Kaiserkrieger: Der Aufbruch
nahm einen Schluck. »Das hängt natürlich damit zusammen, dass wir aufgrund der langen Liegezeit der Saarbrücken viel Landgang gewährt haben und unter den römischen Frauen die Männer der Saarbrücken offenbar als gute Partie gelten. Jedenfalls hat sich da so einiges entwickelt .«
Dann wich das Lächeln wieder aus seinem Gesicht.
»Wir müssen da einige grundsätzliche Entscheidungen treffen, Kapitän. Nicht alle der Jungs sind Hallodris, die nur einmal über eine rüberrutschen wollen, um ihren Spaß zu haben. Es sind anständige Kerls dabei, viele, die daheim … in unserer alten Zeit … eine feste Braut hatten mit ernsthaften Absichten. Die wurden jetzt nicht plötzlich umgedreht. Einige von den Männern haben sich ehrlich verliebt und wollen das auch amtlich machen .«
»Es gibt im Reich kein Standesamt, wie wir es kennen«, erinnerte ihn Rheinberg. »Es gibt noch nicht einmal eine formale kirchliche Trauung .«
Dahms nickte gewichtig.
»Wir haben uns Gedanken dazu gemacht. Wir haben auch mit dem Bischof von Ravenna über die Sache gesprochen. Scheint, als habe der ein großes Interesse an der Liturgie, die wir aus unserer Zeit mitgebracht haben. Die Idee einer förmlichen Trauungszeremonie ist bei ihm auf fruchtbaren Boden gefallen. Und was den Verwaltungsakt angeht …« Dahms zuckte mit den Schultern. »Der Kapitän darf nach alter Sitte verheiraten. Langenhagen und Joergensen in Ihrer Abwesenheit. Wir sollten da eine Lösung finden, die allen genügt. Vor allem: Wir sollten die Heirat erlauben, auch ohne Einzelfallprüfung. Die Leute müssen sich einrichten, ihre Daheimgebliebenen wenn nicht vergessen … nun … vielleicht wenigstens den Schmerz darüber, dass sie unerreichbar für uns sind .«
Dahms sah Rheinberg mit steinernem Gesicht an. Er hatte Frau und Kind im Deutschland der Zukunft zurückgelassen. Einer der Gründe, warum er sich dermaßen in die Arbeit gestürzt hatte, seit sie hier waren, lag sicher in dem Bemühen, die Gedanken an eben diese Unerreichbarkeit zu verdrängen. All jene, die ohne feste Bindung hierher verschlagen worden waren, wie Rheinberg selbst, hatten es da sicher einfacher.
Für einen kurzen Moment dachte er an Aurelia. Er korrigierte sich in Gedanken. Einfacher war es nur für jenen, der damit gut umgehen konnte, sich in eine Frau zu verlieben. Der Heermeister Roms gehörte offenbar nicht in diese Kategorie.
Er seufzte.
»Ich bin weit weg vom Schuss und kann diese Art von Entscheidungen nur schwer treffen«, räumte er schließlich ein. »Setzen Sie sich mit den anderen Offizieren zusammen und finden Sie eine Lösung, meinen Segen haben Sie. Aber wird das nicht dazu führen, dass wir früher oder später Männer haben werden, die das Schiff verlassen wollen ?«
Dahms nickte. Er goss sich noch etwas Wein nach und betrachtete stirnrunzelnd die kandierten Früchte, die in einer Schüssel auf dem Tisch standen.
»Das wird geschehen. Es ist nicht akut, aber es wird kommen. Und wir werden niemanden halten können. Denken Sie an Volkert .«
Rheinberg verzog das Gesicht. »Irgendwas von ihm gehört ?«
»Nein, gar nichts. Er ist wie vom Erdboden verschwunden. Wir haben Hinweise, dass er in die römische Armee schanghait worden ist. Aber die Spur verliert sich schnell und, na ja, wir drängen auch nicht besonders. Es nützt nichts, den armen Jungen quer durch das Reich zu jagen. Wir können uns um ihn kümmern, wenn die Sache nicht mehr heiß ist und die Römer darüber hinwegsehen, dass wir einen Deserteur genauso begnadigen wollen wie einen Meuterer. Die Sache mit der Senatorentochter ist das Problem. Da sind die Römer sehr prüde und standesbewusst. Da muss noch eine Menge Gras drüber wachsen .«
»Das klang vor einiger Zeit aber noch ganz anders, Herr Marineoberingenieur«, tadelte Rheinberg. »Sie werden doch nicht weich ?«
»Ich werde älter. Und ich sehe, wie schwer hier alles ist. Und wie schlecht wir am Anfang organisiert waren. Dafür sollte Volkert nicht büßen müssen. Das habe ich mittlerweile auch eingesehen. Den Einzigen, den ich am Vormast baumeln sehen möchte, ist von Klasewitz. Und Tennberg, das Wiesel.«
Dahms hob die Hände. »Und bevor Sie fragen: Nein, wo der abgeblieben ist, das weiß auch keiner. Und das macht mir weitaus mehr Kopfschmerzen als der Verbleib des jungen Volkert .«
»Dem kann ich nicht widersprechen .«
»Von Klasewitz bereitet mir wirklich Sorge«, bekräftigte Dahms. »Er wird das Scheitern seiner Meuterei nicht auf
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