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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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ekle Gefühl, ein Wurm kröche über ihren Körper. Sie sah es sogleich, daß der Whisky, der vor ihm stand, nicht der erste war, den er an diesem Abend zu sich nahm. Das überraschte sie; sie hatte nicht gewußt, daß er trank. Charles sagte ohne die Andeutung einer Begrüßung:
    »Ich möchte mit Ihnen sprechen.«
    Ich nicht! dachte sie, ich will gar nicht mit dir sprechen. Aber sie wußte nicht, wie sie einer Unterredung ausweichen sollte. »Wozu?« sagte sie. »Worüber wollen Sie mit mir sprechen?«
    Charles’ Blicke glitten durch den Raum; sein Gesicht verzog sich, als widere der Anblick ihn an. »Ich würde Wert darauf legen, etwas weniger Gesellschaft um mich zu haben«, sagte er. »Wo können wir hingehen?«
    »Die Bar wird um sechs geschlossen«, antwortete Garnet. »Dann kann ich Sie mit in die Küche nehmen.«
    Der Marine-Soldat Bill, dem der Aguardiente etwas zu gut geschmeckt hatte, kam herangetorkelt und blieb vor Charles stehen. »He da, Affenschnauze!« sagte er.
    Charles ignorierte den Mann, dafür legte ihm Texas eine Hand auf den Arm. »Ich würde vorsichtig sein, mein Junge«, grinste Texas, »der Gentleman ist ein guter Freund Captain Gillespies.«
    Garnet hatte keine Ahnung, ob diese Behauptung zutraf oder ob Texas sie aus der Luft gegriffen hatte. Auf Bill blieb sie jedenfalls nicht ganz ohne Eindruck; er stützte seinen Kopf in die Hand und grinste ebenfalls. Charles trank seinen Whiskybecher aus. Als er das leere Gefäß auf die Theke zurückstellte, fiel sein Blick auf Florinda, die im Augenblick unbeschäftigt war. Es war das erste Mal, daß Charles und Florinda Gelegenheit hatten, sich eingehender zu betrachten. Auf der Ranch hatte die einzige Unterredung zwischen ihnen in einem fast dunklen Flur stattgefunden; bei der Abreise waren sie einander nur flüchtig begegnet. Nun sahen sie sich über den Bartisch hinweg an, und in beider Gesichtern stand unverhohlener Widerwille.
    Charles stieß ihr mit einer schroffen Bewegung den leeren Becher zu. »Noch einen Whisky!« sagte er kurz.
    Florinda ergriff die Flasche, aber sie goß noch nicht ein. »Sie haben die erste Rasche noch nicht bezahlt, Mr. Hale«, sagte sie, »und Sie haben kein Guthaben bei uns.«
    Charles’ Lippen zuckten vor Verachtung. Er griff in die Tasche und warf Florinda eine spanische Dublone zu, die einen Wert von fünfzehn Dollar hatte. Die Geste war eindeutig; sie sagte: du weißt ganz genau, daß ich jede Flasche auf deinem Regal da aus der Tasche bezahlen könnte! Garnet hatte das Gefühl, sie müsse die Münze ergreifen und sie ihm ins Gesicht werfen. Offenbar spiegelte sich dieses Gefühl auch auf ihrem Gesicht, denn Texas legte ihr beruhigend die Hand auf den Unterarm und schüttelte warnend den Kopf. Garnet biß die Zähne zusammen; sie sah mit neidvoller Bewunderung, wie Florinda die Dublone gleichmütig aufnahm und Charles die Whiskyflasche reichte.
    »Danke, Mr. Hale«, sagte Florinda, »nehmen Sie sie ganz? Ich schreibe Ihnen den Mehrbetrag gut.« Sie ließ die Münze in den Kassenschlitz fallen, öffnete ihr Kontobuch und verbuchte das Guthaben ihres neuen Kunden, Mr. Charles Hale.
    Charles goß sich, ohne ein Wort zu entgegnen, den Becher voll. Der Soldat Bill saugte den letzten kleinen Rest Aguardiente aus seinem Becher und blinzelte aus völlig benebelten Augen Garnet zu. »He, Garnet«, lallte er, »wer ist die Affenschnauze?«
    »Halten Sie den Mund, Bill«, sagte Garnet.
    Silkys Stimme dröhnte durch das Lokal: »Die letzte Runde, Gentlemen. Wir müssen schließen.«
    Unruhe setzte ein; trunkene Stimmen schwirrten durcheinander. Florinda flüsterte Garnet zu: »Du kannst ihn jetzt mit in die Küche nehmen. Ich räume derweil hier auf.«
    »Das kommt gar nicht in Frage«, versetzte Garnet. »Wenn er mit mir reden will, dann soll er auch warten, bis ich fertig bin. Seinetwegen sollst du meine Arbeit nicht machen.«
    »Sechs Uhr, Gentlemen!« rief Silky zum anderen Male. Zuweilen hatte er Schwierigkeiten, seine trinkfreudigen Gäste zur festgesetzten Sperrstunde herauszubekommen, aber heute abend war ein Sergeant anwesend, der für die Räumung des Lokals sorgte. Der Sergeant schien indessen zu wissen, daß es sich bei Charles um eine wichtige und angesehene Persönlichkeit handelte, denn während er alle anderen herausdrängte und zum Gehen aufforderte, ließ er den Ranchero im schwarzen Anzug ungeschoren. Florinda kam hinter dem Bartisch hervor, nachdem sie die Klapptür geöffnet hatte, und begann die

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