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Kaisertag (German Edition)

Kaisertag (German Edition)

Titel: Kaisertag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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Männern sehen die berühmten britischen Gurkhas oder die amerikanische Marineinfanterie wie Kinder beim Räuber-und-Gendarm-Spielen aus.«
    Während Sonnenbühl und Prieß den Weg, auf dem sie gekommen waren, wieder zurückgingen, fuhr der Major fort: »Aber du kannst dir sicher denken, dass Tarnuniformen nicht unsere einzige Besonderheit sind.«
    »Glaube ich gerne, Max. Es kursieren ja eine ganze Menge Gerüchte über die Sonderbrigade. Du weißt schon, diese Geschichten, dass eure Leute zum Überlebenstraining allein im Urwald von Kaiser-Wilhelm-Land ausgesetzt werden. Oder dass die Soldaten fünfundzwanzig verschiedene Arten beherrschen, einen Gegner lautlos und ohne Waffe zu töten.«
    Der Major lachte kurz und trocken. »Ja, davon habe ich auch schon gehört. Ist aber alles Unfug, Fritz. Wir werfen unsere Männer nicht über dem Dschungel ab. Und sie beherrschen auch keine fünfundzwanzig Tötungsmethoden … sondern siebenunddreißig. Wenn’s darum geht, ohne großes Aufsehen Feinde zu neutralisieren, sind unsere Leute unübertroffen. Aber das ist nicht ihre einzige herausragende Eigenschaft. Wer in der Sonderbrigade dient, muss sowohl gehorsam als auch intelligent sein. Gehorsam, weil er bereit sein muss, jeden Befehl, ohne zu zögern, auszuführen. Intelligent, weil in vielen Fällen die Art, wie er den Befehl in die Tat umsetzt, ihm überlassen bleibt. Nachdenken, improvisieren, handeln. Solange das Ziel erreicht wird, ist der Weg dahin egal. Das ist bei uns eben anders als bei den Linientruppen, wo nur stures Ausführen von bis ins letzte Detail vorgegebenen Anweisungen verlangt wird, was ja jeder Dorftrottel kann.«
    »Und das funktioniert?«, fragte Prieß zweifelnd. Er konnte sich noch gut an die Grundsätze der Truppenführung erinnern, die man ihm während der Offiziersausbildung eingetrichtert hatte.
    Der bloße Gedanke, dass Soldaten nachdenken oder gar in Eigeninitiative handeln könnten, wäre seinem Lehrer sicher wie pure Ketzerei erschienen.
    »Sogar bestens. Du hast doch garantiert mitbekommen, was vor drei Jahren in Uruguay los war, oder?«
    Die Frage war rein rhetorisch, denn die Ereignisse während des Aufstandes gegen die Herrschaft von General Perez hatten damals für Wochen die Titelseiten der Zeitungen, die Radionachrichten und die Wochenschauen beherrscht. Dass die Aufständischen es gewagt hatten, die deutsche Botschaft in Montevideo zu besetzen und alle Botschaftsangehörigen mitsamt ihren Familien als Geiseln zu nehmen, hatte die Wogen der Empörung hochschlagen lassen.
    »Natürlich«, antwortete Prieß daher, »davon weiß doch wohl jeder.«
    »Aber was das für ein Spezialkommando war, das nachts mit Fallschirmen aus einem Luftkreuzer abgesprungen ist, die Geiseln befreit und alle Terroristen auf dem Botschaftsgelände eliminiert hat, das weißt du nicht, richtig? Tja, das waren nämlich Männer der Sonderbrigade. So eine komplizierte und gefährliche Operation kann man schließlich nicht badischen Füsilieren überlassen. Na, bist du jetzt davon überzeugt, dass unsere Methoden Sinn haben?«
    Friedrich sah seinen Freund überrascht an. Er hatte nicht einmal geahnt, dass Soldaten der Sonderbrigade diese aufsehenerregende Aktion durchgeführt hatten. Ihm war damals nur aufgefallen, dass die Männer trotz des allgemeinen Jubels über die gelungene Befreiung der Botschaftsgeiseln weder öffentlich geehrt noch namentlich irgendwo genannt worden waren.
    Genau in diesem Moment hielt nur wenige Meter entfernt der weiße Lastwagen der Wäscherei vor einem der Gebäude. Während einige Soldaten die Wäschesäcke herausbrachten und in den Laderaum warfen, trat Sonnenbühl an das Fahrerhaus. Der Mann hinter dem Steuer befürchtete bereits, er könnte sich möglicherweise verkehrt verhalten oder verdächtig gemacht haben. Verunsichert schaute er auf den Major und beobachtete zugleich aus den Augenwinkeln unruhig den Bewacher mit der entsicherten Maschinenpistole auf dem Beifahrersitz.
    Maximilian Sonnenbühl deutete mit einem kaum wahrnehmbaren Nicken eine Begrüßung an und fragte: »Hat man Sie schon über die neuen Zeiten für die Wäscheabfuhr informiert?«
    »Nein, Herr Major«, antwortete der Fahrer. Prieß konnte dem Mann die Erleichterung deutlich anhören.
    »Ab sofort findet die Abholung der Schmutzwäsche jeden Tag zwischen halb sieben und sieben Uhr morgens statt. Richten Sie das in Ihrer Firma aus, verstanden?«
    »Jawohl, Herr Major«, bestätigte der Fahrer pflichteifrig,

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