Kalifornische Sinfonie
mexikanischen Mädchen begleitet, die nicht ihre Frauen waren. Schließlich gab es noch vier freundliche Mädchen, Halbblutweiber, die von weißen Vätern und indianischen Müttern stammten und irgendwo in den Trapperbereichen nördlich von Santa Fé beheimatet waren. Sie hatten leere und stumpfe Gesichter, waren aber sehr anpassungsfähig. Garnet war es lieb, sie beim Zug zu wissen. Freilich, all die sittsamen Lehren ihrer guten Erziehung standen dabei vorwurfsvoll gegen sie auf und sagten ihr, daß sie über die Anwesenheit schamloser Dirnen entsetzt zu sein habe. Aber sie war gar nicht entsetzt. Sie wußte, daß die Mädchen dazu beitragen würden, auch ihr diesen zweiten Teil der großen Reise leichter als den ersten zu machen. Warum sollte sie tugendhafte Empörung zeigen, wenn doch keinerlei Empörung in ihr war. Die Halbblutmädchen sprachen niemals mit ihr; sie sah sie überhaupt kaum mit jemand sprechen. Sie waren nur eben da.
Im Gegensatz zu den Männern des Santa-Fé-Trecks hatten die Kalifornien-Händler sehr viel persönliche Bediente. Jeder Händler hatte wenigstens einen Boy, der nichts weiter zu tun hatte, als für sein Wohlergehen zu sorgen, die meisten hatten aber zwei bis drei Boys, von denen sie sich bedienen ließen. Diese rauhen Männer wußten sehr genau, wie sie sich in Härte und Gefahr zu bewegen hatten, aber sie sahen nicht ein, warum sie sich das ohnehin nicht angenehme Leben während der großen Reise nicht so bequem wie möglich gestalten sollten. Sie hatten alle nicht mehr mit, als sie den Mauleseln aufpacken konnten, aber Garnet staunte nicht selten, wenn sie sah, wieviel Bequemlichkeit sie sich auch mit dem Wenigen zu verschaffen wußten.
In der ersten Morgendämmerung waren sie aufgebrochen, und sie ritten ohne Aufenthalt, bis die Parole durchgegeben wurde, ein Lager aufzuschlagen, um Mittagsrast zu halten. Garnet fühlte sich müde und erhitzt. Sie war noch kaum aus dem Sattel, da kam schon einer von Olivers Boys herbeigesprungen, um ihr Pferd in Empfang zu nehmen; ein zweiter lief bereits, um ihre Wasserflasche zu füllen. Sie lief herum, um ihre verkrampften Muskeln aufzulockern, und sah zu, wie die Treiber die Maulesel abluden. Sie nahmen ihnen die Ballen und Packen ab, banden sie mit langen Lederriemen, die sie Reatas nannten, aneinander und pflockten sie an Holzpfählen an, die sie rundherum in die Erde gestoßen hatten. Hier entlang des Rio Grande wuchs saftiges Gras. Während Garnet so im Lager umherging, errichteten die Boys ihr ein ›Haus‹. Sie häuften Sättel und Warenballen aufeinander und schichteten sie zu Wänden; darüber breiteten sie eine Decke als Dach. Dann brachten sie ihr einen Eimer mit Wasser, um sich gründlich waschen zu können.
Als sie erfrischt aus dem winzigen Häuschen heraustrat, war auch das Mittagessen fertig. Große Stücke Hammelfleisch waren mit Pfeffer und getrockneten Zwiebeln zusammen gekocht worden; dazu gab es Ziegenkäse und mexikanische Bohnen. Es schmeckte vorzüglich. Zuweilen schossen die Männer auch allerlei Vögel, um Abwechslung in die Speisekarte zu bringen. An Stelle von Brot gab es Atole, ein heißes Maisgericht, oder Pinole, einen Brei aus gedörrtem Mais mit Zucker und Zimt gewürzt, beides ausgezeichnete Mittagsgerichte.
Gleich nach dem Essen wurde geschlafen; bis auf die ausgestellten Wachen machte jedermann im Lager von diesem Recht Gebrauch. Garnet schlief entweder in ihrem Häuschen aus Sätteln und Warenballen oder, in eine Decke gehüllt, im Freien, wenn der Tag zu heiß war. Die Männer streckten sich rund um den riesigen Warenpacken aus, der in der Mitte des Lagers aufgehäuft wurde. Sie waren jederzeit gewärtig, aufzuspringen und zu den Waffen zu greifen, falls von irgendeiner Seite ein Angriff drohte.
Während der Mittagspause bekamen nur Garnet und Florinda kleine Schutzhäuser errichtet. Alle anderen waren daran gewöhnt, jederzeit im Freien zu leben, und fühlten keinerlei Bedürfnis, sich abzuschließen. In den Nächten freilich verwandelte sich das Lager in ein Dorf kleiner Sattelhäuser. Jeder einzelne lag dann zwischen aufgeschichteten Sätteln und Warenballen, mit einer Decke über sich und einem Haufen warmer Decken und ein paar Büffelfellen unter sich. Dies war unerläßlich, denn so drückend heiß die Tage waren – die Nächte waren überraschenderweise sehr kühl. Die kleinen Häuschen wurden aus Sicherheitsgründen dicht nebeneinander errichtet. Für den Fall eines plötzlichen Alarms
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