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Kaisertag (German Edition)

Kaisertag (German Edition)

Titel: Kaisertag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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Häuschen mit Dachaufsatz, das ehemals als Pranger gedient hatte und nun ein Reisebüro beherbergte – sich vor der alles erdrückenden Präsenz der Hauptpost in die schützende Nähe des Rathauses flüchten. Den Mittelpunkt des Platzes bildete ein Brunnen, der gleichfalls sehr unglücklich und übertrieben versuchte, sich den Anschein würdigen Alters zu geben, und dennoch nur eine neugotische Geschmacksverirrung blieb. Aber wenigstens standen um ihn herum Bänke, auf denen man sich niederlassen und die schöneren Teile des Panoramas auf sich wirken lassen konnte. Dort saß Friedrich Prieß und dachte nach.
    Dass Oberst Diebnitz’ Tod sich ganz anders abgespielt haben musste, als es bisher den Anschein hatte, veränderte für Prieß vieles. Und dass er sich bei der Arbeit an dieser seltsamen Sache unerwartet im Bunde mit seiner ehemaligen Verlobten wiederfand, verunsicherte ihn, da er immer noch nicht wirklich wusste, wie er sich in ihrer Gegenwart verhalten sollte.
    Von der Marienkirche, deren hohe Doppeltürme hinter der Häuserzeile an der Nordseite des Marktes aufragten, schlug es fünf. Ein dreiachsiger Omnibus mit Anhänger, der gerade von den zu Lübeck gehörenden Dörfern im Mecklenburgischen zurückkehrte, quälte sich im Schritttempo zwischen den Rathausarkaden hindurch. Auf jeder Seite blieb zwischen den Granitsäulen und den großen Außenspiegeln nur eine Handbreit Luft. Doch der Fahrer meisterte die Herausforderung routiniert, lenkte das lange Gespann zur Endhaltestelle auf dem Markt und brachte den Bus zum Stillstand. Das metallische Tuckern des Dieselmotors erstarb, mit einem Zischen der Pressluftanlage öffneten sich die Falttüren und ein halbes Dutzend Fahrgäste stieg aus.
    Prieß stand von der Bank auf. Er hatte soeben beschlossen, Franziska Diebnitz einen Zwischenbericht zu geben. Alexandra Dühring selber hatte gesagt, die Witwe des Obersts habe ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren. Bisher nahm sich die Wahrheit freilich noch recht mager aus, aber es stand bereits fest, dass an diesem scheinbaren Selbstmord einiges ganz und gar nicht koscher war. Prieß wollte seiner Klientin zeigen, dass er für seinen Vorschuss auch etwas tat. Er überschlug rasch, wie viel Kleingeld er wohl im Portemonnaie haben mochte, und ging dann hinüber zu den Telefonzellen vor dem Postamt.
      
    »Vielen Dank, Mathilda«, sagte Alexandra Dühring, »ich brauche Sie für heute nicht mehr.«
    Das ältliche Hausmädchen bedankte sich, stellte die Flasche französischen Cognac und die beiden Gläser auf den Tisch und verschwand dann im Haus. Die Polizeipräsidentin und Prieß blieben alleine auf der Gartenterrasse zurück. Es dämmerte bereits, und eine Lampe sorgte für ein warmes, unaufdringliches Licht.
    Alexandra schenkte in jedes der Gläser etwas von dem rötlichen Cognac ein. »Also, du hast mit deiner Klientin telefoniert. Und was hast du ihr erzählt?«
    »Nicht viel. Nur, dass ich sichere Hinweise dafür habe, dass ihr Mann nicht wirklich Selbstmord begangen hat. Die Schuhe habe ich nicht erwähnt und dich schon gar nicht. Mein Beruf hat mich gelehrt, nicht zu geschwätzig zu sein.«
    »Das war gut so. Außer uns beiden sollte niemand wissen, dass ich an der Sache beteiligt bin, das könnte mich nämlich leicht meinen Stuhl kosten. Und wie hat die Diebnitz diese Neuigkeit aufgenommen?«
    »Überrascht klang sie nicht. Aber sie hat mich ja schließlich engagiert, weil sie von vornherein nicht an einen Freitod glaubte. Ich habe ihre Vermutung nur bestätigt. Außerdem habe ich von ihr neue Informationen bekommen. Ich weiß nur noch nicht, ob sie von Bedeutung sind.« Er führte sein Glas zum Mund und genoss den vortrefflichen Cognac.
    »Fritz, nun lass dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen. Was hat sie dir gesagt?«
    »Also, während der letzten Woche, die Diebnitz zu Hause in Hamburg verbracht hat, muss ihn etwas beschäftigt haben. Ihr schien es, als würde er an einem schwierigen Problem kauen. Und an einem Tag erschien abends ein gewisser Paul von Rabenacker. Das ist ein Oberst, den Diebnitz schon seit der Offiziersschule kannte. Er und seine Frau kamen etwa einmal pro Monat zu Besuch und sie spielten gemeinsam Bridge. Aber diesmal war er alleine, und er hat sich auch auf der Stelle mit Diebnitz zurückgezogen, als haben sie etwas Wichtiges zu besprechen gehabt. Nach nicht einmal einer halben Stunde ging er wieder.«
    »Es wäre sicher nicht uninteressant, mit diesem Oberst ein paar Worte zu

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