Kaiserkrieger: Der Aufbruch
meinte Neumann, »dann hat Tennberg Gefolgsleute und verfügt über Geld. Das kommt sicher nicht von ungefähr. Es liegt tatsächlich etwas in der Luft. Sie wissen von unserer Reise nach Aksum. Und sie wollen sie offenbar sabotieren .«
»Wir müssen also nicht nur Marcellus befreien, sondern auch Tennberg ergreifen«, murmelte Africanus und blickte nachdenklich aus dem Achterfenster des Dampfseglers. »Wir müssen wissen, ob und was dort vorgeht. Es kann ja kaum sein, dass von Klasewitz den Import von Kaffee nach Rom verhindern möchte .«
»Auf wen können wir uns hier in der Stadt verlassen ?« , fragte Köhler. »Die örtlichen Behörden?«
»Ja, vielleicht. Die Frage ist, ob wir dafür überhaupt Zeit haben .«
Africanus sah Josaphat an.
»Junge, wohin könnte man Marcellus gebracht haben ?«
»Ich weiß es .«
Alle Blicke richteten sich auf ihn.
»Ich bin ihnen entkommen, dann aber gefolgt. Niemand kennt sich so gut im Hafen aus wie ich. Sie sind in einem Lagerhaus des Emilius Clarus Vengetius verschwunden .«
Köhler klopfte Josaphat auf die Schulter.
»Schlaues Kerlchen! Gut gemacht!«
Der Junge schluckte. »Herr, Marcellus ist ein Freund. Ich mag nur zum Hafengesindel gehören, aber ich nehme das ernst. Ich musste es herausfinden, sonst hättet Ihr mir nicht geglaubt. Ich bin ehrlich .«
Köhler maß ihn mit einem langen Blick, dann nickte er. »Ja, das denke ich auch. Wir reden über deine Zukunft, wenn das hier überstanden ist .«
Wenn Josaphat diese Andeutung neugierig machte, so zeigte er es doch nicht. Köhler wandte sich wieder an Africanus.
»Vengetius, ist der dir bekannt ?«
»Oh ja. Einer der reichsten Reeder der Stadt, ein einflussreicher Mann mit Kontakten ins ganze Reich. Er galt als überzeugter Parteigänger von Gratians Vater und ist unter ihm sehr reich geworden. Seit Valentinians Tod hat er sich politisch bedeckt gehalten, doch auf See kennt ihn jeder. Jedes vierte Getreideschiff trägt sein Banner und er stellt viele ehemalige Flottensoldaten ein. Ein Mann von einiger Macht.«
»Und der gewährt Tennberg und seinen Schergen Unterschlupf ?« Das Misstrauen in Neumanns Stimme war förmlich greifbar.
»Wenn er davon weiß, was sich in seiner Lagerhalle abspielt – ja! Und es passt. Wir alle wissen, dass Rheinbergs und Gratians Pläne für das Reich von vielen Leuten misstrauisch beäugt werden .« Africanus seufzte und setzte sich nun hin, konnte ein Gähnen kaum unterdrücken. »Es ist logisch, dass von Klasewitz bei Gegnern Gratians Unterschlupf gefunden hat .«
»Das ist eine sehr gefährliche Entwicklung«, murmelte Köhler. »Von Klasewitz war als Offizier ein Nichtsnutz, als Mensch ein Ekel. Aber er war der Artillerieoffizier an Bord der Saarbrücken und das nicht ohne Grund. Er kennt sich gut mit Kanonen aus, verdammt gut sogar. Das würde auch von seiner ehemaligen Mannschaft niemand in Zweifel ziehen, auch jene nicht, die sehr froh darüber sind, dass er verschwunden ist .«
Africanus sah Köhler besorgt an. »Also kann es sein, dass er irgendwo im Geheimen an Kanonen arbeitet? Wenn das so wäre, dann doch für jemanden, der sie auch einzusetzen gedenkt !«
Köhler nickte. »Wir müssen Marcellus befreien und mehr über diese scheinbare Verschwörung erfahren. Rheinberg muss so schnell wie möglich informiert werden. Auf welchem Wege können wir eine Nachricht schicken ?«
Africanus machte eine umfassende Geste. »Es ist Winter. Die Segelschifffahrt ist fast völlig eingestellt. Wir sitzen in der schnellsten Methode. Lasst uns einen Trupp zusammenstellen und sogleich zur Lagerhalle aufbrechen. Wenn wir etwas finden, schicken wir die Valentinian sofort zurück, stechen in See, geben Volldampf und auf nach Ravenna. Sepidus kann das übernehmen. Von dort aus entsendet er einen Botenreiter. Trier kann binnen zwei Wochen über alles informiert sein, was wir hier erfahren, vielleicht schon früher. Schneller wird es nicht gehen .«
»Dann soll es so geschehen !« , bestimmte Köhler und sah Neumann an, der nur schweigend nickte. Africanus sprang auf die Füße, jetzt, wo es entschieden war, voller Energie.
Es dauerte keine zehn Minuten, da hatten er und Köhler eine Mannschaft beisammen. Natürlich gehörte Behrens dazu, und auch Oberheizer Forstmann hatte es sich nicht nehmen lassen, sich freiwillig zu melden. Dazu kamen sechs Legionäre zur See, römische Marinesoldaten, bewaffnet mit Kurzschwert und Speer. Die Deutschen trugen Handfeuerwaffen, hatten allerdings
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