlich war es eher peinlich. Aber da es unmöglich war, Bertius zum Schweigen zu bringen, half dieser, fast schon einen Mythos um den jungen Offizier zu etablieren. Die Männer suchten nach Vorbildern, nach Orientierung, nach Lichtgestalten, und sie waren oft nur zu dankbar, Dinge zu glauben, denen sie in anderer Situation mit größerem Misstrauen gegenübergetreten wären.
Demnach steckte Thomas Volkert in einem Strudel, der ihn emporriss. Er wusste nicht, wie er noch steuernd eingreifen sollte. Das Einzige, was seinen Aufstieg jetzt noch beenden konnte, war ein Verfahren wegen Fahnenflucht oder die Waffe eines Feindes. Beides Alternativen, die er einer Karriere in den römischen Streitkräften keinesfalls vorzog.
So tief in eher melancholische Gedanken versunken, kletterte Volkert auf sein Pferd. Seine Truppe bestand aus rund 500 Soldaten, alle beritten. Ihr Ziel war eine Vorausabteilung der Armee des Andragathius, die von Kundschaftern etwa zwanzig römische Meilen vom Marschweg der Männer des Theodosius gesichtet worden war. Während der Bandwurm der kaisertreuen Soldaten sich langsam, aber stetig durch den Süden Italiens bewegte, war es nun die Aufgabe des frischgebackenen Primus, die Truppen des Andragathius so lange zu stören und aufzuhalten, dass der Vorsprung der Armee des Kaisers nicht in Gefahr geriet.
Der Morgentau lag noch auf den Gräsern, als die 500 Kavalleristen sich auf den Weg machten. Keiner der deutschen Infanteristen befand sich bei ihnen. Die verbliebene Munition sorgsam bewahrend, hatte man sie zur Sicherung der rückwärtigen Flanke des Marschgebietes eingeteilt. Sollten vorwitzige Angreifer nahe genug kommen, mussten diese mit gezielten
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