Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
Maximus aus?«, wollte Rheinberg wissen. »Wenn allgemein bekannt wird, dass Eure Familie sicher zu Euch zurückgekehrt ist, werden sie wissen, was die Stunde geschlagen hat.« Rheinbergs Aussage bezog sich vor allem auf die Tatsache, dass die Befreier sich heimlich im Schutze der Nacht in die Metropole zurückbegeben hatten, um die Gegner so lange wie möglich im Ungewissen zu lassen.
»Das Gemetzel im Hafen hat Eindruck hinterlassen«, meinte Modestus. »Die Loyalisten haben vielleicht noch einen harten Kern von 200 Männern zur Verfügung. Viele der normalen Legionäre werden von jedem Befehle entgegennehmen, der ihnen legitim erscheint. Wenn wir klarmachen können, dass sich der Wind wieder gedreht hat, sehe ich keine Probleme. Das Kollegium wird sich mir öffentlich anschließen. Die Männer dort sind handverlesen.« Das Kollegium war so etwas wie ein Ministerkabinett, dem Modestus vorstand und das nach dem Tode des Valens mehr oder weniger eigenständig die Regierungsgeschäfte im Osten erledigt hatte.
»Wo finden wir diese 200 und was machen wir mit ihnen?«, fragte von Geeren. »Sie werden teilweise schon misstrauisch genug sein.« Modestus lachte trocken auf. »Was wir mit ihnen machen? Töten oder einkerkern, was sonst? Wo sie sind? Direkt unter uns: in der Garde des Palastes und unter anderen hohen Beamten der Verwaltung. Ich kann Ihnen von gut der Hälfte die Namen geben. Das Problem sind eher jene, deren Namen mir unbekannt sind. Sobald ich mich offen für Theodosius erklärt habe, werden sie untertauchen, sich ducken, den Mund halten. Die Gefahr ist, dass diese als Spione oder aktive Verräter wieder zum Vorschein kommen, wenn sie denken, dass die Zeichen günstig stehen.«
»Ein Risiko bleibt immer«, sagte Rheinberg. »Wir können nur sehr begrenzt darauf Rücksicht nehmen. Viel wichtiger ist, was jetzt unsere nächsten Schritte sein werden. Ich muss das Heer des Ostens gegen Maximus führen, damit Theodosius in Italien wieder etwas Luft bekommt. Das brennt mir sehr unter den Nägeln. Wir wurden durch dieses unselige Intermezzo lange genug aufgehalten. Ich habe größte Sorge, was die Situation in Italien angeht.«
»Es gibt da auch keine Neuigkeiten«, warf Modestus ein. »Aber gut. Der Großteil des Ostheeres befindet sich immer noch bei Thessaloniki. Wir haben seit Adrianopel neu rekrutiert, aber es geht nur sehr schleppend voran.«
Der Präfekt warf Rheinberg einen bezeichnenden Blick zu. Dieser wusste, was damit gemeint war. Die von ihm angestoßenen Reformen führten unter anderem dazu, dass die Kinder von Soldaten nicht mehr automatisch Soldaten wurden, und auch die Zwangsrekrutierungen waren eingestellt worden. Stattdessen war der Sold erhöht und die Mindestdienstzeit auf zehn Jahre gesenkt worden, mit der Option eines Bonus nach dem Ausscheiden oder einer Weiterverpflichtung auf weitere zehn Jahre. Das sprach sich nicht nur sehr langsam herum, es sorgte auch für Misstrauen, ob diese neue Politik ernsthaft gemeint war oder nur ein Trick des Imperiums, um an Soldaten zu kommen.
Es war natürlich Letzteres. Aber es war ein ehrlich gemeinter Trick, falls es so etwas gab.
»Wie aktuell sind Eure Informationen über den Stand der Dinge beim Heer, Modestus?«, fragte er dann.
Der Präfekt lächelte schwach. »Ich war zuletzt ja mit anderen Dingen befasst. Es wird aber sicher das Beste sein, mit der
Saravica
direkt nach Thessaloniki zu reisen und sich ein Bild vor Ort zu machen. Die Truppen werden von Generälen kommandiert, die schon unter Flavius Victor gedient haben. Bis zuletzt haben sie Theodosius die Treue geschworen.« Ehe Rheinberg etwas sagen konnte, hob der Präfekt die Hand. »Ich weiß, Heermeister. Überall suchen die Leute letztendlich nach ihrem persönlichen Vorteil. Wer meint, mit Maximus besser zu fahren, wird nicht darauf hoffen, dass Ihr das Kommando übernehmt. Letztlich kommt es aber auf die Loyalität der Mehrheit an, die zumindest die Unentschlossenen mit sich reißen wird. Und da ist das eiserne Schiff in Thessaloniki in guter Erinnerung. Es hat die Stadt vor den Goten gerettet und das bei vernachlässigbaren Verlusten unter den ohnehin gebeutelten Legionären. Das war nach der Katastrophe von Adrianopel sehr wichtig. Das Heer des Ostens ist Eures, Heermeister.«
»Wenn das so ist, was hat sich Maximus dann mit dieser heimtückischen Aktion in Konstantinopel erhofft?«, fragte von Geeren.
»Zeitgewinn ganz sicher. Und im Idealfalle den Tod des Heermeisters, was
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