Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)
hatten. Von Klasewitz und sein Gehilfe Tennberg waren im Durcheinander geflohen, und seitdem hatte es sich Salius zur persönlichen Aufgabe gemacht, diesen Fehler wieder auszugleichen. Als Renna ihn mit der heiklen Mission der Infiltration beauftragt hatte, war er von ihm mit dem Satz verabschiedet worden: »Salius, du musst tun, was zu tun ist!«
Beide hatten genau verstanden, was damit gemeint war.
Doch bisher war von Klasewitz immer in Begleitung seiner Leibwachen gewesen. Für den Dienst in dieser Leibwache eingeteilt zu werden, das war für Salius und seine wenigen, unerkannt in der Truppe agierenden Mitstreiter das wichtigste Etappenziel. War man erst in unmittelbarer Nähe des Mannes und genoss sein Vertrauen – soweit ohnehin jemand auf dieser Welt das Vertrauen des Freiherrn genoss –, konnte getan werden, was zu tun war.
Salius würde versuchen, das zu überleben und anschließend zu entfliehen.
Aber das war nicht seine Priorität. Der Zeitenwanderer musste sterben und möglichst viele Männer seines Führungskreises mit ihm. Es musste ein tiefer Schnitt sein und dann am besten zu einem Zeitpunkt, der als ideal zu bewerten war. Nicht jetzt, wo dieser Verlust von Maximus leicht auszugleichen war.
Salius musste zuschlagen, wenn die Entscheidungen des Freiherrn von echter Bedeutung waren. Kurz vor der Schlacht. Während der Schlacht. Sein Tod musste nicht nur eine empfindliche Lücke reißen, sie musste zu einer tiefen, schwärenden und lähmenden Wunde führen.
Demnach war es noch nicht an der Zeit.
Jetzt war es vielmehr Zeit für das Abendessen.
Salius hatte einen anstrengenden Tag hinter sich. Als Ausbilder genoss er das Privileg, sich im Küchenzelt der Offiziere mit Nahrung versorgen zu dürfen, anstatt selbst kochen oder einen einfachen Legionär mit diesem Dienst beauftragen zu müssen. Die Köche im großen Küchenzelt verstanden ihr Handwerk auch besser und die Auswahl der Speisen war ausgezeichnet. Von Klasewitz hatte dekretiert, dass gute Verpflegung extrem wichtig sei für die Moral und alles daranzusetzen sei, diese zu gewährleisten.
Ein Punkt, in dem Salius ihm nicht widersprechen mochte.
Er war etwas früh dran und das große Zelt mit den zahlreichen Bänken und Tischen war noch relativ leer. Ein Buffet von beachtlichen Ausmaßen war aufgebaut worden und allerlei Bedienstete standen bereit, die Schüsseln und Teller der Hungrigen zu füllen. Amphoren mit Wein waren aufgereiht worden und es gab auch Bier für die Freunde eines etwas derberen Geschmacks. Salius griff sich einen Holzteller und betrachtete die dargebotenen Speisen mit einem anerkennenden Blick.
»Edler Herr, darf ich Euch auftun?«
Salius sah hoch und blickte in die unterwürfigen Augen einer jungen, dicklichen Frau mit groben Händen und ebenso groben Gesichtszügen. Ihre gerötete Haut sprach von der harten Küchenarbeit. Ihr plumper Körper steckte in einer sackartigen Arbeitsmontur, die ihren ohnehin unvorteilhaften Leib noch hässlicher machte. Ihr Gesichtsausdruck sprach, so fand Salius, von mangelnder Intelligenz, eine biedere Frau ohne Aussicht, jemals aus dieser Existenz entfliehen zu können. Hier im Feldlager eine Anstellung als Küchenhilfe bekommen zu haben, war wahrscheinlich bereits das Beste, was ihr jemals zustoßen würde. Mit ganz großem Glück würde sie eines Nachts von einem betrunkenen Legionär, der auf viel weiches Fleisch Wert legte, genagelt werden.
Salius rang sich ein Lächeln ab.
»Danke, ich betrachte noch die Auswahl. Ihr habt alle gute Arbeit geleistet. Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll.«
Die Frau grinste etwas dümmlich, aber offenbar durch das simple Lob auf das Angenehmste berührt.
»Danke, edler Herr. Ruft mich, wenn Ihr irgendetwas braucht!«
Salius lief ein kalter Schauer hinunter, als er daran dachte, dass für eine einfache Küchenhilfe »irgendetwas« durchaus auch Dienste umfasste, an die er bei diesem Exemplar nicht einmal denken wollte. Er behielt sein Lächeln auf und wandte sich ab.
Gerade wollte er sich einen süßen Kuchen als Vorspeise auftun, als er neben sich eine neue Präsenz fühlte. Er sah auf und erblickte Lucius Screpius, einen seiner eigenen Männer, der es erst kürzlich zum Dekurio geschafft hatte. Auch Screpius, ein begnadeter Handwerker, war zum Ausbilder befördert worden und teilte die Privilegien seines Mitverschwörers.
»Alles klar?«
»Alles bestens. Der Kuchen sieht gut aus.«
»Ja …« Screpius griff sich ein Stück Gebäck und
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