Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)
hatte ja so viel Spaß, ganz ehrlich. Aber wenn er gewusst hätte, dass er beobachtet wurde, wäre ihm das Lachen vergangen.
An einem Seil, das an einem Abzug auf dem Dach befestigt war, hing Arno Becker eng an die Hauswand geschmiegt über dem geöffneten Fenster. Becker beobachtete das Katz-und-Maus-Spielunter sich: Den Kater, der zum Lachs hochspringt, und Fists Arm, der aus dem Fenster schnellt, um das Tier von der Fensterbank zu schubsen. Er sah nicht zum ersten Mal dabei zu.
Becker war nah genug, um das messingartige Aroma des Fischs auf der Zunge zu spüren, aber obwohl er jetzt mit den Füßen auf dem Metallrahmen des Fenstergitters stand, hielt er das Seil ganz fest, an dem immer noch sein Gewicht hing.
Man musste geduldig sein.
Schließlich hatte Carlton keine Lust mehr zu spielen.
»Abendessen für die Mieze.« Er gab plötzlich auf und streckte seinen fleischigen Arm hinaus, um den Lachs draußen auf den Treppenabsatz zu werfen.
In dem Moment ließ Becker das Seil los, durch sein Gewicht zerbrach der dünne Besenstiel und das Fallgitter schnellte wie eine Guillotine auf die Fensterbank hinab.
Eine gewaltige Erschütterung zwang Fist in die Knie. Anfangs spürte er nichts. Irgendetwas hatte ihn runtergerissen und er war mit dem Kopf auf die Fensterbank geknallt. Er hatte einen Metallgeschmack im Mund, das war alles. Zuerst.
Doch dann wollte er sich in den Schutz seiner Wohnung zurückziehen …
»Ouaaaahhh!!!«
Da bemerkte Fist, dass sein Arm unter dem Gitter eingeklemmt war.
Er schrie. Der Kater schrie.
Fist hörte, wie Füße aufprallten, und plötzlich war am immer noch geöffneten Fenster eine Person zu sehen. Die hing mitten in der Luft.
»Hallo Fist.«
Von der anderen Seite der Guillotine aus lächelte ihn Arno Becker an.
»SCHEISSKERL!«
Fist versuchte, mit seinem gesunden Arm Becker an der Kehle zu packen. Mühelos fing Arno seinen Arm ab. Er ließ eine Handschelleum das dicke Handgelenk zuschnappen und befestigte das andere Ende am Geländer des Treppenabsatzes. Carltons beide Arme saßen nun fest, waren ausgestreckt und ausgeliefert.
Fist schrie wieder. Jetzt vor Schmerz, da Sehnen und Bindegewebe den ersten betäubenden Schock überwunden hatten und das Trauma über das Rückenmark ans Gehirn meldeten.
Dann fluchte er. Er verfluchte Becker, Gott und Bladehorn. Er verfluchte seine Mutter.
Arno lächelte. Geduldig. Er wartete auf eine Pause. Schließlich, als sein Opfer nur noch schluchzte …
»Wo ist Alex Goodman, Fist?«
»Was? Wer?«
Becker schlug mit einem Totschläger hart auf den angeketteten Arm.
»AAAAAHHHHHH!!!«
Noch eine Tirade von Gotteslästerungen. Dann bettelte er. Er bettelte und drohte abwechselnd.
»Mach mich los … ICH BRING DICH UM, BECKER! Mach mich los! GOTTVERDAMMT!«
Arno inhalierte den Geruch des Lachses, der zusammen mit Carltons Arm eingequetscht war.
»Alex Goodman. Wo ist er?«
»Ich … Ich weiß nicht. Keiner weiß das!«
»Das ist nicht die Antwort, die ich hören will«, mahnte ihn Becker.
»Ich kann dir doch nicht sagen, was ich nicht WEISS, VERDAMMT!«
»Und wo ist Jack Romaine, hmm? Master Jack? Erzähl mir nicht, er wäre von sich aus abgehauen. Bladehorn hat ihn doch garantiert irgendwohin geschickt.«
Fist schüttelte den Kopf.
»Nein … NEIN!«
Arno steckte den Totschläger wieder in seine Jacke und holte sein Messer heraus.
»Keine Antwort, keine Gnade.«
»Du weißt doch, was Bladehorn mit mir macht! Das WEISST du doch!«
»Ich weiß nur, was ich machen werde, und ich muss dir leider sagen, Fist, keiner heuert einen Wachhund ohne Pfoten an. Wenn du verstehst, was ich meine. Und diese Fäuste hätte ich unheimlich gern, ehrlich. Präpariert über meinem Kamin. Wenn ich einen Kamin hätte.«
»Oh Gott …«
Arno setzte die Klinge am Arm mit der Handschelle an.
»In Ordnung, in Ordnung!«
Fist ließ kurz die Stirn in die Blutlache auf der Fensterbank sinken.
»… Der Boss hat ihm eine Zugfahrkarte gegeben. Mehr weiß ich nicht. Er ist irgendwo in der Nähe von Tampa.«
Becker schnitt eine Scheibe aus Fists Fleisch.
»OH GOTT!«
»WOHIN?«, drängte Arno.
»Mein Gott! Kaleidoscope! Ja, das ist es … Kaleidoscope, das ist der Ort. Südlich von Tampa. Das ist alles, was ich weiß. Ich schwöre zu Gott!«
»Du musst nicht schwören, Fist …«
Arno lächelte.
»Ich weiß, wann ein Mann die Wahrheit sagt.«
Der Kater saß auf der Feuertreppe und fauchte.
»Was meinst du? Hat der richtig Hunger?«; fragte Arno
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