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Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Titel: Kaiserkrieger: Der Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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Funktionsweise der Maschine mit jeder Stunde, die er mit ihr zubrachte. Jeder Aberglaube, jede scheue Furcht, die noch so manches andere Besatzungsmitglied des Dampfseglers erfüllen mochte, waren dem Jungen völlig fremd. Er sog das faszinierende technische Wissen auf wie ein Schwamm. Vielleicht würde sich Dahms’ Wunsch, aus dem Jungen den ersten echten römischen Ingenieur zu machen, tatsächlich erfüllen.
    Ein anderes Besatzungsmitglied, das mit fast schon kindlicher Freude jede Furcht und jede Vorsicht von sich wies, war der alte Sepidus. Der Seebär, zu dem Köhler eine starke Wesensverwandtschaft empfand, war kaum vom Steuer zu lösen, schlief nur maßvoll und übernahm das Ruder zu jeder sich bietenden Gelegenheit. Als Gubernator, der mit schwerfälligen und unsicheren Triremen groß geworden war, musste die Valentinian so etwas wie eine Offenbarung für ihn darstellen. Er war möglicherweise noch begeisterter von dem neuen Spielzeug als Africanus, und der grinste bereits wie ein Honigkuchenpferd.
    Und so kam die Valentinian gut voran. Bei gutem Wind machte sie acht bis zehn Knoten, bei schlechtem Wind immer noch vier bis fünf, angetrieben durch die unermüdliche und mit Holzkohle befeuerte Dampfmaschine. Köhler war froh, dass die Winde ihnen generell gnädig waren, denn Holzkohle war nicht halb so effektiv wie Steinkohle, und obgleich man den Dampfsegler mit guten Vorräten gefüllt hatte, bezweifelte der Hauptbootsmann, dass es das Schiff mit durchgehend auf voller Last laufender Maschine bis nach Alexandria geschafft hätte. Steinkohle, das wusste er, stand auf der Prioritätsliste zu beschaffender Rohstoffe ziemlich weit oben, nicht zuletzt, weil die Vorräte der Saarbrücken fast aufgebraucht waren und der Kleine Kreuzer immobil zu werden drohte.
    Für die Reise nach Alexandria benötigten sie bei ihrer derzeitigen Geschwindigkeit rund sieben Tage. Köhler hatte den Kurs angesichts der Erfahrungen von Africanus und der genauen Karten gut berechnen können. Der Küstenverlauf war anders als im 20. Jahrhundert, manche Teile der Küste waren im Verlaufe der Jahrhunderte vom Mittelmeer erobert worden. Ein Süßwassersee, der unweit der Küste im Inland lag und der derzeit Alexandrias größtes Süßwasserreservoir war, bestand zwar im 20. Jahrhundert noch, war aber mit dem Meer verbunden und daher versalzen. Auch sonst gab es einige Änderungen, wenngleich diese letztlich nur marginaler Natur waren. Es gehörte zu den Aufgaben der Valentinian, am Beispiel der Stadt aufzuzeigen, wie weit die deutschen Karten von der Realität der Spätantike abwichen.
    Die Zeit verging ohne größere Vorkommnisse. Die See war zwar rau und der Wind launisch, aber vor einem richtigen Wintersturm blieben sie verschont und es wurde mit jedem Tag wärmer. Am Ende des sechsten Tages, nach Einbruch der Dunkelheit, als ein sternenklarer Himmel sich über der Besatzung des Dampfseglers erstreckte, erkannte Marcellus mit wachen Augen einen Lichtschein im Süden.
    »Das«, erklärte Africanus, »ist der Leuchtturm von Alexandria, der Pharos. Er ist eines der Wunder der Welt .« Köhler, dessen schulische Bildung eher begrenzt war, fiel diese Tatsache bei der Bemerkung des Trierarchen wieder ein. Zu seiner Zeit gab es den Leuchtturm nur noch in Legenden und Zeichnungen, er war lange zerstört worden.
    Die Nacht verging schnell. Das Licht des Pharos reichte in einer klaren Nacht bis zu fünfzig Kilometer auf das Wasser hinaus und die Valentinian hatte ihre Geschwindigkeit verringert, um beim Morgengrauen in den Hafen einlaufen zu können. Als die Sonne aufging, entfaltete sich bereits die ganze Pracht Alexandrias vor den Augen der Besatzung und Africanus beobachtete mit Amüsement, dass die Deutschen genauso wie Marcellus mit offenen Mündern den Anblick genossen. Da war erst einmal natürlich der Leuchtturm, der sich nach Köhlers vorsichtiger Schätzung mehr als 130 Meter in die Höhe reckte, in drei Stockwerke eingeteilt, von denen jedes auf dem darunterliegenden ruhte und von jeweils geringerem Umfang war. Jetzt, so nahe gekommen, erkannte man auch, dass der berühmte und beeindruckende Leuchtturm nicht alleine war. Ein kleinerer stand gegenüber, auf einem Kap, und wurde, wie Africanus erklärte, Pharillon genannt. Er war zwar etwas kleiner als das Wahrzeichen Alexandrias, bot aber in der Nacht und im Nebel eine klare Demarkation der Hafeneinfahrt. Jetzt, an diesem frischen und sonnigen Morgen, standen sie dort als steinerne

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