Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI
war. Dann lehnte er sich aus dem Bett, angelte nach dem zweiten. » Ears .«
»Aha«, meinte Valentina. »Das heißt, ich bekomme jetzt von dir eine Ohrenmassage oder was?«
Roger lehnte sich beleidigt zurück und verschränkte die Arme vor seiner behaarten Brust, die Valentina eigentlich nicht unattraktiv fand. »Ach, menno«, maulte er. »So macht’s keinen Spaß! Du musst schon mitmachen.«
Valentina nahm ihm die Würfel aus der Hand und ließ sie wieder fallen. » Suck und Lick «, meldete sie.
»Na bitte«, meinte Roger erfreut und schob die Bettdecke nach unten. »Jetzt kommen wir der Sache doch schon näher.« Und während Valentina der Sache näher kam, wurde ihr immer klarer, dass dieses Vorspiel ein Nachspiel haben würde.
Sonntag, 14. Februar 2010
Ja, warum denn nicht? War doch völlig okay, den Valentinstag mal so zu verbringen. Ganz ohne einen idiotischen Macker, der im falschen Moment einschlief oder rülpste oder ohne Vorwarnung ihre Brüste betatschte oder ihr ein Duftwässerchen mit halb abgekratztem Sonderpreisetikett überreichte, als sei es ein Diamantcollier. Oder immer wieder diese verdammten Merci – Packungen!
Sie drückte eine Taste auf der Fernbedienung und der DVD-Spieler warf Schlaflos in Seattle aus. Sie packte die Silberscheibe in die Hülle, legte sie auf den Stapel zu Notting Hill , Titanic und Ghost – Nachricht von Sam . Bei der Zusammenstellung des Programms für ihre ganz persönliche Valentinstagsfilmnacht war sie auch auf Rush Hour 1 und Rush Hour 2 in der Jackie-Chan-Premium-Edition-Steelbox gestoßen. Dieter hatte ihr dieses Juwel des Martial-Arts-Kinos zwei Tage nach dem traumatischen Abend im Filmcenter geschenkt.
Auf dem Weg zur Toilette trat Valentina ans Küchenfenster und blickte hinüber zur evangelischen Stadtkirche. Der Turm strahlte hell im Licht – für Jennifer. So hatte es jedenfalls in der Zeitung gestanden: Heute leuchtet der Kirchturm für Jennifer Schröpke, als Zeichen der Liebe ihres Mannes Heinz.
Valentina schluckte und fragte sich, ob der Kirchturm eines Tages auch für sie leuchten würde?
Wieder im Wohnzimmer, griff Valentina zu Tatsächlich … Liebe . Hugh Grant war ein würdiger Abschluss dieses perfekten, na ja, fast perfekten Abends. Seufzend startete sie die DVD und griff in die Chipstüte. Und schon während der ersten Szenen auf dem Londoner Flughafen kamen ihr die Tränen der Rührung.
Im nächsten Moment klingelte ihr Telefon. Ärgerlich sah sie auf das Display – und augenblicklich erhöhte sich ihr Pulsschlag. Valentina drückte auf die Taste mit dem grünen Hörer und hauchte: »Ja…aah?«
»Tut mir leid«, hauchte Klaus. »Es ging nicht eher. Hast du schon geschlafen?«
»Nei…hein«, hauchte Valentina zurück.
»Kann ich noch vorbeikommen?«
»Jetzt noch?«
»Zu spät?«
Valentina lächelte. »O nein …«
Montag, 14. Februar 2011
Nein, auf gar keinen Fall! Es war ganz und gar nicht okay, den Valentinstag so zu verbringen. In einem Saal des Filmcenters bei einer Sondervorführung von Bettgeflüster . Allein! Und um sie herum nur Rentnerpaare, die nach Old Spice und Tosca rochen und bei jedem Dialog von Rock Hudson und Doris Day in asthmatisches Gelächter ausbrachen. Zum Kotzen!
Valentina war sauer. Klaus hatte sie versetzt. Wieder mal. Andererseits: Wunderte sie sich denn wirklich darüber? Wie oft schon war bei ihren Verabredungen irgendwas dazwischengekommen. Irgendwas? Na ja, wohl eher: irgendwer. Oder genauer: seine Frau. Eine gewisse Susanne, von der sich Klaus seit nunmehr zweieinhalb Jahren trennte.
Aber heute Abend, das war schon dreist! Valentina hatte vor dem Filmcenter gewartet und zugesehen, wie die Rentnerbrigade ihre Karten kaufte und gegenüber das Jungvolk die Lindenbrauerei zum Valentins-Rave enterte, als die SMS von Klaus kam: Geh schon rein, ich komme auf jeden Fall noch dazu.
Na klar, dachte Valentina und fragte sich, für wen wohl diesmal der Turm der evangelischen Stadtkirche strahlte.
Sie ärgerte sich über sich selbst, denn die Sache mit Klaus war doch von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Der Klassiker: Geliebte eines verheirateten Mannes. Ha! Lächerlich! Valentina hatte es gleich gewusst, aber trotzdem nicht von Klaus lassen können.
Ach, Klaus … Der erste Mann, dessen Lieblingsfilme nicht Matrix , Rambo und Terminator waren. Der erste Mann, der bei Casablanca weinen konnte. Und es auch tat. Der erste Mann, der kochen konnte – und zwar richtig kochen, nicht nur eine
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