Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
Gesicht mit Kraft in die Prächtigkeit hinein. Für eine Sekunde hielt sie ihn da, ehe sie losließ, ihm neckisch zulächelte und sich wieder in die Parade einreihte.
Martinus Caius schnappte nach Luft. Vier Damen des horizontalen Gewerbes hatten sich vor ihm versammelt, alle im Voraus bezahlt und alle erfreut über die Tatsache, dass der Kunde des Abends ein dicklicher, halb betrunkener Mann war, der über den ersten Schuss nicht würde hinauskommen können. Julia ahnte, wie der Abend ablaufen würde, mit etwas Glück und ordentlicher Handarbeit war es möglicherweise nicht einmal nötig, die Schenkel zu spreizen. Den Rest würde der Alkohol erledigen.
Julia überlegte sich für einen Moment, ob sie Bedauern für ihren Mann empfinden sollte. Doch dann bemerkte sie, dass er mit Eintreten der vier leichten Damen sofort und unmittelbar jegliches Interesse an ihr verloren hatte. Er würdigte sie keines Blickes, erhob sich, lief auf die erste der vier Damen zu und grapschte nach ihrem Hintern. Endlich fand auch der Weinkelch wieder seinen Weg zum Munde.
Ein rücksichtsvoller Ehemann, voller Respekt und Würde, wie Julia fand. Sie sah sich das Treiben einige Minuten an, gähnte dann betont und zog sich zurück. Martinus Caius bemerkte es nicht einmal. Er kicherte unentwegt, fast noch heller als die Huren, die bereits damit beschäftigt waren, die Sache zu einem Abschluss – oder eher Abschuss – zu bringen. Man hatte ja noch etwas anderes vor.
Julia zog sich mit einem Lächeln in ihre Gemächer zurück.
Sie hatte für eine ganze Woche bezahlt.
24
»Unsere Rückkehr nach Rom ist unbedingt notwendig!«, erklärte Köhler mit bestimmendem Tonfall, doch die Art und Weise, wie er mit seinen Händen gestikulierte, zeigte bereits, dass er ein gehöriges Maß an Hilflosigkeit empfand.
Neumann und den anderen Mitgliedern der römischen Delegation in Aksum erging es nicht anders. Sie alle waren im Audienzsaal des aksumitischen Kaisers Mehadeyis versammelt, hockten auf dem Boden vor dem niedrigen Tisch, auf dem diesmal ausnahmsweise keine Speisen lagen. Es war später Nachmittag, und die Männer waren gerade erst von ihrer Expedition in die Hochebene zurückgekehrt, in ihrem Gepäck wilden Kaffee, Samen, zwei ganze Pflanzen, sorgfältig mit der Erde ausgegraben und transportiert. Eigentlich ein Grund zur Freude, wenn da nicht die Nachrichten aus der Heimat wären.
Schon seltsam, dachte Neumann, als er schweigend vor sich hin starrte. Er nannte Rom tatsächlich bereits seine Heimat. Oder bezog er sich weiterhin nur auf den Kleinen Kreuzer
Saarbrücken,
wo auch immer dieser sich derzeit aufhalten mochte? Sie wussten, dass Maximus gegen Gratian gewonnen hatte, dass der junge Kaiser tot war, aber was danach genau passiert war, hatten sie noch nicht erfahren. Mehadeyis hatte Boten entsandt, die von der Grenze und aus Adulis die neuesten Informationen holen sollten, soweit diese dort bekannt waren. Bislang war keiner der Reiter zurückgekehrt, was die Stimmungslage der Delegation noch ungeduldiger machte.
»Aber wohin kehrt Ihr zurück?«, fragte der alte Kaiser und machte eine schwache Handbewegung. »Vielleicht ist der Teil Roms, in den Ihr zurückkehren wollt, längst in der Hand Eures Feindes? Ihr müsst erst Gewissheit haben, vor allem über das Schicksal des eisernen Schiffes. Dann wisst Ihr auch, wohin Euch Eure Schritte lenken sollten. Bis dahin kehrt zurück nach Adulis, denn von dort aus könnt Ihr am leichtesten weiterreisen, wenn es so weit ist.«
Neumann nickte langsam. Er starrte auf den leeren Tisch und versuchte, eine gewisse Ordnung in seine Gedanken zu bekommen. Welche Ungeduld ihn auch immer zurücktrieb, er musste sich klarmachen, was er eigentlich ausrichten konnte in diesem mächtigen Ringen, das das Reich derzeit zu zerreißen drohte. Sie hatten ja nicht einmal ein Schiff. Die
Valentinian
war nach Ravenna zurückgekehrt und jetzt möglicherweise sogar in den Händen des Usurpators. Und zu wem hatte sich der Statthalter in Ägypten oder Nordafrika geschlagen? Würden sie in Feindeshand geraten? Sollten sie nicht lieber über Syrien zurückreisen? Ohne zu wissen, wie die Loyalitäten sich derzeit verteilten, war jede Heimreise ein großes Risiko.
Adulis aber, da stimmte er dem aksumitischen Herrscher vollkommen zu, war eine gute Wahl, egal wohin sie die Reise letztlich führen würde. Waren sowohl Syrien wie auch Ägypten in der Hand des Maximus, würden sie sich ohnehin noch einmal
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