Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)
…«
»Was ist?«
»Er ist es, nicht wahr?«
Rheinberg sah Dahms an, gar nicht fragend, sondern mit einem leichten, wissenden Lächeln. Er nickte.
»Ohne Zweifel. Ich habe ihn erst nicht erkannt, aber es nagte an mir den ganzen Abend, und als er ein- oder zweimal das Wort ergriff, wurde es mir klar. Es ist Volkert, kein Zweifel.«
Der Ingenieur setzte den Becher ab.
»Was machen wir mit ihm?«
»Nichts. Er hat sich gut etabliert. Ich bin ziemlich stolz auf ihn.«
»Ein toller Kerl«, bestätigte Dahms. »Wer hätte das gedacht? Wollen wir es ihm nicht sagen?«
»Bei einer privaten Gelegenheit, wenn es passt. Er soll keine Angst haben. Er soll selbst entscheiden, ob andere es wissen sollen. Es ist sein Leben. Er hat viel durchgemacht und genug für seinen Fehler bezahlt – der möglicherweise genauso mein Fehler war. Er ist jetzt Herr seines Schicksals, soweit wir das alle überhaupt sind.«
Dahms nickte. »Eine gute Idee. Wir können ihn brauchen. Er ist nicht auf den Kopf gefallen und hat erstaunliche Dinge vollbracht. Er soll sich mit ganzer Kraft in die Schlacht werfen.«
»Was ist mit Julia? Sie ist auch im Feldlager, zusammen mit ihrem Vater.«
»Und ihrer Tochter. Volkerts Tochter, wie du mir erzählt hast. Sollte er das nicht wissen?«
»Ich bin mir sicher, dass er es bereits weiß oder in Kürze erfahren wird. Dann wird er einen Weg finden, mit ihr in Kontakt zu kommen. Das ist eine Familienangelegenheit. Wir mischen uns da erst ein, wenn es laut wird.«
»Hm?«
»Theodosius kann das Problem mit einem simplen Dekret lösen, wenn er will. Aber ich bin der Ansicht, wir sollten uns da nicht von außen einmischen. Sie sind beide hier sicher, wie man nur sicher sein kann. Wir lassen sie in Ruhe. Es sind beide nicht mehr die gleichen jungen Leute, die wir vor einem Jahr getrennt haben. Sie sind weitaus selbstbewusster und reifer geworden, wenn du mich fragst.«
»Das sehe ich ähnlich. Wie Volkert bei der Besprechung redete, das war ein ganz anderer Mann als der grüne Fähnrich unserer Tage.«
Rheinberg leerte seinen Becher und stellte ihn ab.
»Ich werde beizeiten mit dem Kaiser darüber reden. Er sollte es wissen. Vielleicht wird er die Sache schnell und ruhig regeln. Er hält viel von Volkert.«
»Würde mich nicht wundern.«
Dahms schüttelte den Kopf.
»Was ist?«, fragte Rheinberg.
»Wir beide sind auch reifer und älter geworden, oder?«
Rheinberg schaute in den leeren Becher vor sich und seufzte. Er erinnerte sich seiner Gedanken von eben, über sein Aussehen, die Bürde des Amtes, die Spuren, die es hinterließ, und den schon fast ketzerischen Wunsch nach Entspannung und Nichtstun. Dann sah er Dahms an, der ohnehin schon deutlich älter war als Rheinberg und an dem all die Aufregung der vergangenen Monate auch nicht spurlos vorbeigegangen war.
Er lächelte ihn an, beinahe verzeihend.
»Älter bestimmt, mein Freund. Älter bestimmt.«
8
Es half, ein fleißiger Legionär zu sein.
Zenturio Salius, der hier kein Zenturio mehr war, sondern nur ein kleiner Dekurio, hatte sich sehr angestrengt, nicht bloß fleißig, sondern auch brav zu sein – genauso wie die anderen Kameraden aus der Spezialtruppe des Militärpräfekten Renna, die sich in die Armee des Maximus eingeschlichen hatten.
Brav, fleißig und kompetent. Denn als er hatte durchblicken lassen, durchaus Erfahrungen mit der offenen See zu haben, war er im Ansehen der Vorgesetzten sogleich aufgestiegen. Die Anzahl der Marinesoldaten, die Maximus zur Verfügung stand, war begrenzt. Der Großteil der römischen Flotte lag entweder in Konstantinopel, das sich erneut offen gegen den Usurpator gestellt hatte, oder hatte sich Theodosius angeschlossen. Als Salius glaubhaft machen konnte, ein wenig Seeerfahrung zu haben, war er sogleich dem Heermeister von Klasewitz ein Stück näher gekommen. Salius bekam den Auftrag, willige Legionäre als Marinesoldaten auszubilden, damit sie für den unwahrscheinlichen Fall eines Angriffes während ihrer Überfahrt nach Afrika zur Verteidigung imstande waren. Da von Klasewitz die drei großen Transportschiffe fast täglich inspizierte, bekam Salius mehrmals die Möglichkeit, mit dem Freiherrn zu reden und seine Qualitäten unter Beweis zu stellen.
Glücklicherweise erinnerte sich von Klasewitz nicht mehr an ihn. Damals, als der Freiherr eine Meuterei auf der Saarbrücken angezettelt hatte, waren es Salius und seine Männer gewesen, die die Sache im Sinne Rheinbergs gewendet
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