Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
Vom Netzwerk:
dahinritten.
    »Ich versuche mir einen grünen Hügel vorzustellen«, antwortete Garnet, »und dazu einen silberhell sprudelnden Bach.«
    »Ich wollte, ich hätte Sie nicht gefragt«, sagte Florinda. Sie schob ihre Schleier beiseite und nahm einen Schluck aus der Flasche. »Mein Haar bekommt allmählich die Farbe eines alten Ziegelsteins«, klagte sie, »der Staub bringt es um.«
    Mr. Penrose, der seinen Maulesel eben neben ihre Stute lenkte, versicherte ihr das Gegenteil. »Es ist nicht mehr schlimm, Florinda«, sagte er, »noch zehn Meilen und wir stoßen auf den Rio Dolores, der immer Wasser führt.«
    »Großartig, Mr. Penrose«, rief Florinda und schenkte ihm ein verführerisches Lächeln, bevor sie ihr Gesicht wieder mit den Schleiern verhüllte. »Es ist überhaupt eine großartige Sache, so viel Neues kennenzulernen. Und ich hatte mir wahrscheinlich angewöhnt, mein Haar viel zu oft zu waschen.«
    »Hoffentlich plagt Sie die Hitze nicht gar zu sehr«, sagte Mr. Penrose.
    »Aber nicht im geringsten«, strahlte Florinda.
    Mr. Penrose sah sie bewundernd an und galoppierte davon, um einen Lederriemen aufzuheben, der hinter einem seiner Maultiere herschleifte. Garnet dachte bei sich, eigentlich müsse es doch, von allem anderen abgesehen, schrecklich unbequem sein, in so dirnenhafter Abhängigkeit wie Florinda zu leben. Hitze und Trockenheit quälten auch sie fürchterlich; sie ertrug die Beschwerden kraft ihres Willens, aber sie brauchte Oliver doch nicht vorzumachen, daß sie das Schreckliche großartig finde.
    Florinda pflegte sich nie bei Mr. Penrose zu beklagen. Sie sorgte für ihn, wie sie vorher für Mr. Bartlett gesorgt hatte; sie leistete ihm mancherlei weibliche Dienste, die den Boys nie eingefallen und die Penrose selbst wahrscheinlich auch nie in den Sinn gekommen wären, die er sich aber gleichwohl nicht ungern gefallen ließ. Wenn er sich in der Mittagspause zum Schlaf niederlegte, faltete Florinda eine Decke zusammen und schob sie ihm unter den Kopf; wenn sein Schnürsenkel riß, sorgte sie dafür, daß er ein neues bekam, so daß er die zerrissenen Enden nicht zusammenknoten mußte, was er früher immer getan hatte. Sie brachte ihm unaufgefordert Kaffee und bat ihn, doch liegenzubleiben und sich auszuruhen. Und bei alledem war sie immer heiter und guter Dinge und gab ihm keinerlei Veranlassung zur Eifersucht. Unternahm irgendein anderer der Männer einen Annäherungsversuch, ließ sie ihn liebenswürdig, aber unmißverständlich abblitzen.
    Eineinhalb Tage lang ritten sie ununterbrochen bergan; schließlich befanden sie sich auf solcher Höhe, daß sie meilenweit nur die blauen Gebirgsketten sahen. Und endlich erreichten sie den Rio Dolores. Es war dies ein schmales und seichtes Flüßchen, aber es führte Wasser, klares, kühles Wasser; es war köstlich. Das Ufer wurde von Baumwollstauden gesäumt, und im Flußbett wuchs Brunnenkresse.
    Gleich nach dem Mittagessen ging Garnet zum Fluß hinunter, um ein paar Sachen auszuwaschen. Sie war eben dabei, die Wäsche auf den Sträuchern zum Trocknen auszubreiten, als sie John gewahrte, der gerade auf sie zukam. Er nahm ihr die Wäschestücke aus der Hand, die sie eben ausgewrungen hatte, und half ihr, sie auf die Büsche zu hängen. Garnet fühlte einen Anflug von Verlegenheit darüber, daß ein Mann, der ihr nahezu fremd war, ihre Unterwäsche in die Hand nahm. Aber er schien nicht einmal hinzusehen und gab sich völlig gleichmütig. Als sie das kleine Geschäft beendet hatten, sagte er: »Kommen Sie ein paar Schritte mit hier herauf. Ich möchte Ihnen etwas zeigen, was Sie interessieren wird.«
    Sie folgte ihm, an dem ausgestellten Posten vorüber, bis zu dem Punkt, wo das Flüßchen aus den Felsen herausgesprudelt kam. »Sehen Sie«, sagte John, »folgen Sie dem Flußlauf. Fällt Ihnen etwas auf?«
    »Nein«, sagte Garnet, »was meinen Sie? Wir stehen hier an der Flußquelle –
    Er lächelte leicht. »Ich bin überzeugt, Sie haben noch nie in Ihrem Leben einen Fluß gesehen, der nach Westen fließt. Dieser hier tut es.«
    »Aber wieso –; Garnet zögerte und dachte seinen Worten nach, um ihren Sinn zu erfassen. Der Hudson, dachte sie, der Mississippi – sie fließen nach Süden. Der Arkansas fließt nach Osten und biegt dann nach Südost. Der Rio Grande strömt nach Süden und wendet sich ostwärts. An die vielen kleineren und ganz kleinen Flüsse, die sie gesehen hatte, konnte sie sich nicht erinnern. Sie sah zu ihm auf. »Ich sehe«, sagte sie,

Weitere Kostenlose Bücher