Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)
Aksumiten schritten nach vorne, blieben in respektvollem Abstand stehen und verbeugten sich.
»Ich bin Wazeba«, erklärte ein besonders hochgewachsener Mann mit tiefer Stimme. »Ich repräsentiere Mehadeyis, den Kaiser des großen Aksum. Ich überbringe die freundschaftlichen Grüße meines Oberherrn und freue mich, den König von Nobatia bei guter Gesundheit zu sehen.«
Charamadoye nickte hoheitsvoll, aber möglichst wenig herablassend.
»Ich begrüße Euch, Wazeba. Bitte, setzt Euch an meine Seite.«
Sitzgelegenheiten neben dem Thronsessel waren den Beratern und Ältesten vorbehalten oder eben besonders wichtigen Ehrengästen. Wazeba und seine Begleiter nahmen Platz und wurden sogleich mit Erfrischungen bedient, derer sie mehr aus Höflichkeit zusprachen.
»Welche Botschaft hat mein väterlicher Freund, der Kaiser Aksums, Euch mitgegeben?«
Wazeba lächelte. Es schien ihm durchaus zu gefallen, dass der junge König sogleich zur Sache kam.
»Mein Kaiser war besorgt über den Tod Eures geehrten Vaters sowie die Reibungslosigkeit Eurer Thronbesteigung. Er wollte sicherstellen, dass in Nobatia alles zum Guten steht.«
Er machte eine umfassende Handbewegung. »Ich sehe, dass die Sorge meines Herrn unbegründet war.«
»Keinesfalls«, widersprach Charamadoye. »Es ist immer ein Risiko, wenn jemand ohne große Erfahrung und dann arg plötzlich die Nachfolge eines Herrschers antritt. Euer Kaiser ist so weise, Euren Bruder auf dieses hohe Amt vorzubereiten. Mein Vater hatte dafür nicht so viel Zeit und war oft mit … anderen Dingen beschäftigt.«
Wazeba neigte den Kopf. »Mein Kaiser ist sich nicht sicher, ob der Feldzug gegen Alwa eine kluge Entscheidung war.«
»Ah, ich darf Euch versichern, edler Wazeba, dass ich absolut davon überzeugt bin, dass diese Entscheidung meines Vaters mindestens als voreilig zu bezeichnen ist.«
Der Aksumite nickte interessiert. Charamadoye lehnte sich nach vorne.
»Bitte teilt dem Herrn von Aksum mit, dass ich nicht die Absicht habe, die kriegerischen Aktivitäten meines Vaters fortzusetzen, zumindest nicht offensiv. Kusch ist erst vor wenigen Jahrzehnten untergegangen und viele Adlige aus jener Zeit hegen den tiefen Wunsch, das Reich wiederauferstehen zu lassen. Ich möchte annehmen, dass mein Vater gleichfalls Gedanken in dieser Richtung hegte.«
»Ihr aber nicht?«
»Ich aber nicht. Es gibt Gründe, warum Kusch zerfiel. Wir hatten jede innere Einigkeit verloren.«
»Aksum eroberte Meroe.«
»Das war ein Symptom, aber nicht die Ursache der Krankheit.«
»Ihr seid gütig.«
»Ich bin Realist genug. Mich bekümmert weniger, was im Süden vorgeht, als das, was im Norden passiert.«
Wazeba kniff die Augen zusammen, sein Gesicht voll neugieriger Anspannung.
»Ihr sprecht vom römischen Bürgerkrieg.«
»Ja, das ist wahr. Wie ich hörte, habt auch Ihr Besuch von den Zeitenwanderern bekommen.«
»Ihr seid gut informiert.«
»Jeder Freund Aksums ist gut über das informiert, was bei Hofe passiert.«
Wazeba grinste. »Das ist so üblich unter guten Freunden, nicht wahr?«
Charamadoye grinste zurück, wurde aber wieder ernst, als er fortfuhr.
»Warnt Eure Gäste, Wazeba. Der ägyptische Präfekt weiß, dass sich die Zeitenwanderer in Aksum aufhalten, und mir scheint, dass er davon ausgeht, sie bald wieder in Ägypten begrüßen zu dürfen.«
»Ist das so?« Wazeba runzelte die Stirn. »Warum?«
»Warum? Weil er ein Kopfgeld auf Männer namens Neumann und Köhler sowie auf einen römischen Offizier namens Africanus ausgesetzt hat. 200 Golddenare, alte Prägung, für jeden Einzelnen von ihnen. Diese Meldung aber ging nur an Militäreinheiten und wurde nicht öffentlich proklamiert.«
»Ihr seid gut informiert«, wiederholte Wazeba.
»Manche jungen Männer aus meinem Volke sind in römischen Diensten. Schon länger. Einige freiwillig, andere als Sklaven. Aber sie haben die Heimat nicht vergessen. Ich … erfahre Dinge.«
»Wie nützlich.«
»Nützlich auch für Euren Herrn, edler Wazeba.«
Der Aksumite lehnte sich zurück und schaute nachdenklich auf den staubigen Boden des Palasthofes. »Mein Herr wird Euch dankbar sein, wenn Ihr ihn auf dem Laufenden haltet. Tatsächlich will ich ihm noch heute selbst einen Boten senden.«
»Bevor Ihr das tut, achtet auf eine zweite Neuigkeit, die ich Euch geben will«, mahnte Charamadoye.
»Ich höre.«
»Der Präfekt zieht Truppen zusammen und schickt sie in Richtung Westen.«
»Der Bürgerkrieg. Die afrikanischen
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