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Kaisertag (German Edition)

Kaisertag (German Edition)

Titel: Kaisertag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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Weinberg. Er spürte das Gewicht der Leiche auf sich. Er spürte, wie sich das Leben aus seinen Armen und Beinen zurückzuziehen begann. Er spürte das pulsierende Dröhnen in seinem Schädel, das immer ferner rückte.
    Das Hämmern der Maschinenpistolen entfernte sich immer weiter, noch ehe es verstummte. Stille legte sich wie eine beruhigende Decke über die Dunkelheit.
    Ich sterbe , dachte Prieß. Und er fürchtete sich. Sein Atem wurde flacher.
    Jemand trat ihn in die Seite. Er fühlte es, aber er konnte sich nicht mehr rühren.
    »Wir haben die Schweine beide erledigt«, sagte eine unendlich weit entfernte Stimme.
    »Tossehoved!«, antwortete eine andere. »Tale dansk, blot dansk!«
    Danach kam nichts mehr. Prieß merkte nur noch, wie seine Gedanken langsam versiegten.
    Und ich wäre doch so gerne nach Brasilien geflogen , war das Letzte, was durch sein Hirn schlich.
    Dann wurde er in einen finsteren, kalten Strudel hinabgezogen.
    * * *
     
    Die Finsternis geriet in Bewegung wie eine zähe dunkle Masse, die durch einen trägen Mahlstrom aufgerührt wurde. Und doch war da nichts als Leere, düstere, behäbig dahinfließende Leere.
    Ist das alles? , war Prieß’ erster Gedanke, der irgendwo in der Unendlichkeit verhallte. Nur das? Sonst nichts? Sieht so der Tod aus? Ist das die Ewigkeit?
    Angst packte ihn. Angst vor dieser unermesslichen Schwärze, aus der es kein Zurück mehr gab. Keine Hölle, kein Paradies. Nur endlose Dunkelheit.
    »Wach endlich auf!«
    Er erschrak. Eine Stimme füllte das Nichts. Die Stimme Gottes oder eines Erzengels oder … er wusste es nicht. Aber so furchterregend diese Stimme auch war, sie beruhigte ihn sehr. Denn nun wusste er, dass es etwas geben musste inmitten dieser Unendlichkeit. Etwas Großes, das zu ihm sprach.
    »Wach schon auf, Fritz. Ich kann sehen, wie sich deine Augen bewegen.«
    Alexa!
    Die Stimme war jetzt plötzlich viel näher, viel realer. Sollte Gott wirklich klingen wie Alexandra? Es war eine merkwürdige Vorstellung. Prieß hätte auflachen können, wenn er noch einen Körper besessen hätte.
    Da merkte er, dass er tatsächlich einen Körper hatte.
    Stechender Schmerz setzte unerwartet dort ein, wo er seinen Hinterkopf vermutete. Also lebte er noch.
    Prieß schlug die Augen auf. Die Finsternis verschwand.
      
    Das Erste, was er sah, nachdem er sich mit vielem Blinzeln an das helle Licht gewöhnt hatte, war Alexandra. Sie stand in ihrer Uniform neben dem Bett, in dem er lag, und atmete erleichtert auf.
    »Gott sei Dank. Ich dachte schon, du würdest gar nicht mehr zu dir kommen. Wie fühlst du dich? Ist alles in Ordnung mit dir?«
    »Ich denke schon«, antwortete er benommen. »Was ist denn bloß passiert? Ich erinnere mich nur … da war diese Schießerei. In dem Dorf …«
    Er blickte sich um. Mit Knarren und Ächzen kam das Schwungrad seines Verstandes mühsam wieder in Bewegung. Jetzt sah er, dass er nicht in einem Krankenhaus war, sondern vermutlich in Alexandras Gästezimmer. Durch das offene Fenster fielen die Strahlen der Morgensonne. Irgendwo draußen in den Bäumen sangen Vögel. Er roch Kaffee. Nun erst bemerkte er, dass neben ihm auf dem Nachttisch ein Tablett mit einer dampfenden Tasse, einem Teller belegter Brötchen, einer Zeitung und einem Buch stand.
    »Ich bin so froh, dass dir nichts zugestoßen ist«, sagte Alexandra. Es klang, als wäre eine tonnenschwere Last von ihr genommen worden. Sie zog einen Stuhl heran und setzte sich neben das Bett. »Leider habe ich nicht viel Zeit. Auf mich warten ganze Horden von Journalisten. Seit dem Anschlag gestern ist die Hölle los. Aber du sollst wenigstens schnell erfahren, was geschehen ist …«
    Mit wenigen Worten schilderte sie, was sich am Tag zuvor zugetragen hatte, und selbst aus den betont knappen und nüchternen Sätzen war noch das Echo des Entsetzens herauszuhören. Nachdem sie am Sonntagmorgen Friedrichs Nachricht erhalten hatte und sich darüber ärgerte, dass Prieß so unvorsichtig war, sich in Kronsforde alleine mit einem unbekannten Informanten zu treffen, klingelte um kurz vor zehn ihr Telefon. Sie erhielt die Meldung, dass wegen eines neuen Terroranschlags, der diesmal auch Menschenleben gefordert hatte, Großalarm ausgerufen worden war. Als sie den Namen Kronsforde hörte, war es wie ein Peitschenhieb. Sie war sich sofort sicher, dass es kein Zufall sein konnte.
    Nur zwanzig Minuten nach dem Anruf traf sie bereits in dem Dorf ein. Ihr bot sich ein Bild des Schreckens: Auf dem Dorfplatz

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