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Kaktus zum Valentinstag

Kaktus zum Valentinstag

Titel: Kaktus zum Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Schmidt
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Nationalparks der Natur macht im Westen der USA am allermeisten Spaß. So fahren wir mit dem Mietwagen rauf bis Yellowstone und auch rein nach Mexiko, schließlich mit Bussen sogar noch runter bis zu den Dschungel-Ruinen von Tikal in Guatemala, um gleich noch ein paar tausend Meilen der Panamericana einzusammeln, jener legendären Straße, die von Alaska bis Feuerland geht, bevor wir nach einem kurzen Badeaufenthalt an der Karibikküste von Belize von Yucatán aus wieder nach Hause fliegen.

Eiertanz vorm leeren Stubenwagen
    In der Weihnachtszeit sind mein Gnubbelchen und ich bei Tantchen, meiner Schwester. Sie ist schwanger, erwartet im Frühjahr ihr erstes Kind. Auf dem Wohnzimmertisch liegt ein kleines Büchlein: Wie soll unser Kind heißen?
    Ich greife zu diesem Büchlein, und natürlich faszinieren mich Namen wie Gwendolina, die irgendwie toll klingen, aber vielleicht kein Name für ein Kind in der heutigen Zeit sein sollten.
    Die ganzen Namensbedeutungen treffen alle nicht das, was ich mir so vorstelle. Merkwürdig. Kinder sind Leben, Leben kommt durch die Sonne. Die Sonnenenergie ist das Tor zum Leben. Das Licht. In diesem Moment muss ich an Ra, den altägyptischen Sonnengott, denken.
    Mein Gnubbelchen und ich überlegen uns, wie wir unsere Kinder gegebenenfalls nennen würden, sozusagen für alle Fälle, ohne Handlungsdruck. Da in dem Büchlein auch zwei mir bekannte Namen drinstehen, die mit Ra beginnen, schlage ich meinem Gnubbelchen je nach Geschlecht die Namen Raphael und Ramona vor, die beide das Ra in sich tragen.
    Während wir diese Ideen mehr spaßig als ernst gemeinsam diskutieren, können wir uns zudem für die Namen Jonathan und Johanna begeistern. Möglicherweise macht ja sogar ein Doppelname Sinn. Der würde auch für mehr Eindeutigkeit sorgen. So steht schnell fest, dass wir entweder also einmal RaRas, RaJos, JoRas oder JoJos kriegen werden.
    Wir beschließen so bereits heute für eine ferne Zukunft zusammen, dass ein Mädchen einmal Ramona Johanna und ein Junge Raphael Jonathan heißen soll. Kinder sind für mich fortan RaRas, wie Lichter im Leben.
    Die Zeit vergeht, ich schreibe an meiner Doktorarbeit. Dabei mache ich die leidvolle Erfahrung, dass sich das wissenschaftliche Arbeiten den menschlichen Befindlichkeiten unterordnen muss. Das sei ein »Eiertanz«, sagt man mir. Tanzende Eier, was für ein interessantes Bild, denke ich noch so, als mein Gnubbelchen mich plötzlich ungewohnt merkwürdig anspricht:
    »Peter, ich finde das jetzt etwas komisch, aber die Lok ist immer noch nicht gekommen. Ich hoffe mal, sie kommt noch!«
    Um Himmelswillen, ja, die Lok. »Was ist mit der Lok?«
    »Sie scheint nicht mehr zu kommen!«
    »Was willst du mir damit sagen?«
    »Ich kann es nicht ausschließen, dass ich schwanger bin!«
    »Wie bitte? Was soll das heißen?«
    »Das heißt, dass ich möglicherweise schwanger bin!«
    »Wie hast du dir denn das vorgestellt? Wer soll das Kind denn großziehen? Dafür braucht man ein Haus oder wenigstens eine große Wohnung – und nicht so eine altbauhafte Studentenzweizimmerwohnung im Stadtzentrum! Und – ich wollte eigentlich noch ein wenig ohne irgendwelches Gequake mit dir leben können!«
    Ich wüte durch das Wohnzimmer.
    »Ich warte noch zwei Tage, wenn dann meine Tage nicht gekommen sind, dann gehe ich zum Frauenarzt, okay?!«
    Stille.
    Meine Gedanken echoen nur noch ein Wort: Kind! – Kind! – Kind!
    Die Lok, das ist etwas, was mich am Sex fürchterlich abschreckt. Es ist ein Gefühl, als wenn man über Gleise eines Bahnübergangs geht und wird dann von einer Lok überfahren. Die Lok kommt immer dann, wenn Martina »ihre Tage« hat. Wenn jemals Blut an meiner Maschine, so nenne ich gelegentlich mein bestes Stück, wäre, würde ich mich von der Lok überfahren fühlen. Ein höchst unangenehmes Gefühl. Die Lok, die kommt laut Fahrplan eben alle 27 Tage, aber diesmal scheint ihre Verspätung so groß zu sein, dass der Zug ausfällt. Martina könnte schwanger sein. Eine für mich kaum hinnehmbare Perspektive, denn noch ist da kein richtiger Beruf in Sicht, der ordentlich Geld in die Familienkasse bringt. Lieber Gott, Manitu, Allah, Buddha oder wie du auch immer heißen magst, lass die Lok noch kommen. Bitte!!!
    Doch sie kommt nicht mehr. Stattdessen kommt Martina einige Tage später, am 22. April, einem rotgrünen Tag, nach Hause, um mir etwas zu zeigen. In ihrer Hand hält sie so ein kleines abgerundetes weißplastikiges Flach mit einem Loch in der Mitte.

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