Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)
gelassen einen Zug, bevor er sie wegschnippte. Wie ein kleiner Komet zog die Kippe einen Lichtstrahl hinter sich her, bevor sie zischend im Sand erlosch.
»Ich suche einen Mann.« Arno Becker sah auf Tommy hinunter.
»Ich glaube, ich bin nicht Ihr Typ«, antwortete Speck.
»Sieht aus wie ein Filmstar, aber trägt billige Klamotten.« Becker redete einfach weiter, als hätte er Tommy nicht gehört. »Halbschuhe. Dunkle Haare, Anfang dreißig. Sein richtiger Name ist Jack Romaine. Ich weiß nicht, wie er sich hier nennt.«
Der Packard schnurrte wie ein Tiger.
»Tut mir leid.« Tommy schüttelte den Kopf. »Sagt mir nichts.«
»Stimmt das auch wirklich?« Arno griff in seine Tasche …
Er holte einen Fünfdollarschein heraus.
»Hör mal, Kumpel«, versuchte Tommy, ihn abzuwimmeln, »ich kenne keine Filmstars und diesen Rumänen, oder was er ist, kenne ich auch nicht.«
Becker beugte sich hinunter, um Tommy den Geldschein ins Hemd zu stecken.
»Wo der herkommt, da gibt’s noch mehr. Wenn du Mr. Romaine siehst oder dich wieder erinnern kannst, dann sag Bescheid.«
Jack hatte sich früh schlafen gelegt. Durch das geöffnete Fenster, das einzige der Hütte, wehte als erstes wahres Anzeichen des Herbstes eine willkommene Brise hinein, begleitet von ockerfarbenem Mondlicht. Aber irgendetwas stellte sich zwischen Jacks Bett und den Herbstmond. Ein Schatten huschte über seine Koje.
Eine Hand kam Jacks Arm bedenklich nah.
»Was zum Teufel …?«
Jack schreckte zurück und sah Charlie Blade zitternd vor seinem Bett stehen.
»Ich brauche einen Schuss!«
Er war gerade dabei, runterzukommen. Jack kannte die Anzeichen. Der Schwertschlucker zitterte in seinem dünnen, vollgekotzten Hemd wie Espenlaub und stank nach Urin und Bier.
»Raus hier!«, herrschte Jack ihn an.
»Ich brauche Stoff. Du weißt das doch.«
»Ich weiß nur, was ich tue, wenn du nicht augenblicklich abhaust.« Jack holte den Schlagring unter seinem Kissen hervor.
Der junge Mann wich ein wenig zurück. Aber dann …
»Du willst doch Informationen über Alex Goodman, oder?«
Jack lief es eiskalt den Rücken hinunter.
»Was hast du gesagt?«
»Goodman«, wiederholte Blade. »Du glaubst doch nicht, dass dir die Missgeburten hier die ganze Geschichte erzählt haben, oder?«
Jack packte den Schlagring fester.
»Besorg mir einfach etwas Stoff.« Charlie wich weiter zurück. »Besorg mir was und ich erzähle dir alles über Alex.«
Jack dachte einen Moment darüber nach.
»Nicht hier.« Er steckte den Schlagring in seine Hosentasche. »Wenn wir reden, will ich sicher sein, dass wir unter uns sind.«
Das Riesenrad des Rummelplatzes hatte im Zentrum einen zunehmenden Mond in einer bewegungslosen Eisenspinne. Man musste schon genau hinsehen, um festzustellen, dass in der niedrigsten Gondel des Rads zwei Männer saßen. Jack hatte für Charlie eine Zigarette mit Prince-Albert-Tabak gedreht. Der junge Süchtige ließ den dünnen, weißen Tabakstab zwischen seinen Fingern spielen.
»Danke.« Blade inhalierte gierig.
Dann hielt Jack ihm einen Zehner hin.
»Das dürfte reichen.«
Charlie griff nach dem Schein, aber Jack hielt ihn fest.
»Zuerst packst du aus.«
»Schon gut, schon gut … Vor ein paar Jahren habe ich in Schwierigkeiten gesteckt. Das war in Tampa. Ich brauchte Geld, um ein paar Leute zu schmieren, und einen Anwalt. Jemand hat mir eine Nummer gegeben. Von einem Rechtsverdreher namens Dobbs. Terrence Francis Dobbs.«
»Noch nie von ihm gehört.«
»Oh doch. Der Kerl, den Peewees Elefant totgetrampelt hat.«
Jack bemühte sich, sein Pokerface zu bewahren.
»Alex Goodman? Du sagst, dieser Anwalt, Dobbs, das ist Alex Goodman?«
»Goodman war sein Schaustellername.« Charlie sog an dem Zigarettenstummel, als wäre dies die allerletzte Zitze, die den allerletzten Tropfen Milch auf der ganzen Welt hergab. »Aber lange bevor er sich Alex Goodman nannte, hatte er in Tampa als Anwalt gearbeitet.
»Und woher weißt du das?«
»Weil ich für ihn gearbeitet habe. Nur so nebenbei. Das war vor drei Jahren. Er war ein gemachter Mann. Eigene Kanzlei in der Stadt, Immobilien, Wertpapiere. Dann hatte er Liquiditätsprobleme. Da hat er angefangen, Ware aus Kuba rüberzubringen. Man könnte sagen, ich war einer seiner Verkäufer.«
»Um dich geht’s nicht«, wies Jack ihn zurecht. »Also warum hat der große Gatsby das süße Leben hinter sich gelassen?«
»Er hat sich beim Margenhandel an der Börse verzockt und ist in Rückstand geraten. Er
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