Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)
infrage gestellt, das seit langer Zeit existiert. Ich befürchte, dass seine Reformen langfristig der Position und dem Ansehen des Kaisertums schaden könnten.«
Rheinberg beugte sich nach vorn. »Warum dies?«
»Diese neue Atmosphäre der Liberalität, die Ihr in vielen Dingen geschaffen habt, macht sich unangenehm bemerkbar«, fuhr Maximus fort. Sein Tonfall war nicht anklagend, sondern analytisch, fast leidenschaftslos. »Ich habe vor nicht allzu langer Zeit einem Sohn aus einer senatorischen Familie zugehört, wie dieser darüber spekulierte, dass es wohl bald wieder an der Zeit wäre, den Senat richtig wählen zu lassen. Die uralten republikanischen Gefühle, die vor allem in den traditionsbewussten Familien mit langem Stammbaum zu finden sind, kochen wieder hoch – oder wurden neu geweckt, ich weiß es nicht.«
»Republikanische Elemente lassen sich mit dem Kaisertum durchaus verbinden«, erwiderte Rheinberg leise. Er schaute auf, als von Klasewitz schnaubte.
»Albern«, sagte dieser dann mit schneidender Stimme. »Parteiengezänk und Haushaltsrecht haben so viele Dinge für das Deutsche Reich zerstört, ich kann es gar nicht alles aufzählen. Ich darf nur an den Fluch der Sozialdemokratie erinnern, an die Kritik am Junkertum, an das Geschrei nach Rechten, etwa für Frauen. Die deutsche Gesellschaft wird durch diese Elemente zersetzt, ihre Wehrhaftigkeit und ihre Tugenden radikal infrage gestellt. Die Stärke des Römischen Reiches lagen immer darin, sich monarchische Grundsätze bewahrt zu haben!«
»Rom ist untergegangen.«
»Ein militärisches Problem, das nun lösbar ist.«
Rheinberg öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, und besann sich dann eines Besseren. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte er diese Diskussion gerne geführt, aber hier konnte dieser Zank nur kontraproduktiv sein. Er würde niemanden überzeugen und von Klasewitz … Rheinberg warf einen Seitenblick auf Theodosius, der interessiert zuhörte. Da konnte man nicht so sicher sein.
Hoffentlich hatte Freiherr von Klasewitz dem Spanier da keinen Floh ins Ohr gesetzt.
»Krieg zwischen uns ist nicht die Lösung dieses Problems«, sagte nun Maximus. »Wir brauchen die Armee für die Verteidigung der Reichsgrenzen. Wir sind uns einig darin, dass das Imperium wirtschaftlich in einer sehr schwierigen Situation ist. Wenn wir uns gegenseitig umbringen, profitieren vor allem unsere Feinde davon. Wir verhalten uns dumm, wenn wir so weitermachen.«
Theodosius nickte. »Wie lautet Euer Vorschlag?«
»Wir teilen das Reich. Der Westen mir, der Osten Euch. Wir kooperieren in der Verteidigung gegen äußere Feinde, wir sichern den internen Handel und die Schifffahrt auf dem Mittelmeer. Alle anderen innenpolitischen Fragestellungen lösen die jeweiligen Herren nach ihrem Gusto. Keine gegenseitige Einmischung.«
Theodosius sah Maximus an. Exakt der Vorschlag, den sie erwartet hatten, dachte Rheinberg. Und Maximus schien es ernst zu meinen. Es gab keinerlei Anzeichen, dass er hier nur eine Scharade aufführte. Rheinberg empfand ein unnatürlich starkes Gefühl der Erleichterung. Sollte dieser Krieg tatsächlich hier ein Ende finden? Konnten sie alle nunmehr ihre Energien auf die Lösung der wirklich wichtigen Probleme richten? Rheinberg hatte kein Problem damit, seine neue Heimstatt in Konstantinopel zu finden, wenn dies der geringe Preis sein würde, den er zu zahlen hatte. Die Anlagen von Dahms ließen sich auch dort wieder neu errichten.
Er starrte auf von Klasewitz. Auch damit würde er zu leben lernen. Irgendwie.
»Ich habe mit diesem Vorschlag gerechnet«, sagte Theodosius nun wahrheitsgemäß.
Maximus lächelte. »Womit ich wiederum gerechnet habe.«
»Ich habe diese Idee lange mit meinen Beratern besprochen.«
»Zu welchem Schluss seid Ihr gekommen?«
»Nicht jeder war froh über diese Idee.«
»Das gilt auch für meine Seite. Aber wir sind die Anführer. Wir entscheiden.«
»Tun wir das?«
Maximus’ Lächeln wurde breiter und er neigte den Kopf, als deute er gegenüber dem Spanier eine Verbeugung an. »Wir können uns bemühen, oder?«
Theodosius nickte. »Also tun wir das. Die Details müssen wir noch besprechen, wie es immer so ist, aber ich darf Euch mitteilen, dass ich mit dem Vorschlag grundsätzlich einverstanden bin.«
Maximus schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Er strahlte geradezu.
»Das ist …«
»Verrat!«
Köpfe fuhren hoch.
Einer der Diener hielt sein Fleischmesser hoch. Rheinberg blinzelte. Der Mann war
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