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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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wo sie bleiben kann. Menschen, die gut zu ihr wären.« John schwieg und begann die Orange zu schälen. Nach einer kurzen Pause sagte er:
    »Glauben sie, daß sie danach für sich selbst sorgen würde?«
    »Aber John, Sie wissen doch, daß sie das tun wird. Florinda hat immer selbst für sich gesorgt. Sie hat nie einen Menschen gehabt, der ihr die Sorge abgenommen hätte.« Sie redete nun eifrig auf ihn ein. »Ich hoffe, ich verrate mit diesen Andeutungen nicht das Vertrauen, das Florinda mir entgegenbrachte. Aber ich muß Ihnen das jetzt sagen, damit Sie verstehen, wie es mit ihr bestellt ist. Ihr Vater hat ihre Mutter im Stich gelassen, und ihre Mutter war eine schwache, törichte Frau. Florinda hat das nicht so gesagt. Aber sie hat mir genug erzählt, daß ich selbst meine Schlüsse ziehen konnte. Ihre Mutter hat ihr ganzes Leben damit verbracht, zu weinen und zu warten, daß jemand käme und sich ihrer annähme.«
    »Menschen dieser Art haben nicht eben Ihren Beifall«, lächelte John mit heimlichen Sarkasmus in der Stimme.
    »Nein«, versetzte Garnet, »wirklich nicht. Aber Florinda ist anders als ihre Mutter. Sie hat Mut und gesunden Menschenverstand, und sie würde einem anderen keinen Augenblick länger als unbedingt nötig zur Last fallen. Bitte, reichen Sie ihr Ihre Hand, John.«
    Er lächelte sie an. »Wie beredt Sie sind«, sagte er, »aber es ist gut. Die Sache ist klar.«
    »Sie wollen?« rief Garnet freudig erregt.
    »Ja«, antwortete John. »Weil ich auch so ein Narr bin, der nicht nein sagen kann. Wahrscheinlich bin ich im Begriff, eine Dummheit zu begehen, und fast tut es mir schon leid, daß ich Ihnen etwas versprach. Aber beruhigen Sie sich: Ich werde Florinda irgendwo unterbringen.«
    »Oh, ich danke Ihnen, John, ich danke Ihnen!« rief Garnet. Er antwortete nicht. Sie hielt ihm die Hand hin. »Gute Nacht, John«, sagte sie leise.
    Er nahm ihre Hand und drückte sie kurz. »Gute Nacht, Garnet«, sagte er, »und adieu!«
    Bei dem Abschiedswort fühlte Garnet zu ihrem Erstaunen etwas wie heimliche Trauer. John war ihr von Tag zu Tag lieber geworden. Auf dem großen Treck hatte sie gelernt, Mut, Kraft und Charakterstärke höher zu schätzen als freundliches Benehmen. Übrigens konnte auch John freundlich und rücksichtsvoll sein. Sie dachte daran, wie er sie gehalten hatte, als Texas ihr die Pfeilwunde mit einem glühenden Eisen ausbrannte. »John«, sagte sie mit leiser Stimme, »wann werde ich Sie wiedersehen?«
    »Irgendwann im kommenden Winter«, antwortete er. »Ich werde zu Hales Ranch kommen, um einige Stücke Vieh von Charles zu kaufen. Ich gedenke meinen Viehbestand zu vergrößern.«
    »Ich werde sehr froh sein, Sie wiederzusehen, John«, sagte sie warm.
    »Auch ich werde mich freuen, Garnet«, lächelte er. Sie zog ihre Hand zurück und schickte sich an, wegzugehen, da hörte sie seine Stimme: »Vergessen Sie nicht, was ich Ihnen sagte.«
    »Was?«
    »Wenn Charles Hale Ihnen komisch kommt, sagen Sie ihm, er solle zum Teufel gehen.«
    »Meinen Sie, ich könnte das?« sagte Garnet. Sie fühlte sich bei dem Gedanken an Charles plötzlich verzagt.
    »Sie?« sagte John. Er stieß ein kurzes Lachen aus. Dann sah er sie einen Augenblick an, als wolle er ihr noch etwas sagen. Aber er zögerte. Er fürchtete wohl, in Dinge verwickelt zu werden, die ihn nichts angingen. Er zuckte die Achseln und sagte:
    »Es tut mir leid, daß Sie im nächsten Jahr in die Staaten zurückkehren werden, Garnet. Dieses Land hier ist für Menschen Ihrer Art wie geschaffen.«
    Er drehte sich abrupt um und ging davon. Garnet sah ihm einen Augenblick nach und ging dann langsam zum Herrenhaus zurück. Sie war sehr nachdenklich. Hatte die Dunkelheit sie getäuscht, oder hatte John sie voller Mitgefühl angesehen, als er auf Charles zu sprechen kam? Einen Augenblick hatte sie das Gefühl gehabt, John sei nahe daran, seinen Grundsätzen zum Trotz über Dinge zu sprechen, die ihn seiner Meinung nach nichts angingen.
    Vierundzwanzigstes Kapitel
    Die Ranch von Charles und Oliver lag acht Tagesritte entfernt im Nordwesten des Landes. Nachdem Garnet sich einmal entschlossen hatte, Charles Trotz zu bieten, sah sie nicht ein, warum sie nicht gleich damit beginnen solle. Sie kämmte und bürstete ihr Haar so lange, bis es glänzte, und zog ein in der Taille eng anliegendes und in einem weiten, gekräuselten Rock auseinanderfallendes Reitkleid an. Als sie in der Morgenfrühe zu den Pferden ging, war sie sich bewußt, nie in ihrem

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