Kaiserkrieger: Der Aufbruch
Hand zum Gruß. Er hatte das Geschäft seines Lebens gemacht, dessen war sich Godegisel sicher.
Sie halfen ihm noch, das Boot wieder ins tiefere Wasser zu stoßen. Jetzt stand der Wind ungünstig. Der Fischer setzte sich unverdrossen an die Ruder und begann, mit quälender Langsamkeit den Rückweg anzutreten. Angesichts seiner Armmuskeln, die auch der kräftig gebaute Gote nur mit neidloser Anerkennung gemustert hatte, war in der Tat zu vermuten, dass ihm diese Arbeit nicht fremd war. Er würde auf diese Weise, sollte sich der Wind nicht günstig wenden, mehr als die rund zwei Stunden für die Rückreise benötigen, die bei der Hinfahrt verstrichen waren. Es war aber noch nicht einmal die Mittagszeit angebrochen. Mit etwas Glück würde der Fischer als reicher Mann noch vor Anbruch der Dämmerung wieder bei seiner Familie sein. Als Godegisel dem langsam kleiner werdenden Boot nachblickte, war er sich sicher, dass die beiden Pferde in der Zwischenzeit schon einen neuen Besitzer gefunden hatten und der Erlös in der Tasche unter der Schürze der Ehefrau verwahrt wurde – genauso, wie er sich sicher war, dass sie die Silbermünze, die ihr Mann zuletzt erhalten hatte, niemals zu Gesicht bekommen würde.
Er lächelte.
Sie machten sich an den Aufstieg. Geschwächt durch die Seekrankheit dauerte es eine gute Stunde, bis sie oben waren. Zu ihrer Überraschung trafen sie sofort auf eine befestigte Küstenstraße und auf den Rat des ehemaligen Kaisers hin folgten sie ihr in Richtung Südosten.
Nach einer guten Stunde kamen sie an eine abbiegende Militärstraße, die einen Wegweiser aufwies. Von hier ging es direkt nach Nemetacum. Und eine weitere Stunde des Weges entlang brachte sie in ein kleines Dorf, wo ihr Geld von den Bewohnern gerne gesehen wurde. Für Pferde reichten die Mittel nicht mehr, aber für ein warmes Essen und eine Fahrt auf dem Eselskarren eines Händlers, der noch zwei Plätze frei hatte und sie nur zu gerne an zahlungsfähige Reisende vermietete. Trier war auch in dieser Provinz angesiedelt und sie hatten einen Moment darüber nachgedacht, gleich bis dorthin zu reisen. Letztlich hatte aber Valens beschlossen, dass es besser wäre, sich sogleich in die Obhut befreundeter Männer der hiesigen Militärverwaltung zu begeben, anstatt noch länger voller Risiko inkognito durch das Land zu reisen.
Mit schmerzenden Füßen, aber vollem Magen und generell guter Dinge wuchteten sich die beiden Flüchtlinge auf den Karren, starrten müde auf den Rücken der beiden Esel und rumpelten die Straße Richtung Osten. Die Übelkeit ließ nur langsam nach.
Sie hatten Britannien verlassen.
Kapitel 21
Rheinberg war froh, aus Trier herauszukommen. Dass er eine Reise machte, die auch noch sinnvoll war, erhöhte die Bereitschaft, dem Kaiserhofe für einige Tage Lebewohl zu sagen und sich davonzustehlen.
Obgleich das Wort nicht passte.
Als Magister Militium war Rheinberg kein Privatmann mehr, und als Figur des öffentlichen Lebens hatte er die Form zu wahren. In diesem Falle bedeutete es, dass der »kleine Ausflug«, den er auf drängende Bitten von Marineoberingenieur Dahms durchführte, zu einem Massenauflauf führte. Als er Gratian von seinen Plänen berichtet hatte, verbunden mit der Bitte, kein großes Aufheben darum zu machen, hatte der junge Kaiser, in diesen Dingen weiser und verständiger als er, nur gütig gelächelt.
Natürlich hatte dieser Ausflug in jedem Falle etwas Gutes. Da war nicht nur die Tatsache, dass Dahms extra aus Ravenna angereist war, um ihn auf diesem Abstecher zu begleiten. Mit dem Ingenieur zusammen zu sein, war nach Wochen der politischen Ränkespiele eine sehr wohltuende Abwechslung. Der klare, technische Verstand des Mannes und seine Konzentration auf sehr greifbare Probleme, die alle mit den technischen Verbesserungen zu tun hatten, die sie im Reich einführen wollten, waren eine heilsame Erfahrung für Rheinberg. Das Interesse des Ingenieurs an den politischen Entwicklungen war relativ begrenzt, er hatte sich ganz in eine Vielzahl an Problemen verbissen, bei deren Lösung er jetzt die Hilfe von Rheinberg benötigte. Dieser tat, wie er gebeten worden war, weil er nicht zuletzt das Gefühl hatte, dass das Ziel ihrer mehrtägigen Reise von hohem symbolischen Gehalt war.
Begleitet wurden die beiden Deutschen von zwanzig Reitern aus der Leibgarde des Kaisers, handverlesen natürlich und mit der grimmigen Entschlossenheit, den Heermeister unter Einsatz ihres Lebens zu beschützen. Nicht,
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