Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
ganz genau überlegen müssen, wie sie zur
Saarbrücken
zurückkehren konnten. Wo auch immer diese sich derzeit aufhielt.
Neumann wusste, dass seine Ungeduld unter anderem damit zusammenhing, dass er der festen Überzeugung war, die
Saarbrücken
benötige jetzt ihren Arzt. All dies würde sich nicht ohne Blutvergießen abgespielt haben. Und was war aus seiner mühsam aufgebauten medizinischen Akademie geworden? Er wollte gar nicht darüber nachdenken.
Er warf einen Blick auf Behrens und Köhler, die nebeneinandersaßen und eine ähnlich grüblerische Miene trugen wie er. Um ihren Branntwein würden sie sich keine Sorgen machen müssen. Die Grundprinzipien des Baus einer Destille hatten sich rasch im Imperium verbreitet. Selbst ein staatliches Verbot würde keinen großen Effekt mehr darauf haben. Die Büchse der Pandora hatte sich hier wahrlich geöffnet und würde von niemandem mehr zu verschließen sein. Was moderne medizinische Kenntnisse anging, war die Sache wahrscheinlich nicht so einfach.
»Es ist natürlich auch zu überlegen, was die Umwälzungen in Rom bezüglich unserer kleinen Übereinkunft zu bedeuten haben«, erklärte Mehadeyis langsam und furchte seine Stirn. »Wird ein Imperator Maximus auch an der Ausbeutung der Kaffeepflanze interessiert sein und wird er sich an die Regelungen halten, die wir ausgearbeitet haben?«
Bei den ›Regelungen‹ handelte es sich um einen mehrseitigen Handels- und Kooperationsvertrag, das erste, umfassende Wirtschaftsabkommen zwischen Rom und Aksum, das dermaßen viele moderne Elemente enthielt, dass Neumann sich fragte, welchen Vorbildcharakter es für die internationalen Beziehungen der Spätantike haben würde – falls es jemals in Kraft trat.
Mit ein wenig Pech war dieser nicht mehr als Vertragsprosa auf einem Stück Papier.
»Ich bin im Augenblick zu verwirrt, um darauf eine gute Antwort geben zu können«, sagte Neumann ehrlich. Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht einmal mehr, wer ich bin, außer Arzt an Bord des eisernen Schiffes.«
Der alte Kaiser sah Neumann einen Moment schweigend an, dann nickte er bedächtig.
»Ich verstehe. Nun, bis auf Weiteres gehe ich davon aus, dass Ihr immer noch die rechtmäßige Regierung des Imperiums vertretet und dass der Tod Gratians nicht notwendigerweise dazu führen wird, dass Maximus auch Kaiser bleibt. Und sollte es doch so sein, dann werden wir von unserer Seite sehr vorsichtig sein, was Rom angeht.«
Neumann versuchte ein Lächeln. »Maximus ist kein wahnsinniger Caesar, kein unberechenbarer Tölpel. Er wird die bisherigen Beziehungen mit Aksum fortsetzen. Er hat genug andere Sorgen.«
»Aber vielleicht sehe ich eine gute Chance, die Beziehungen zu Rom zu verändern, vor allem angesichts der Möglichkeiten, die mir Euer Besuch eröffnet hat«, sagte Mehadeyis leise und starrte nachdenklich auf einen imaginären Punkt neben dem Arzt. »Aber das alles ist natürlich erst einmal reine Spekulation. Ich …«
Der Kaiser Aksums wurde unterbrochen, als jemand den Saal betrat. Es war ein Bote, wie man an seiner staubigen Kleidung und dem erschöpften Blick schnell erkennen konnte. Der Kaiser hatte die Anweisung gegeben, jeden Mann, der Neuigkeiten brachte, ohne weiteres Zeremoniell vorzulassen.
Neumanns Lebensgeister erwachten. Nachrichten aus Rom?
Der Kaiser winkte den Mann nach vorne.
»Setz dich, mein Freund. Trink. Berichte. Du kommst woher?«
»Von der Nordgrenze, Herr.«
»Sprich.«
»Reisende aus Rom berichten, dass Maximus den Westen des Imperiums mehr oder weniger beherrscht, jedenfalls haben sich die meisten Statthalter und Präfekten für ihn ausgesprochen. Der Osten ist noch unentschieden, vor allem, da offenbar der Heermeister nach Konstantinopel geflohen ist. Außerdem ist Theodosius zum Nachfolger Gratians ernannt worden, sodass es jetzt zwei gegeneinander kämpfende Imperatoren gibt. Theodosius unterhält eine große Armee und operiert noch in Italien, aber mit ungewissem Ausgang.«
Neumann sprang auf. Das hörte sich schlecht an, allerdings nicht so schlecht wie befürchtet. Wenn es Rheinberg gelang, den Osten loyal zu halten, konnte geschehen, was in der »echten« Geschichte auch passiert war, in der Theodosius Kaiser im Osten gewesen war und nach langen Jahren des Bürgerkriegs Maximus in die Knie gezwungen hatte, um letzter Kaiser Gesamtroms zu werden. Rheinberg im Osten – ohne Zweifel mit der
Saarbrücken!
Sie hatten also ein Ziel!
»Sprich weiter!«, sagte der aksumitische
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